Trotz Ferienzeit kamen wieder mehr als 50 Menschen am 31. August zur 38. Hösbacher Mahnwache. Sie wollten, wie Organisator Gerhard Engel formulierte, „mit Protest und Gebet weiterhin auf den Terror Russlands gegen die Ukraine hinweisen und sich so für Frieden einsetzen.“ Die Veranstaltung war wieder von schönen musikalischen Beiträgen geprägt. Der Rottenberger Albert Schäfer traf mit seinem Saxophon mit drei Stücken die richtigen Klänge für eine meditative Stimmung. Dazu passten Verszeilen der Hösbacher Lehrerin Katharina Voll zum eigenen Gitarrenspiel, die – ebenfalls in drei Stücken – mit feiner Stimme zum Nachdenken anregen konnte: „Wenn einer zu denken beginnt, wo offene Fragen sind, da fängt der Friede an!“ hieß es zum Beispiel.
Nachdenklich stimmten auch die Reden und das Friedengebet. Im Memorandum von Budapest 1994, so erinnerte Hösbachs 2. Bürgermeister Harry Sauer, seien der Ukraine territoriale Unversehrtheit und politische Unabhängigkeit versprochen worden. Im Gegenzug habe die Ukraine im Vertrauen auf die Abmachung ihre Atomwaffen abgegeben. „Heute, 30 Jahre später, erleben wir den Bruch dieser Versprechen. Russland hat die Ukraine überfallen, Grenzen verschoben, internationales Recht verletzt.“ Deshalb ist für Harry Sauer klar: „Wir lassen die Ukraine nicht allein. Und wir lassen unsere Demokratie nicht schwächen – weder von außen durch Propaganda noch von innen durch Gleichgültigkeit.“
Mit eindringlichen Fragen füllte der 18jährige Michael Bagro aus seine Ansprache. “Wie lange wird ein Egoist aus Amerika mit einem anderen Egoisten aus Russland sprechen? Und werden solche Gespräche jemals etwas Positives bringen?“ Er dankte Deutschland für die Aufnahme der vielen Flüchtlinge, wies aber auch eindringlich auf deren schwierige Situation hin; ihre Integration in den Arbeitsmarkt werde ihnen durch viele Regulierungen wirklich nicht leichtgemacht. Sie müssten „eine neue Sprache lernen, einen Job finden, einen Platz in einer anderen Gesellschaft. Sich mit einer komplexen Bürokratie in einer Fremdsprache auseinandersetzen und vor allem: das alte Leben hinter sich lassen.“
Pfarrerin Bettina Lezuo bezog in ihrem Friedensgebet alle Kriege auf dieser Erde ein und zitierte u.a. aus dem Prophetenbuch Micha die berühmten Sätze: „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“ Damit wird der christliche Hoffnungshorizont aufgezeigt. Auch Bekenntnisse aus der Deklaration der Weltversammlung „Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung“ von Seoul im Jahr 1990 spannten den Bogen der Tradition der Friedenshoffnungen, die im christlichen Glauben gründen. Den Abschluss des Friedensgebets bildete wieder ein Kanon.
Nach dem Ende der Veranstaltung bleiben viele Besucher*innen noch in persönlichen Gesprächen auf dem Platz stehen. Am Sonntag, 28. September um 17:00 Uhr wird die 39. Mahnwache hier stattfinden.