Die britische Regierung hat sich zur Aufnahme von zusätzlich 7000 als gefährdet eingestuften Afghanen verpflichtet, kann aber die Kosten ihrer Aufnahme im Vereinigten Königreich offenbar nicht richtig kalkulieren. Die Entscheidung zur Beherbergung der Afghanen, die früher meist als Ortskräfte für die Briten tätig waren, fiel im April vorigen Jahres ohne Kenntnis der Öffentlichkeit. Sie war die Folge eines schweren Datenlecks: Ein Mitarbeiter des britischen Verteidigungsministeriums hatte im Jahr 2022 eine Tabelle mit den Namen und Personaldaten von 19.000 Afghanen, die Visa für Großbritannien und damit die Ausreise aus Afghanistan beantragt hatten, verschickt und somit öffentlich gemacht.

Ein damals bestehendes Rückführungsprogramm umfasste die Übersiedlung von 16.000 Afghanen, einschließlich ihrer Familienangehörigen. Nach dem Datenleck wurde insgeheim ein weiteres Programm aufgelegt, das Aufnahmevisa für 7000 Personen vorsieht. Über die Datenpanne und ihre Folgen konnte bis zum vergangenen Juli nicht öffentlich berichtet werden, nachdem das Verteidigungsministerium noch in der Regierungszeit der Konservativen gerichtlich eine Nachrichtensperre über den Vorfall erlangt hatte, die erst jetzt aufgehoben wurde.

Von 150.000 Euro je Übersiedlungsfall ist die Rede

Nun arbeitet das Verteidigungsministerium an der Übersiedlung der weiteren exponierten Ortskräfte, von denen viele in Pakistan auf eine Entscheidung warten. Ein Sprecher des Ministeriums gab an, man erfülle die moralische Verpflichtung, die man jenen schulde, die an der Seite der britischen Soldaten gestanden und ihr Leben für diesen Einsatz riskiert hätten. Das Verteidigungsministerium wehrt sich zugleich gegen Vorwürfe, es könne die Kosten für die durch die Datenpanne verursachten zusätzlichen Aufnahmen nicht genau beziffern.

Die Nationale Prüfbehörde, eine Art britischer Rechnungshof, hatte Zweifel an den Kalkulationen geäußert. Nach Angaben des Verteidigungsressorts sollen die Kosten je Übersiedlungsfall bei umgerechnet knapp 150.000 Euro liegen; insgesamt sollen sie etwa eine Milliarde Euro betragen. Die Rechnungsbehörde kritisiert jedoch, es seien keine Ansätze für Schadenersatzansprüche oder juristische Kosten in den Kostenkalkulationen enthalten.

Offenbar sind die Mängel in der Kalkulation auch auf die Geheimhaltung zurückzuführen, die nach dem Datenleck über die zusätzliche Rückführungsaktion verhängt wurde. Viele Haushaltsposten wurden anschließend offenbar nicht öffentlich gemacht, um keine Hinweise auf weitere Rückführungen zu geben. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Unterhaus, der Konservative Sir Geoffrey Clifton-Brown, sagte der Zeitung „Guardian“, es gebe eine anhaltende Verwirrung, wie viele Millionen schon aufgewendet seien und wie viel Geld noch für die weiteren Rückführungen benötigt werde. Der Ausschuss werde den Sachverhalt in der kommenden Woche untersuchen und Transparenz herstellen.