Bericht über Flächenbedarf

Senat kritisiert zu langsames Schrumpfen der Berliner Amtsstuben

Mi 03.09.25 | 18:01 Uhr | Von Sebastian Schöbel

Das Rathaus in Berlin Mitte

rbb24 Abendschau

Audio: rbb24 Inforadio | 03.09.2025 | Sebastian Schöbel | Bild: rbb24 Abendschau

Eigentlich soll Berlins Verwaltung kleiner werden – zumindest beim Flächenbedarf. Homeoffice, Desk-Sharing und weitere Maßnahmen machen es möglich. Doch in der Praxis geht das nicht schnell genug – auch weil Mitarbeitende Widerstand leisten. Von Sebastian Schöbel

Die Berliner Verwaltung verringert ihren Flächenbedarf nicht so schnell wie ursprünglich geplant. Das geht aus einem vertraulichen Bericht der zuständigen Finanzverwaltung an das Abgeordnetenhaus hervor, der dem rbb vorliegt.

Demnach werden auch weiterhin Bürogebäude zu teils hohen Preisen angemietet, weil neue Konzepte wie Desk-Sharing, flexible Arbeitszeitmodelle oder Telearbeit nicht konsequent genug umgesetzt werden. „Insgesamt sind die Bemühungen der Verwaltungen zur Reduzierung ihrer angemieteten Flächen weiterhin wenig ambitioniert“, bilanziert der Bericht.

Anders als im vergangenen Jahr liegen zwar inzwischen für fast alle Verwaltungen Pläne zur Optimierung des Flächenbedarfs vor. Dennoch wird in den meisten Fällen das vorgegebene Ziel verfehlt, pro Mitarbeitenden nur noch rund 15 Quadratmeter Arbeitsfläche zu verbrauchen. „Insgesamt sind wirklich innovative und konsequente Ansätze in den Optimierungskonzepten nur vereinzelt erkennbar“, kritisiert der Bericht.


„Fehlende Veränderungsbereitschaft bei Beschäftigten“

Oft fehlten die „technischen, organisatorischen und kulturellen Voraussetzungen“, heißt es – und das liege auch an den Mitarbeitenden. So seien die größten Hindernisse bei der Umsetzung von geteilten, flexiblen Arbeitsplätzen „Widerstände und fehlende Veränderungsbereitschaft bei Führungskräften und Beschäftigten“.

Lediglich acht Verwaltungen, darunter die beiden Bezirke Lichtenberg und Mitte, Polizei und Feuerwehr, die Finanz- und Sozialverwaltung, sowie der Rechnungshof hätten den Zielwert beim Flächenverbrauch bereits erreicht oder werden das zeitnah tun. In einigen Bereichen sei es allerdings auch schwierig, Flächen zu verkleinern, weil dort Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger angeboten werden, vor allem in Bezirksämtern.

„Öffentliche Verwaltung muss sich verändern“, sagte Finanzsenator Stefan Evers (CDU) dem rbb. „Der Kulturwandel ist eingeleitet, aber er hat noch längst nicht das Tempo, das wir vorzuleben versuchen.“ Ziel müsse es sein, durch moderne Arbeitsmethoden weniger Bürofläche zu brauchen und teure Anmietungen zu vermeiden.

Das Einsparpotential liege bei einer „erheblichen dreistelligen Millionensumme“ jedes Jahr, so Evers. Die Finanzverwaltung habe in einem Pilotprojekt seit 2019 bereits gezeigt, wie es gehen könne: Geteilte Arbeitsplätze mit einer standardmäßigen IT-Ausstattung können von allen Mitarbeitenden flexibel online gebucht und dann vor Ort genutzt werden. Dazu kommt der gezielte Einsatz von Homeoffice-Tagen. Evers hofft, dadurch rund 30 Prozent des Flächenverbrauchs reduzieren zu können.

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Hauptpersonalrat weist Kritik zurück

Der Hauptpersonalrat weist die Kritik der Finanzverwaltung auf rbb-Nachfrage zurück. Bevor Arbeitsflächen verkleinert werden können, müssten die technischen und organisatorischen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, von mobilen Endgeräten wie Laptops und Diensthandys bis zu elektronischen Fachverfahren und digitalen Akten.

„Die Konsequenz wäre also die Komplettausstattung der Kolleginnen und Kollegen, die in den neuen Arbeitswelten tätig sind“, so der Personalrat. Das Homeoffice zum zentralen Element der verwaltungsinternen Verschlankung zu machen, habe zudem einen entscheidenden Haken: „Dem Arbeitgeber privaten Wohnraum zur Verfügung zu stellen ist angesichts der Berliner Wohnungskrise nicht selbstverständlich und nicht für alle möglich.“


Grüne: Versprochene Einsparungen bislang nicht erreicht

Grundsätzlich wird der Verkleinerungskurs der Berliner Verwaltung auch in der Opposition mitgetragen. Dass allerdings erst in diesem Jahr dem Parlament konkrete Konzepte vorgelegt werden können, zeige, dass das Tempo nicht stimmt, sagt der Haushaltsexperte der Grünen, André Schulze. „Die Koalition hat vor zwei Jahren große Ankündigungen gemacht und die Verwaltung hat es geschafft, diese Ankündigungen zu unterlaufen.“ Evers müsse dafür sorgen, dass Verwaltungsgebäude noch konsequenter gemeinsam und effektiver genutzt werden, so Schulze. Von der einst von CDU und SPD versprochenen Einsparsumme sei man jedenfalls noch sehr weit entfernt.

Ende 2023 hatte das Abgeordnetenhaus beschlossen, dass für die Verwaltung keine neuen Flächen angemietet werden und bestehende Mietverträge nicht verlängert werden sollen. Auf diese Weise soll die Verwaltung nach und nach insgesamt fast 271.000 Quadratmeter Bürofläche, rund 16 Prozent der aktuell genutzten Fläche, loswerden und Kosten sparen. Zwar sinkt der Flächenverbrauch der Verwaltung seit Jahren stetig, aber zu langsam.

Zugleich rechnet die für das Personal zuständige Finanzverwaltung damit, dass durch den demografischen Wandel bis 2030 die Zahl der Verwaltungsmitarbeitenden um zehn Prozent schrumpfen könnte. Dann wären in der Verwaltung in gut fünf Jahren sogar mehr als 200.000 Quadratmeter Bürofläche komplett verwaist. Zum Vergleich: Das ist fast doppelt so viel Bürofläche wie ein Investor beim umstrittenen Projekt „Urbane Mitte“ im Gleisdreieckpark bauen will.


Verwaltungen blockieren sich gegenseitig

Nicht selten stehen sich die diversen Verwaltungen auch selbst im Weg. So muss zum Beispiel für die Abteilung Digitalisierung der Senatskanzlei der Mietvertrag für ein Bürohaus am Treptower Park um weitere drei Jahre verlängert werden. Dem Land Berlin entstehen dadurch rund 5,8 Millionen Euro Mietkosten.

Der geplante Umzug in ein landeseigenes Gebäude in der Klosterstraße in Mitte klappt bislang nicht: Dort sind nämlich schon Abteilungen der Senatsverwaltung für Finanzen untergebracht, die eigentlich ins Stammhaus von Finanzsenator Evers umziehen sollen – allerdings erst, wenn dort die Nutzung der Büros optimiert wurde.

In Treptow-Köpenick wiederum versucht der Bezirk, sein stark sanierungsbedürftiges Gebäude in der Amtsstraße loszuwerden und stattdessen in eine landeseigene Immobilie in der Luisenstraße umzuziehen. Dort aber sitzt schon ein Teil der Senatsverwaltung für Bildung – die nun ihrerseits ein Gebäude zu Marktpreisen anmieten will, was eigentlich unbedingt vermeiden werden sollte.

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.09.2025, 18:00 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel