An der Freien Universität Berlin wirbt eine bislang kleine Gruppe Studierender dafür, sich der BDS-Kampagne („Boycott, Divestment and Sanctions“) gegen Israel anzuschließen. Unterstützt wird dies von Uni-nahen Aktivistengruppen, die dies auf Social Media teilten. Auch eine Internetseite, die sich „BDS-FU“ nennt, ist seit einigen Wochen online. Andere Hochschulangehörige besorgt die Aktion. Die Unileitung schritt bei einer Aktion bereits ein.
Am Montag war vor der Mensa II am frühen Nachmittag ein Tisch mit Bannern und Werbematerial für die BDS-Kampagne aufgebaut, betreut von drei Studierenden. Dies berichtete ein Hochschulmitglied dem Tagesspiegel. Social-Media-Accounts aus dem Aktivistenumfeld teilten Bilder, die dies belegen. Auf den Screenshots, die dem Tagesspiegel vorliegen, sind Banner mit „BDS-FU.DE“ und dem Slogan „Boykott Apartheid Universities“ zu sehen.
Die FU-Pressestelle teilte auf Anfrage mit, der Infostand sei nicht genehmigt gewesen. „Nach Bekanntwerden der Aktion hat die Hochschulleitung die Gruppe aufgefordert, den Infostand unverzüglich abzubauen. Der Aufforderung ist die Gruppe nachgekommen.“
Auf der Website „BDS-FU“ finden sich lange Text mit Vorwürfen gegenüber der FU und der deutschen Politik und der Aufforderung, Kooperationen mit israelischen Unis zu beenden. Konkret werden die Hebrew University in Jerusalem, die Universität Haifa und das Israel Institute of Technology (Technion) genannt, verbunden mit den Vorwürfen, Studierende in Jerusalem würden auf „illegal besetztem Land“ wohnen, Haifa würde Offiziere ausbilden, das Technion Militärtechnologie entwickeln.
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Andere Hochschulangehörige, die diese Aktionen nicht unterstützen oder selbst jüdisch sind, sind angesichts der neuen BDS-Gruppe besorgt wegen einer feindseligen Stimmung. Nach Tagesspiegel-Information wurde die Hochschulleitung bereits aufgefordert, BDS-Werbung an der FU zu verbieten. Für Mittwoch, den 23. April kündigte die Gruppe „Students for Palestine FU“ auf Instagram bereits eine weitere Aktion der BDS-Unterstützer an: im Studierendencafé Galilea, direkt über dem Eingang des Hauptgebäudes.
Kritik an BDS: Wenig hilfreich und oft antisemitisch
Die Boykottaufrufe sind zwar zunächst ein gewaltloses Protestmittel. Doch linke Friedensinitiativen aus dem Nahen Osten wie „The Third Narrative“ kritisieren an der internationalen BDS-Bewegung, dass sie ein wirkungsloses Mittel gegen viel kritisierte Missstände sei, etwa Gewalt von Siedlern gegen Palästinenser im Westjordanland. Vielmehr habe die Kampagne „unbeabsichtigte negative Folgen“, weil sie weiter spalte und sich auch gegen gemeinsame Projekte von Israelis, arabischen Israelis und Palästinensern richte.
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Die deutsche „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus“ (RIAS) setzt die BDS-Kampagne in einem längeren Report in Bezug zu Antisemitismus. Zum einen käme es im Umfeld von BDS-Aktionen immer wieder zu antisemitischen Äußerungen, „mitunter zu Gewalt“.
Screenshot vom Account eines BDS-Unterstützers auf Instagram. Es zeigt ein Banner, das an einem Infostand auf dem FU-Campus zu sehen war.
© Tagesspiegel
Zum anderen verweist RIAS auf Studien, denen zufolge der Israelboykott auf den Staat abziele, der derzeit nun mal das wichtigste Symbol heutigen jüdischen Lebens sei. Studien zeigten auch, dass der Boykott oft durch antisemitische Vorstellungen gerechtfertigt werde. Und dass „israelische Sichtweisen delegitimiert, dämonisiert und zum Schweigen gebracht werden“, so RIAS.
So irritiert auch an den FU-Bannern ein Detail: Auf Screenshots des Infostands ist neben dem Schriftzug eine rot durchgestrichene, schwarze Bombe zu erkennen. Was zunächst wie ein Antikriegsymbol scheint, könnte eine antisemitische Message transportieren. Die durchgestrichene Bombe ähnelt dem stilisierten Körper eines Insekts (und die roten Striche an Insektenbeine), was man als kodifizierten Antisemitismus deuten kann. In NS-Karikaturen wurden Juden als Spinnen dargestellt, herabgewürdigt und als Feind markiert.