Den Namen gibt es schon lange, nur steckte nicht viel Gemeinsames im GEAS. Im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem. Jahrzehntelang wollten Bundesregierungen eine Reform, Asylfragen in der EU gemeinsam lösen. Jahrzehntelang war daran nicht zu denken. Zu unterschiedlich waren die Ausgangslagen in den Mitgliedsstaaten: Griechenland, Italien, die Ankunftsländer, Deutschland, das bis vor kurzem wichtigste Zielland, Ungarn und Polen, die sich heraushalten wollten.

Anfang vergangenen Jahres – in Deutschland regierte die Ampel – gab es auf einmal eine Einigung in Brüssel. Jedes Mitgliedsland muss die Umsetzung der Reform aber noch auf nationaler Ebene beschließen. Den ersten Anlauf dazu nahm die ehemalige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) im November 2024. Ein Kabinettsbeschluss, nur Stunden, bevor die Ampel zerbrach. Eine Mehrheit im Bundestag fand sich danach nicht mehr. In der neuen Regierung gab es monatelangen Streit zwischen unions- und SPD-geführten Ministerien.

Bundesinnenminister: „Ein großer Schritt“

Der zweite Anlauf am Mittwoch geht durch. Innenminister ist nun Alexander Dobrindt (CSU). Und der nennt die GEAS nach dem Beschluss im Bundeskabinett am Mittag einen „großen Schritt“. Mit der Umsetzung würden deutlich mehr Asylverfahren an den EU-Außengrenzen bearbeitet und Asylverfahren schneller durchgeführt.

Für Deutschland, das nur an Flughäfen EU-Außengrenzen hat, heißt das, dass dort die Asylentscheidungen zu treffen sind. Außerdem werde die sogenannte sekundäre Migration zurückgedrängt, erklärt Dobrindt. Es werde schwerer für Menschen, sich von den Außenländern der EU auf den Weg in die Binnenländer zu machen. Und es werde einen Solidaritätsmechanismus geben, „der die Verteilung von Flüchtlingen in der EU besser steuern soll“.

Verteilung in der EU – wird noch verhandelt

Das Problem: Den Mechanismus gibt es wohl noch nicht. Wie die Verteilung aussehen soll, wird derzeit noch verhandelt. Der Innenminister wirbt um die Zustimmung aller EU-Mitgliedsstaaten zu GEAS. Auch hier scheint noch nicht alles in trockenen Tüchern. Einig ist man sich, dass Asylverfahren von Menschen mit geringen Bleibechancen künftig direkt an den EU-Außengrenzen durchgeführt werden sollen und maximal zwölf Wochen dauern könnten.

Für Migranten, die nach ihrer Ankunft in einem EU-Außenland weitergereist sind, sollen neue Asylzentren entstehen. Von dort sollen sie wieder in den Staat zurückgebracht werden, in dem sie ursprünglich in Europa angekommen waren oder dorthin, wo sie bereits ein Asylverfahren durchlaufen haben.

Return Hubs sorgen für Ärger bei der SPD

Dobrindt macht auch deutlich, dass weitere Asylverschärfungen auf EU-Ebene verhandelt würden. Der Innenminister wirbt vor allem für sogenannte Return Hubs – Abschiebezentren außerhalb der EU. Der Gedanke dahinter: Wer keine Chance auf Asyl hat, wird nicht auf europäischen Boden gelassen, sondern im Zweifel direkt aus einer haftähnlichen Unterbringung in einem Drittland abgeschoben. Und zwar – wenn keine Rückkehr oder Rücknahme ins Herkunftsland möglich ist – in ein Nachbarland, mit dem es ein Abkommen gibt. Die SPD sträubte sich lange gegen die Pläne des Bundesinnenministers.

Die Grenzverfahren stoßen auch bei Menschenrechtsorganisationen auf Kritik. Auch Minderjährige müssten nach der Planung festgehalten werden, es sei denn, sie kommen ohne Begleitung Erwachsener an der EU-Außengrenze an. Die geplanten Regelungen gefährdeten das Kindeswohl, erklärte etwa die Organisation „Save the Children“. Auch das Verfahren für die, die in ein anderes EU-Land zurückgebracht werden sollen, wird kritisiert: Praktisch gehe es „um zumindest zum Teil geschlossene Zentren, in denen sich eine Vielzahl der in Deutschland ankommenden Schutzsuchenden aufhalten müssten“, sagt Wiebke Judith von Pro Asyl.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Natalie Pawlik (SPD), verteidigt den Kabinettsbeschluss. Sie habe sich in den regierungsinternen Verhandlungen dafür starkgemacht, dass die Rechte von besonders schutzbedürftigen Geflüchteten wie Familien, Kindern und unbegleiteten Minderjährigen gewahrt würden.