Harmonie statt Gezänk – nach den Gesprächen im Koalitionsausschuss geben sich Union und SPD zuversichtlich. Man werde nach vorne schauen und die Probleme des Landes angehen. Geplant sind ein Stahl- und ein Autogipfel.
Bundeskanzler Friedrich Merz lädt die angeschlagene Stahlindustrie zu einem Gipfel ins Kanzleramt ein. Das ist eins der Ergebnisse der Gespräche zwischen CDU, CSU und SPD. Das Ziel laute, dass auf Dauer Stahlproduktion in Deutschland erhalten werde, sagte der Kanzler. „Wie wir dieses Ziel erreichen können, das wollen wir mit den Erzeugern und auch mit den Arbeitnehmervertreterinnen und -vertretern besprechen“, sagte der CDU-Chef.
Die deutsche Stahlindustrie stehe aktuell gleich von zwei Seiten unter Druck, sagte Merz: Durch Zölle, die sie in den USA bezahlen müssten und durch Dumping-Angebote aus China. Auch die schwache Nachfrage im Inland mache den Unternehmen zu schaffen, genau wie hohe Energiepreise. Die Rohstahlproduktion im Inland ging nach Angaben der Vereinigung Stahl im ersten halben Jahr um knapp 12 Prozent auf 17,1 Millionen Tonnen zurück.
Koalition will mit Autoindustrie beraten
Auch ein Treffen mit Vertretern der Autobranche sei geplant. Er werde zu einem industriepolitischen Dialog zur Zukunft der Automobilindustrie einladen, kündigte Merz an. Nicht nur die großen Hersteller, auch die Zulieferindustrie leide im Augenblick stark, sagte er. „Deswegen lege ich Wert darauf, dass hier auch die Zulieferindustrie – und das sind ja zum Teil mittelständische Unternehmen – dabei sind und mit uns diese Diskussion führen.“
CDU-Chef Markus Söder betonte, man sei nicht bereit, Chinesen oder anderen Automobilmärkten die Zukunft zu überlassen. „Jeder muss wissen: Ohne Auto wird Deutschland industriell nicht funktionieren“, betonte er.
Union und SPD äußern sich optimistisch über künftige Zusammenarbeit
Gleichzeitig äußerten sich Union und SPD optimistisch über die gemeinsame Arbeit. Man werde weitreichende Reformen anpacken, sagte der Kanzler. Der CDU-Vorsitzende betonte die Gemeinsamkeiten bei anstehenden Reformen des Sozialstaats. Alle drei Parteien seien sich einig, dass der Sozialstaat erhalten werden solle. Er solle nicht abgeschafft, geschliffen oder gekürzt werden, sagte er bei dem gemeinsamen Auftritt mit den SPD-Vorsitzenden Bärbel Bas und Lars Klingbeil sowie CSU-Chef Söder.
„Wir wollen ihn in seinen wichtigsten Funktionen erhalten. Und das heißt, wir müssen ihn reformieren“, sagte der Bundeskanzler. Der Koalitionsausschuss habe die ersten Punkte gemeinsam besprochen, auch die Reform des Bürgergeldes. Die solle bis Jahresende auf den Weg gebracht werden. Ähnlich klang die SPD-Vorsitzende Bas. Sie sei in dieser Frage einer Meinung mit dem Bundeskanzler, der Sozialstaat sei reformbedürftig.
Priorität Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft
Die anstehenden Aufgaben wolle die Koalition gemeinsam lösen, so Merz. „Dazu zählt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, dazu zählt die Zukunftsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme und wir sind entschlossen, dieses Land wieder gemeinsam voranzubringen.“
Bas fügte hinzu, Priorität sei es, Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. Die Sozialstaatskommission werde nun „relativ schnell auch über alle staatlichen Leistungen gehen“. Ziel sei es, die Leistungen treffsicher, effektiver und bürokratieärmer zu gestalten.
Auch Bas betonte die positive Stimmung bei den Gesprächen und forderte ein Ende der öffentlichen Auseinandersetzungen in der Regierungskoalition. Nach wochenlangen Diskussionen sei es nun an der Zeit, wieder nach vorne zu gucken: „Ich bin froh, dass wir uns jetzt wieder konzentrieren auf die gemeinsamen Ziele, die wir wirklich haben“, so Bas.
Koalition laut Söder vor entscheidenden Wochen und Monaten
CSU-Chef Söder sieht die schwarz-rote Koalition und Deutschland insgesamt vor entscheidenden Wochen und Monaten. Die Parteivorsitzenden hätten aber mehr denn je ein Grundverständnis darüber, dass sie in einer unglaublichen Verantwortung stünden. Die Koalition sei handlungsfähig und handlungswillig, betonte er.
Vizekanzler und SPD-Chef Klingbeil ergänzte, er sei zuversichtlich, dass die Koalition besser aus dem Sommer herauskomme, als sie hineingegangen sei. Die Regierung könne sich aber nun nicht zurücklehnen.