Die Skandale passen zu Krahs politischer Einstellung. Er inszeniert sich gern china- und russlandfreundlich. Der Kommunistischen Partei gratulierte er zum Jubiläum in einem Video, Chinas Menschenrechtsverstöße redet er konsequent klein. Das beförderte auch in der AfD früh große Skepsis gegen Krah: Der sei ausländischen Regimen insgesamt viel zu zugewandt, so sehen es seine Kritiker.
Die Richter legen am Mittwoch in ihrer Befragung lange einen Fokus auf die Zeit, als sowohl Jian G. als auch Guillaume P. für Krah gearbeitet haben. Die Zeit also, in der beide Skandale ihren Ursprung haben: die Zeit ab 2019, als Krah gerade erstmals ins EU-Parlament gewählt worden war und sein Büro aufbaute. Guillaume P. – Krah nennt ihn: „der Franzose“ – war zu der Zeit sein Büroleiter und Verbindungsmann für Russland, Jian G. der Mann für das Thema Außenhandel und Beziehungen zu China.
Beide genossen im Büro Krah offenbar vollkommene Freiheit, Vertrauen und damit auch erweiterte Zugriffsrechte im EU-Parlament. „Ich erwarte maximale Selbstverantwortung und -organisation von meinen Mitarbeitern“, sagt Krah vor Gericht. Dass er ein „erstaunlich präsenter“ Politiker auch ohne herausgehobene Position sei, habe mit seinem Team zu tun – es herrsche „strenge Aufgabentaktik“.
Er habe seinem Team stets das Motto vermittelt: „Wir sind hier ein gemeinsames Schiff, ich bin die Gallionsfigur.“ Und diese Gallionsfigur wollte mit allzu Irdischem offenbar nicht belastet werden: „Ich bin generell daran interessiert, meine alltägliche Belastung, insbesondere von Daten, die auf mich einströmen, zu reduzieren“, sagt er. E-Mails, Passwörter? „Ich hasse das Zeug“, so Krah. „Ich bin ein E-Mail-Muffel. Ich bin an E-Mail-Accounts erstickt.“