Die Villa wurde ursprünglich 1924 vom Unternehmer Emil Hanebeck für seine Tochter Gretl errichtet. Die deutsche Industriellenfamilie stand mit Josef Hoffmann gesellschaftlich in Verbindung, der bei Planung und Bau auch beraten haben dürfte. Der Bau wurde von einem anderen Architekten eingereicht, aber die Villa wird lange schon dem Künstler und Designer Josef Hoffmann, Gründungsmitglied der Wiener Werkstätte, zugeordnet.

Der jetzt mit der Renovierung und Sanierung der Villa beauftragte Architekt Johannes Kraus sieht Einflüsse der Wiener Werkstätte, in der Fassadenornamentik und bei den Fenster- und Türausbildungen, aber auch Typisches aus dem tschechischen Kubismus. Dadurch hat die Villa eine gewisse einzigartige Position in Niederösterreich, sagt Kraus.

Alter Charme mit neuem Touch

Spannend sei, wie sich gewisse Stilelemente durch das ganze Haus von außen nach innen ziehen, wie die Raute, die man an der Einfriedung, an der Fassade oder beispielsweise an der hölzernen Wandvertäfelung findet. Die Betonung der Ecken, die horizontale Schichtung, das pagodenartige Dach waren einst eine Neuheit in der Gestaltung einer Villa.

Kulturerbe Villa Gars

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Der Villa Gretl werden Einflüsse der Wiener Werkstätte, aber auch des tschechischen Kubismus zugeschrieben

Ein Gesamtkunstwerk im Sinn der Wiener Werkstätte, das nun für eine junge Familie zu modernen Wohnzwecke umgebaut wird, aber seine Einzigartigkeit behalten soll. So werden der alte Fußboden, der frühere Speiselift der herrschaftlichen Villa, die historischen Wandvertäfelungen, die Kastenfenster mit den verstellbaren Außenläden und die Fassade lediglich renoviert und bleiben erhalten.

Charakter bewahren

Für den Dachboden gibt es hingegen einen Innenausbau, auch moderner Wohnkomfort und Technik werden eingebaut, aber immer alles den Charakter des Hauses wahrend, sagen die Besitzer, die die Villa im Vorjahr kauften. Statt kleiner Einzelräume soll auch ein offeneres Raumgefüge entstehen, das zu den Bedürfnissen einer jungen Familie passt.

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Der Dachboden soll ausgebaut und künftig einen modernen Wohnkomfort bieten

Auf diese Weise wird in jedem Fall behutsam und respektvoll ein besonders Architekturjuwel in Gars am Kamp erhalten und belebt. ORTE, das Architekturnetzwerk NÖ, veranstaltet kommenden Sonntag eine Baubesichtigung für Interessierte in der Villa Gretl, wofür man sich aber anmelden muss.