Der Schriftzug "Literaturhaus" ist an der Fassade

AUDIO: Longlist Abend Dt. Buchpreis im Literaturhaus Hamburg (4 Min)

Stand: 03.09.2025 12:31 Uhr

14 Autorinnen und Autoren, deren Bücher auf der diesjährigen Longlist des Deutschen Buchpreises stehen, haben sich im Literaturhaus Hamburg vorgestellt. Eine Art Speed Dating: Den Teilnehmern blieben jeweils 15 Minuten für Gespräch und Lesung.

von Jens Büchsenmann

Fünf Debüts waren unter den 14 Romanen – zufällig alle von Autorinnen geschrieben. Fiona Sironic war als Erste dran – mit dem längsten Buchtitel von allen: „Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft“. Die vor 30 Jahren in Neuss geborene Autorin erzählt von wütenden jungen Frauen, die ihr Leben zurückhaben wollen. Das sie und ihre Eltern leichtfertig ins Netz gestellt haben, auf Insta und TikTok.

Ein erster Roman von einer bislang unbekannten Autorin auf dieser Liste, da staunt Fiona Sironic immer noch. „Man rechnet ja nicht damit und die Leute warnen einen ja immer davor, dass sich niemand interessiert für Neuerscheinungen von debütierenden Autorinnen und dann ist es umso schöner, wenn sich doch jemand interessiert.“

Eine Hand greift zu einem Bücherstapel - darauf eine Sanduhr.

Mit Gesa Olkusz, Jehona Kicaj, Peter Wawerzinek und Feridun Zaimoglu haben es auch norddeutsche Autor*innen unter die Top 20 geschafft.

Lina Schwenk: Förderpreis für Debütroman

Ähnlich drückt es auch Lina Schwenk aus. 1988 in Bochum geboren, hat als Krankenschwester gearbeitet, Medizin studiert und arbeitet als Ärztin. Schrieb aber nebenbei an ihrem Roman, für den sie Förderpreise gewann und prompt einen renommierten Verlag gefunden hat. „Ich freu mich wahnsinnig dass das Buch gelesen wird. Denn wenn man neu ist, warum sollte man zu diesem Buch greifen, wenn man den Namen noch nie gehört hat.“ Und dann liest sie aus ihrem Roman „Blinde Geister“, in dem eine Tochter gegen das Schweigen ihrer Eltern kämpft. Und die Kälte im Haus.

Ich verbrenne schließlich alle Stühle und Zeitungen, die ich in der Nachbarschaft finden kann. Mit dem Rücken zum Raum halte ich meine Hände über die Flamme und schaue darüber in den Himmel. Ich stelle mir vor, es wäre der Himmel über dem Meer.

Auszug aus dem Roman „Blinde Geister“ von Lina Schwenk

Jina Khayyers „Im Herzen der Katze“: Über die Frauen im Iran

Sie müssen sich nicht verstecken, die jüngeren neben den erfahreneren Autoren wie Peter Wawerzinek oder Dmitrij Kapitelman oder Nava Ebrahimi, die alle schon mit Romanen zuvor erfolgreich waren. Erst recht nicht Jina Khayyer, die als Malerin und Journalistin in Frankreich arbeitet, aber jetzt ihren ersten Roman „Im Herzen der Katze“ auf Deutsch vorstellt. Die in Deutschland geborene Autorin iranischer Abstammung wollte schon seit Langem über die Frauen im Iran schreiben.

Erst der Tod von Jina Mahsa Amini habe ihr den entscheidenden Impuls gegeben: „Das Mädchen, das meinen Namen trug und das der Auslöser für dieses Buch war, wurde für etwas ganz selbstverständliches ermordet – nämlich dass sie ihr Haar gezeigt hat.“ Jina Khayyer sagt, sie sei die erste iranische Autorin, die diese Geschichte so erzähle. Die sich traue, gegen alle Angst, auch um ihre Familie. „Ich hab auch damals schon zu mir gesagt, eines Tages musst du deiner Verantwortung gerecht werden. Der Zeitpunkt wird kommen.“

Kathrin Bachs „Lebensversicherung“: Text voll witziger Einfälle

Und dann gibt es noch den Roman, der so ganz anders ist als alle anderen Erstlinge, ein Buch mit dem Titel „Lebensversicherung“. Kathrin Bach erzählt die tragisch-komische Familiengeschichte im hart knappen poetry-slam-Ton, auch optisch ist der Buchtext voll witziger Einfälle im Schriftbild. „Ich glaube da kommen mehrere Sachen zusammen“, erzählt die 37-Jährige, „auch dass ich Buchhändlerin bin und dass ich sehr viele verschiedene Formen von Literatur kannte und mich linear erzählter Text selbst nicht so reizt. Deswegen hatte ich sehr Lust, eine Form zu wählen, die mich als Lyrikerin reizt, und die für mich in diese Zeit passt, wenn sie fragmentarischer und kürzer ist.“

Von Lampenfieber keine Spur bei keiner der Debütantinnen dieses sechs Stunden langen und doch so kurzweiligen spannenden Abends, sondern großes Vertrauen in die Lust und die Kunst eine Geschichte zu erzählen, die zum Roman taugt, der vielleicht in der Shortlist landet.

Zwei große Bücherstapel verdecken junge Frau

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Zwei Freundinnen haben im Hamburger Westen ein Café eröffnet, das Bücherratten Wohnzimmer-Atmosphäre vermittelt.

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