Rolle der Adipositas bei Typ-2-Diabetes
Weltweit leben über 500 Millionen Menschen mit Diabetes mellitus, wobei Typ-2-Diabetes mit rund 96 % die häufigste Form darstellt. Die Erkrankung geht mit erheblichen Folgekomplikationen einher und belastet Gesundheitssysteme zunehmend. Über 85 % der betroffenen Personen sind übergewichtig oder adipös – ein zentraler Risikofaktor für das Fortschreiten der Erkrankung. Zwar ist der positive Einfluss einer Gewichtsreduktion auf die Remission bekannt, allerdings fehlte bislang eine exakte Quantifizierung dieses Zusammenhangs unter Berücksichtigung relevanter Einflussfaktoren.
Forschungsdefizit: Wie viel Gewichtsverlust führt zur Remission?
Daher führte das Forschungsteam um Sarah Kanbour von Weill Cornell Medicine – Qatar eine systematische Übersichtsarbeit mit Meta-Analysen und Meta-Regressionen durch. Grundlage waren 22 randomisierte kontrollierte Studien mit übergewichtigen oder adipösen Personen mit Typ-2-Diabetes. Ziel war es, den Zusammenhang zwischen dem Grad der Gewichtsabnahme und der Diabetesremission unter Kontrolle potenzieller Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Ethnie, Hämoglobin-A1c-Wert (HbA1c), Diabetesdauer, Insulintherapie und Ausgangs-Body-Mass-Index (BMI) zu ermitteln. Die Studienauswahl und Auswertung erfolgten gemäß PRISMA- und Cochrane-Richtlinien.
Strenge Auswahlkriterien für Typ-2-Diabetes-Studien
Das Team definierte Remission wie folgt: vollständig bei HbA1c
Remissionsraten bis zu 79 % möglich
Ein Jahr nach der Intervention lag der durchschnittliche Anteil der vollständigen Remission bei 47,8 %. Dabei stieg die Rate in Abhängigkeit vom Ausmaß der Gewichtsreduktion deutlich an:
- 0,7 % (weniger als 10 % Gewichtsverlust)
- Keine Remission (10-19 % Gewichtsverlust)
- 49,6 % (20-29 % Gewichtsverlust)
- 79, 1 % (Gewichtsverlust mindestens 30 %).
Die durchschnittliche Rate der partiellen Remission betrug 41,4 % und erreichte Raten von:
- 5,4 % (weniger als 10 % Gewichtsverlust)
- 48,4 % (10-19 % Gewichtsverlust)
- 69,3 % (20-29 % Gewichtsverlust)
- 89,5 % (Gewichtsverlust mindestens 30 %).
Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Gewichtsverlust und Remission bestätigt
Die Metaanalyse zeigt eine starke Dosis-Wirkungs-Beziehung: Jeder Prozentpunkt an Gewichtsverlust erhöhte die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Remission um 2,17 % und die einer partiellen Remission um 2,74 %. Faktoren wie Alter, Geschlecht, Ethnie, Diabetesdauer, Ausgangs-BMI, HbA1c, Insulinverwendung und Art der Intervention zur Gewichtsreduktion beeinflussten die Remission nicht nennenswert.
Typ-2-Diabetes-Studie weist mehrere Limitationen auf
Die Analyse basiert überwiegend auf hochwertigen randomisiert kontrollierten Studien mit geringem Verzerrungsrisiko, was die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht. Einschränkungen bestehen in der Generalisierbarkeit auf normalgewichtige Personen, der Fokussierung auf ausgewählte Datenbanken sowie in methodisch bedingter Heterogenität, die durch Kontrolle des Gewichtsverlusts jedoch größtenteils ausgeglichen wurde. Zudem war die Anzahl geeigneter Studien für Subgruppenanalysen – etwa zu Alter oder Diabetesdauer – begrenzt. Darüber hinaus könnten einzelne Studien mit kleineren Fallzahlen sowie überlappenden Definitionskriterien zu partieller und vollständiger Remission die Ergebnisse beeinflusst haben.
Gewichtsreduktion als zentraler Ansatz in der Behandlung des Typ-2-Diabetes
Die Ergebnisse belegen den Körpergewichtsverlust als entscheidenden Prädiktor für die Diabetesremission. Auch ohne vollständige Remission lassen sich relevante Verbesserungen der glykämischen Kontrolle und eine Reduktion diabetischer Komplikationen erreichen. Weitere Forschung ist nötig, um Langzeiteffekte, den Erhalt der Remission und nachhaltige Strategien zur Gewichtsstabilisierung besser zu verstehen. Ein globaler Zugang zu effektiven, evidenzbasierten Gewichtsreduktionstherapien sollte priorisiert werden, um das therapeutische Potenzial vollständig auszuschöpfen.