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Trotz Sparprogramm droht dem Solartechnikhersteller SMA ein Millionenverlust. Jetzt sollen weitere Maßnahmen folgen. Für den Standort in Niestetal könnte das umfassende Folgen haben.
Der Niestetaler Solartechnikhersteller SMA kommt trotz eines umfangreichen Programms zur Umstrukturierung nicht in ruhigeres Fahrwasser. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet das Unternehmen, entgegen bisheriger Annahmen, einen deutlichen Verlust und reagiert mit einer Ausweitung seines bereits laufenden Sparprogramms um weitere 100 Millionen Euro. Das dürfte auch Auswirkungen auf die Produktion am Hauptsitz in Niestetal haben. Details zu den weiteren Einsparungen sind bislang noch offen. Eine Sprecherin verwies nach HNA-Anfrage darauf, dass die Details der jetzt geplanten Maßnahmen am Donnerstag mit dem Aufsichtsrat abgestimmt würden. Genauere Informationen sind demnach gegen Ende der Woche zu erwarten.
Die Mitarbeiter des Solartechnik-Herstellers SMA müssen sich auf ein weiteres Sparprogramm einstellen. © Andreas Fischer / Skypic
Den Gewinneinbruch vermeldete das im Börsenindex S-Dax notierte Unternehmen am Montagabend in einer Pflichtmitteilung an Investoren. Der SMA-Vorstand geht infolge einer anhaltend schwachen Marktentwicklung im Bereich privater und gewerblicher Solaranlagen nun von einem operativen Verlust (EBITDA) zwischen 30 und 80 Millionen Euro aus. Zuvor hatte das Management des größten deutschen Wechselrichterherstellers mit einem positiven Ergebnis zwischen 70 und 80 Millionen Euro kalkuliert. Das Unternehmen rechnet zudem für 2025 mit Einmalaufwendungen im Bereich von 170 Millionen und 220 Millionen Euro. Diese resultieren aus der Wertminderung auf Vorräte, Sonderabschreibungen für nicht realisierte Projekte und Rückstellungen für Restrukturierungsmaßnahmen.
Photovoltaiknachfrage bricht ein – SMA bleibt auf Lagerware sitzen
Die Umsatzprognose für 2025 wurde ebenfalls gesenkt: Erwartet werden nun Erlöse zwischen 1,45 und 1,5 Milliarden Euro. Damit liegt die neue Spanne unter der bisherigen Prognose von 1,5 bis 1,55 Milliarden Euro. Besonders betroffen ist die Sparte, die Produkte für Heimanwender und alte Gewerbebetriebe bündelt. Wegen der schwachen Nachfrage in diesem Segment hatte SMA in der Vergangenheit in diesen Segmenten mit vollen Lagern bei den Zwischenhändlern zu kämpfen – das sorgte wiederum auch in Niestetal für volle Lager.
Erst Ende 2024 hatte SMA angekündigt, rund 1100 Jobs zu streichen, davon 700 in Niestetal – im Frühjahr dieses Jahres meldete das Unternehmen, dass dieser Personalabbau fast abgeschlossen sei. Außerdem wurden die Segmente für Heim- und Gewerbelösungen von SMA umstrukturiert und zusammengelegt. Das Ziel war, in diesen Bereichen wieder profitabel zu werden. Insgesamt 150 bis 200 Millionen Euro wollte der Konzern mit dieser umfassenden Umstrukturierung in den Jahren 2025 und 2026 Jahren einsparen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Analyse: Aussichten bei SMA bleiben trübe
Wieder in die Gewinnzone wollte die SMA-Spitze das Niestetaler Unternehmen in diesem Jahr führen – unter anderem mit einem umfangreichen Sparprogramm. Doch dieser Plan ging offenbar nicht auf. Noch im Frühjahr gab man sich zuversichtlich mit Blick auf das Jahresergebnis – nun sieht es für den Solartechnikhersteller zumindest mit Blick auf 2025 düster aus.
Bis Ende 2027 sollen die Kosten noch einmal um zusätzlich 100 Millionen Euro sinken – mit dem Ende 2024 angekündigten Sparprogramm will das Unternehmen ohnehin schon 150 bis 200 Millionen Euro einsparen. Die jetzt angekündigten Maßnahmen, die vor allem das unprofitable Segment für Heim- und Geschäftskunden betreffen, beinhalten nach Unternehmensangaben die Anpassung und Entwicklung des Produktportfolios und der Wertschöpfungstiefe, eine stärkere Nutzung der internationalen Standorte sowie eine effizientere Servicestrategie. Ob das ausreicht, ist allerdings nicht ausgemacht, denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind schwierig.
Analyst rät SMA zum Rückzug aus unprofitablen Bereichen
Mit Blick auf die öffentlich bekannten Informationen spricht derzeit wenig dafür, dass bei SMA außerhalb des noch gut laufenden Großanlagen-Geschäfts mittelfristig ein Aufschwung zu erwarten ist. Auch SMA geht für die Folgejahre von einer schlechteren Umsatzentwicklung aus. Guido Hoymann vom Bankhaus Metzler kommentierte am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa-AFX, dass das Unternehmen gut beraten sei, wenn das Geschäft im Segment für Heim- und Geschäftskunden zurückgefahren werde.
Derzeit steht die gesamte deutsche Solarbranche vor Herausforderungen: Aufträge bleiben aus, der Markt ist abgekühlt, die Zinsen sind gestiegen und die chinesische Konkurrenz bietet ihre Produkte auf dem europäischen Markt günstiger an. Aktuell gibt es in Deutschland zudem, insbesondere bei Privathaushalten, derzeit eine gewisse Zurückhaltung in Sachen Photovoltaikausbau – denn die Bundeswirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche (CDU) hatte angekündigt, die Einspeisevergütung für private Solaranlagen abschaffen zu wollen. Der Bundesverband des Solarhandwerks warnte in diesem Zusammenhang gar vor einer Entlassungswelle. Die Folgen dürften dann auch bei SMA zu spüren sein.
Doch auch im Geschäft mit den Großanlagen gibt es Risiken für SMA: In dem für den Umsatz der Niestetaler enorm wichtigen Segment hatte das Unternehmen in den letzten Jahren sehr gute Ergebnisse erzielt. SMA sei dort aber wegen der Abhängigkeit vom US-Markt auch einem hohen Maß an Unsicherheit ausgesetzt, sagte Analyst Hoymann. Und auch dort lässt SMA federn: Laut Halbjahresbericht sank der Umsatz, den das Unternehmen in Nord- und Südamerika erzielt hatte, im Vergleich zum ersten Halbjahr 2024 von 314 Millionen Euro auf 225 Millionen Euro. Und die Aussichten für den weiteren Ausbau von Photovoltaik sind in den USA eingetrübt. Das liegt maßgeblich an der Trump-Regierung, die beispielsweise mit dem jüngsten Haushaltsgesetz Förderprogramme für Projekte aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien ab 2027 stoppte. Das Handelsblatt berichtete, dass in den USA allein in diesem Jahr Projekte aus dem Bereich erneuerbare Energien im Wert von 18,6 Milliarden Dollar gestrichen wurden. Die Investitionsankündigungen gingen im selben Zeitraum um fast 20 Prozent zurück.
Verlustmeldung lässt SMA-Aktie abstürzen
Umstrukturierungen gab es bei SMA in diesem Jahr auch auf Vorstandsebene: Im März hatte SMA Olaf Heyden in das Gremium berufen, der sich primär um den Umbau des Konzerns kümmern sollte. Ende April verließ Finanzvorständin Barbara Gregor das Unternehmen, auf sie folgte Kaveh Rouhi, der laut SMA schon in seiner vorherigen Position maßgeblich an der Entwicklung und Umsetzung des laufenden Restrukturierungsprogramms beteiligt war. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die beiden Neuen im Vorstand die richtigen Manager sind, um SMA wieder auf Kurs zu bringen. An den Börsen wurden die Aktien des Unternehmens nach der Mitteilung über den erwarteten Verlust abgestraft: Der Kurs sank am Dienstag um über 20 Prozent.