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Seite 1Ein Deal, der keiner ist
Seite 2Die europäische Techindustrie ist beunruhigt
Seite 3Was lässt sich Trump noch alles einfallen?
Da ist zum Beispiel Joachim Strobel vom Maschinenbauer Liebherr. Als Geschäftsführer der Sparten „Erdbewegung“ und „Materialumschlag“ verkauft er Bagger, Planierraupen und Radlader, die an Häfen und Baustellen eingesetzt werden. Viele seiner Kunden sitzen in den USA. Nach dem Handschlag zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump Ende Juli in Schottland war er erleichtert: „Alle haben gehofft, wir hätten jetzt halbwegs Sicherheit“, berichtet Strobel am Telefon.
Es kam anders. Gerade mal vier Wochen nach dem Zollabkommen hat Strobel die Exporte in die USA vorerst gestoppt. Was der Liebherr-Manager und viele andere für einen Deal hielten, ist in Wirklichkeit keiner. Es trat das Gegenteil dessen ein, was Ursula von der Leyen den Unternehmen versprochen hatte: Statt „dringend benötigter Klarheit“ und „Planungssicherheit“ herrscht große Verunsicherung.
Schon in den Tagen nach der angeblichen Einigung veröffentlichten die USA und die EU teils widersprüchliche Statements. Drei Wochen später lag ein gemeinsames Papier vor – mit etlichen Neuerungen. Plötzlich ging es zum Beispiel um einen bevorzugten Marktzugang für amerikanische Meeresfrüchte und um Ausnahmen von europäischen Nachhaltigkeitsvorgaben. Dazu stellte der US-Präsident neue Forderungen auf – mal ging es um Medikamente, mal um die europäische Digitalgesetzgebung. Und auch bei den 15 Prozent Zöllen ist es nicht geblieben.
Ein Drama für Liebherr-Manager Strobel. Für viele seiner Produkte gilt nach den neuen Regeln der Amerikaner nämlich nicht mehr nur der Zoll in Höhe von 15 Prozent, wie er für Maschinen vorgesehen ist. Auf darin verbaute Stahl- und Aluminiumteile werden zusätzlich 50 Prozent Zoll fällig. „Wir versuchen gerade rauszufinden, wie wir den Stahlanteil in unseren Baumaschinen berechnen müssen“, sagt Strobel. Die Vorgaben der Zollverordnung sind mehrdeutig. „Die Verunsicherung, was gilt, ist maximal groß.“ Liebherr habe seine Anwälte in den USA auf die Frage angesetzt, wie die Richtlinien zu deuten seien. Niemand könne eine rechtssichere Antwort geben.
Dieser Artikel stammt aus der ZEIT Nr. 38/2025. Hier können Sie die gesamte Ausgabe lesen.
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Unklar ist auch, welche Konsequenzen dem Unternehmen drohen, wenn es fehlerhafte Angaben macht. Zwischenzeitlich sah es so aus, als müsste Liebherr in solchen Fällen einen Strafzoll von 200 Prozent auf den Gesamtwert der Maschine zahlen. „Da kann niemand das unternehmerische Risiko tragen, so eine Maschine aufs Schiff zu stellen und über den Atlantik zu schicken“, sagte Strobel noch vergangene Woche. Am Dienstag die vorläufige Entwarnung: Die Strafe fiele mutmaßlich deutlich geringer aus als erwartet. In Kürze will Strobel deshalb darüber entscheiden, ob Liebherr die Lieferungen in die USA wieder aufnehmen kann.
Noch im vergangenen Jahr galten die Vereinigten Staaten für Liebherr als wichtiger Wachstumsmarkt. 2,6 Milliarden Euro nahm das Unternehmen 2024 in Nordamerika ein, 18 Prozent des Gesamtumsatzes. Das wird in diesem Jahr anders sein.
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Es sind nicht nur Liebherr-Baumaschinen, die gerade nicht mehr in die USA gelangen. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) meldet, dass rund 30 Prozent der Maschinenimporte aus der EU in die USA von den zusätzlichen Zöllen auf Stahl- und Aluminium-Komponenten betroffen seien. Die Liste der US-Behörden, auf denen steht, für welche Produkte dies gelte, werde regelmäßig und ohne Vorwarnung erweitert, heißt es in einem Brief des VDMA an Ursula von der Leyen. Wichtige Maschinenbausektoren gerieten dadurch „an den Rand einer existenziellen Krise“. Jetzt hofft die Branche, dass die EU nachverhandelt.
Auch die wichtige Autoindustrie muss hoffen. Eigentlich konnte die EU-Kommission Donald Trump davon überzeugen, die Zölle auf europäische Autoexporte von 27,5 auf 15 Prozent zu senken. Die EU hat ihren Teil der Abmachung eingehalten und am vergangenen Freitag ein Gesetz vorgelegt, mit dem sie auf Zölle für amerikanische Industriegüter verzichten will. Die USA sollten als Antwort die Autozölle rückwirkend zum 1. August senken. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe ist das nicht passiert.