Familienurlaub in Luxus und Style – das wird dem Gast versprochen, im deutschen Flaggschiff der Club-Urlaube. Robinson wirbt mit Vielfalt, Frische und Abwechslung, mit „glamourösen Dinnern“. Unser Gastro-Kritiker hat eine Woche mitgegessen und stellt fest: Statt Glamour lockt das Buffet des Grauens.

Es ist ja immer so eine Sache mit der Erwartungshaltung: Darf ich also sehr viel erwarten, wenn ich für eine Woche Urlaub mit der Familie rund 7000 Euro auf den Tisch lege? Ohne Flug und Transfers, versteht sich, also der reine Hotelaufenthalt. Ich glaube: Ja. Denn das ist ein Haufen Geld und es ist nicht sehr vielen Menschen vergönnt, ihre Sommerferien im Flaggschiff des deutschen Cluburlaubs zu verbringen. Das merkt man daran, dass hier viele Kinder mit sehr wohlklingenden Namen ihre Tennisstunden nehmen, von Karl-Gustav bis Valentin ist alles dabei. Es ist auch an der hohen Luxustaschendichte zu spüren, sogar am Sandstrand. Nur am Buffet des Robinson Cyprus ist von Luxus leider keine Spur. Herrgott, es wäre auch zu schön gewesen.

„Vollpension made by Robinson“ heißt das Konzept des zypriotischen Clubs, das bedeutet: Frühstück, Lunch und Dinner sind inklusive, sie werden alle im Hauptrestaurant oder im Strandrestaurant Breeze am Buffet angeboten. Im Preis sind während der Mahlzeiten (und nur dann) auch die Getränke, also Softdrinks aus einem dieser schrecklichen Zapfautomaten, zypriotisches Keo-Bier (der einzige Lichtblick) und ein Tischwein.

Tütensaucen im Luxus-Cluburlaub: Ein echtes Ärgernis.

Tütensaucen im Luxus-Cluburlaub: Ein echtes Ärgernis.

(Foto: A. Oetker)

Dreist mit Ansage

Fangen wir doch mal mit diesem Tischwein an. Es ist beim Weißwein ein griechisches Produkt der Firma Michalakis auf Kreta, die neben ein paar mittelmäßigen Massenweinen auch diesen schrecklich harzig-sauren Tafelwein herstellt, bei dem selbst die Herkunft der Trauben fragwürdig ist. Geschmacklich ist das eine einzige Zumutung, eine olfaktorische Fehlleistung allererster Güte. Im freien Handel gibt es diesen Wein nicht, niemand würde ihn kaufen, im Internet wurden dafür irgendwann 2,99 Euro pro Flasche aufgerufen, Robinson wird also nicht mehr als zwei Euro dafür zahlen. Und bietet diesen Quatsch allen Ernstes ihren Gästen an, die siebentausend Euro für eine Woche hinblättern – wohlwissend, dass die dann lieber aus der Weinkarte einen anderen Wein wählen, gegen Bezahlung, versteht sich. Das ist die erste Dreistigkeit mit Ansage.

Kommen wir zum Buffet, beginnend am Morgen. Na klar ist das vielfältig, es gibt Waffeln und Pfannkuchen für die Kinder, es gibt Früchte und täglich die exakt gleichen sämigen Smoothies, es gibt Brot und Brötchen und Omelette zur Wahl. Aber schon hier fällt auf: Alles ist immer gleich – und alles ist vom Billigsten: Salami, Kassler, Bierschinken, das sieht aus wie in einem Zwei-Sterne-Hotel in Detmold, nur leider schmeckt es nicht so. Es ist alles beliebig und vor allem lieblos.

Ärgstes Kantinenniveau: Spaghetti in ihrem Kochwasser.

Ärgstes Kantinenniveau: Spaghetti in ihrem Kochwasser.

(Foto: A. Oetker)

Viel schlimmer wird es dann aber bei den warmen Gerichten am Mittag und am Abend: Wie einfach wäre es denn, wenn wenigstens die Basics stimmen? Für die Kinder gibt es immer Tomaten- und Bolognese-Soße. Beide sind essbar, es sind sogar Zwiebelstücke darin, und hier sieht es so aus, als würde man die Sugos selbst kochen. Die dazu gereichten Spaghetti aber schwimmen in so viel Kochwasser, dass jede mittelständische Kantine sich schämen würde, das so zu servieren.

Überkochter Blumenkohl an sehnigem Lamm

Jeden Abend gibt es verschiedene Stationen, an zweien werden frische Gerichte serviert: Aktionsgerichte mit überkochtem Blumenkohl, leider versalzenem Risotto oder völlig sehnigem Lammkarree, am anderen Stand wird irgendwie, vor allem aber unsachgemäß gegrillt, was den ganzen Buffetraum im Sommer allabendlich zu einer verrauchten Dampfglocke werden lässt.

Nach Essen anstehen - per se entwürdigend. Wenn es dann auch noch schlecht ist - ein absoluter Urlaubsabturner.

Nach Essen anstehen – per se entwürdigend. Wenn es dann auch noch schlecht ist – ein absoluter Urlaubsabturner.

Anstehen ist angesagt, aber nicht für elegant kombinierte oder hübsch angerichtete Teller, wie es bei diesem Niveau üblich sein sollte. Hier bilden sich lange Schlangen, wenn es Convenience-Kroketten gibt oder Fischstäbchen, die aussehen, schmecken und riechen wie vom Discounter. Da würde sich selbst Captain Iglu im Seemannsgrab umdrehen.

Ansonsten gibt es die Dreifaltigkeit der Kantinenküchen: Asiatische Currys mit Reis, Salate, Desserts. Und Standardgerichte, die sich ständig wiederholen. Das geschieht hier aber nicht im wöchentlichen – oder zweiwöchentlichen Rhythmus wie in ebendiesen Kantinen – sondern ganz frech und deutlich, manchmal täglich zweimal.

Tütensoßen statt Glamour

Beim Mittag- und Abendessen stehen Bouletten, Landwürstchen und Frühlingsrollen dreimal hintereinander an der gleichen Stelle – sieht so Abwechslung aus? Oder Regionalität? Die Hashbrowns vom Frühstück gibt es am Mittag als Kartoffelrösti mit Räucherlachs – Herrgott, wer erlaubt sich denn so offensichtliche Dopplungen?

Eine Woche trockenes Fleisch, hier vom Schwein.

Eine Woche trockenes Fleisch, hier vom Schwein.

(Foto: A. Oetker)

Als Soßen gibt es an fünf von sieben Abenden eine dunkle Bratensauce und eine helle Rahmsauce – beide so klar und eindeutig Convenience-Produkte, dass es für gelernte Köche schon eine Bankrotterklärung ist. Sowas ist in einem All-Inclusive-Hotel für fünfzig Euro die Nacht noch akzeptabel – aber hier? Wo Glamour versprochen und Tütensoßen serviert werden? Auch die Desserts sind lieblose und geschmacksneutrale Törtchen, die stets mehrmals hintereinander serviert werden.

Von Frische und Exzellenz sind all diese Dinge so weit entfernt wie Zypern von Alaska. Jeder Garnele, die hier serviert wird, entströmt klar erkennbar der süß-fischige Geruch von Tiefkühlware. In einer Woche gab es hier zweimal frischen Fisch: Einmal war es ein armer, riesiger Zackenbarsch, der mit irgendwelchen Tiefkühlgemüsen auf dem Buffet stand und von den Gästen dermaßen zerpflückt wurde, dass es schon an Leichenfledderei grenzte. Am zypriotischen Abend gab es dann gottlob leidlich leckere Doraden, der offensichtlich einheimische Koch hatte ein Einsehen und wollte diese wunderbaren Fische zu ihrem Recht kommen lassen. Ein glücklicher Einzelfall.

Die armen Tiere!

Ich habe in dieser ganzen Woche im Robinson Cyprus übrigens kein einziges Stück Fleisch serviert bekommen, das nicht dermaßen übergart und trocken gebraten wurde, dass ich mich frage, wie viele Tiere hier jedes Jahr umsonst sterben – für einen solchen Fraß.

Noch ein Wort zu den Mitarbeitern: Sie sind alle ganz nett, daran liegt es gar nicht. Aber man sieht ihnen an, dass die Freude an der Arbeit schon lange auf der Strecke geblieben ist. Bei manchen führt das sogar zu sehr fragwürdigen Fehlleistungen: Beim Koch an der „Show-Cooking-Station“ etwa, der sich mit dem Küchentuch erst die schwitzende Glatze abwischt, um dann tatsächlich mit demselben Tuch etwas Erdnusssoße von einem Teller zu wischen, den er gerade servieren wollte.

Roby - in (zweiminütiger) Aktion.

Roby – in (zweiminütiger) Aktion.

(Foto: A. Oetker)

Das ist schon jenseits aller Grenzwertigkeit, genau wie der Koch am „Foodcourt-Abend“, der während der Zubereitung der Hamburger-Brötchen erstmal selbst herzhaft in einen Burger beißt und währenddessen einfach weiterarbeitet. Christian Rach würde diesen Laden schon längst zugesperrt haben.

Die armen Touristen!

All das macht sehr klar: Hier stimmt gar nichts. Weder in Sachen Motivation noch bei der Anleitung. Und wie so oft stinkt der Fisch vom Kopf: Wenn so ein Club schlecht läuft, ist das – wie beim Fußball – allzuoft der Fehler des Trainers – vulgo: Der Chefs im Laden. Der Chefkoch in Zypern heißt Tim Hoffmeyer, ein Mann, der sehr gerne an der Bar steht und eine Kippe nach der anderen raucht, manchmal hat er vorher auch noch was gegrillt. Bevorzugt macht er das an den Themenabenden, wenn er den Gästen ihr durchgegartes Stück „Entrecôte“, das in seiner sehnigen Dicke von einem knappen Zentimeter nicht mal ein lächerliches Rumpsteak ist, mit dem Zuruf „Hier, Schatzi“ überreicht.

Übertrumpft wird das gerade noch vom General Manager des Ladens, Walter Kril, ein Mann, der in einer Mischung aus Hybris und Schmierigkeit nicht einmal davor zurückscheut, sich am Galaabend von einem armen Angestellten auf einem Floß stehend durch den Pool schieben zu lassen, um dann mit großer Geste eine überaus nichtssagende Rede zu halten. Und die Mitarbeiter stehen daneben und sollen irgendwie dazu tanzen, aber ihre Gesichter sagen alles.

Diese Antriebs- und Lustlosigkeit überträgt sich sogar auf das Clubmaskottchen, das dreimal täglich für jeweils zwei homöopathisch dosierte Minuten auftaucht, um den Roby-Tanz aufzuführen. Klar, es ist warm im Kostüm, aber im Club in Portugal schafft er es ja immerhin für eine ganze Viertelstunde. Hier scheint es, Roby ist längst in Altersteilzeit – nun gut, vielleicht ist er auch einfach nur energielos – wie sollte es auch anders sein, wenn er seit Jahren dieses Zeug essen muss?

Sie lesen: Ich klinge sauer. Und ich bin es auch. Weil hier Urlauber auf ganzer Linie vergackeiert werden. Weil ihr Sommerurlaub spätestens am Buffet einen herben Dämpfer erleidet. Und weil der Gast von Anfang bis Ende das Gefühl hat, dass ihm hier noch der letzte Euro aus der Tasche geschnurpselt werden soll.