Hohe Konzentrationen des Biomarkers pTau217 im Blut deuten mit hoher Genauigkeit auf eine Alzheimerpathologie. Andere Tau-Biomarker liefern deutlich ungenauere Resultate, so das Ergebnis einer Metaanalyse von 113 Studien.
Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.
Seit September diesen Jahres ist in Deutschland erstmals eine Behandlung mit einem krankheitsmodifizierenden Alzheimertherapeutikum möglich. Vor einer Therapie sind jedoch aufwändige Liquor- oder PET-Untersuchungen nötig, um eine Alzheimerpathologie nachzuweisen. Deutlich einfacher, kostengünstiger und weniger invasiv wäre ein Bluttest. Ein solcher ist in den USA von der Behörde FDA bereits zugelassen worden – er misst das Verhältnis von pTau217 zum β-Amyloidfragment 1–42 im Plasma, basierend auf einem Chemolumineszenz-Immunoassay (siehe Bericht).
In Deutschland ist noch kein solcher Test etabliert, hier muss zunächst in jedem einzelnen Fall eine Alzheimerpathologie per Liquoranalyse oder PET nachgewiesen werden. Doch auch hier stellen sich viele Expertinnen und Experten die Frage: Welcher Biomarker ist denn am ehesten zum Serumnachweis von Amyloidablagerungen im Gehirn geeignet?
Beta-Amyloid als alleiniger Marker scheidet jedenfalls aus – zu wenig korrelieren die Serumwerte mit den Liquorwerten oder den Ergebnissen im Amyloid-PET. Phosphoryliertes Tau-Protein (pTau) ist die bessere Alternative. Allerdings existieren etliche pTau-Varianten im Blut, die an unterschiedlichen Stellen phosphoryliert sind. Neuere Studien weisen auf Vorteile vor allem für pTau217. Eine aktuelle Metaanalyse bestätigt dies: pTau217 sagt wesentlich präziser eine Alzheimerpathologie voraus als andere geprüfte Tau-Varianten.
Empfehlung der Redaktion
Neurologische Diagnostik – Themenseite
Auf dieser Themenseite steht der Aspekt der neurologischen Diagnostik im Fokus. Sie finden CME-Übersichtsarbeiten, Kasuistiken und mehr.
Zu diesem Schluss kommen Forschende um Dr. Joseph Therriault vom Montreal Neurological Institute der McGill University nach der Auswertung von 113 Studien aus 24 Ländern. Für die Studien, die alle bis Ende 2024 publiziert worden sind, waren Blutproben von knapp 30.000 Personen auf pTau-Varianten analysiert worden. Die meisten Untersuchungen waren Querschnittsanalysen und ab 2019 veröffentlicht worden.
Verwendet wurden dabei acht verschiedene Nachweisverfahren, als Goldstandard zum Vergleich dienten zumeist das Beta-Amyloid-PET oder Verhältnisse von Beta-Amyloid- und Tau-Varianten im Liquor. Die allermeisten Studien konzentrierten sich auf die Plasmaanalyse der pTau-Varianten 217, 181 und 231. Für diese berechneten die Forschenden gepoolte Werte für die Fläche unter der ROC*-Kurve (AUC). Nur einzelne Arbeiten beschäftigten sich mit anderen Varianten, etwa pTau205 und -212.
Gepoolter AUC-Wert von 91% für pTau217
Wie sich zeigte, lieferte pTau217 über alle Studien hinweg die größte Genauigkeit mit einem AUC-Wert von 91%, was sich in eine Sensitivität von 88% bei einer Spezifität von 89% übersetzt. pTau181 erreichte einen AUC-Wert von lediglich 82% (Sensitivität 81%, Spezifität 76%), gefolgt von pTau231 mit einem AUC-Wert von 80% (Sensitivität 75%, Spezifität 75%). Alle drei Biomarker waren bei Personen mit bereits bestehenden kognitiven Einschränkungen noch etwas genauer: Hier ergab sich für pTau217 ein AUC-Wert von 92% mit einer Sensitivität von 90% und einer Spezifität von 87%. Bei Personen noch ohne kognitive Einschränkungen war dieser Biomarker etwas schlechter bei der Sensitivität (80%), dafür etwas spezifischer (89%).
Das seltener geprüfte pTau205 erreichte einen AUC-Wert von 85%, pTau212 war mit einem Wert von 90% ähnlich genau wie pTau217.
Insgesamt zeigten sich für pTau217 konsistente Ergebnisse über verschiedene Referenzstandards hinweg – mit AUC-Werten zwischen 87% und 95%. Rund 90% der berücksichtigten Studien wiesen jedoch ein hohes Verzerrungsrisiko auf, meist aufgrund der Wahl von Grenzwerten, die auf Sensitivität und Spezifität optimiert waren, anstatt vorab definierte Schwellenwerte zu nutzen.
Therriault und Mitarbeitende schließen dennoch, dass pTau217 ein sehr empfindlicher und spezifischer Blutmarker für die Alzheimerpathologie ist. Sie betonen, dass nun prospektive Studien im klinischen Alltag erforderlich seien, um den Nutzen für Diagnostik und Patientenversorgung zu belegen.
„Unsere Ergebnisse unterstützen Plasma-pTau217 als Alternative zu PET oder Liquor-Untersuchungen, um eine präzise und zeitgerechte Alzheimer-Diagnose zu ermöglichen“, so ihr Fazit. Allerdings sind Metaanalysen nur so gut wie die einzelnen Studien. Zudem lässt sich die Genauigkeit der Bluttests durch eine Kombination mehrerer Serum-Biomarker vielleicht noch deutlich verbessern.
*ROC: Receiver Operating Characteristic
Das Wichtigste in Kürze
Frage: Welche pTau-Varianten eignen sich am besten als Bluttest zum Nachweis einer Alzheimerpathologie?
Antwort: Einer Metaanalyse von 113 Studien zufolge ist pTau217 der genaueste Blutbiomarker mit einer Sensitivität von 88% und Spezifität von 89% (AUC-Wert: 91%). Andere Tau-Varianten wie pTau181 (AUC: 82%) und pTau231 (AUC: 80%) sind deutlich ungenauer.
Bedeutung: Ein Bluttest mit pTau217 könnte eine kostengünstige und weniger invasive Alzheimerdiagnostik ermöglichen. Dies würde den Zugang zu krankheitsmodifizierenden Therapien erleichtern.
Einschränkung: 90% der analysierten Studien wiesen ein hohes Verzerrungsrisiko auf, meist aufgrund der Wahl von Grenzwerten, die auf Sensitivität und Spezifität optimiert waren.