Niedersachsen führt eine Preisbremse für ländlichen Grund und Boden ein. Dazu hat Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) ein „Agrarstrukturgesetz“ vorgelegt. Ziel sei es, aktiven bäuerlichen Betrieben den Zugang zu Acker- und Grünland zu erleichtern. Spekulationen mit Grund und Boden sollen eingedämmt, Flächenkäufen durch Investoren außerhalb der Agrarbranche entgegengewirkt werden.
Ackerland als Spekulationsobjekt
„Ackerland ist in den letzten Jahren zu einem Spekulationsobjekt geworden“, sagte Staudte (Grüne) am Mittwoch in Hannover. Viele landwirtschaftliche Betriebe könnten bei Pacht- und Kaufpreisen nicht mehr mithalten. So sei der Pachtpreis bei Ackerland von 2010 bis 2023 von durchschnittlich 351 auf 643 Euro pro Hektar gestiegen. Explodiert seien auch die Kaufpreise für Ackerland: von 20.434 (2010) auf 65.717 Euro je Hektar (2023). Berufseinsteiger könnten diese Kosten in ihrem Berufsleben nicht refinanzieren, so Staudte weiter.
Lesen Sie auch: Ohne Pflug und ohne Bewässerung: Wie ein Bauer aus Tecklenburg der Dürre trotzt
Das Gesetz soll dazu beitragen, den rasanten Preisanstieg zu dämpfen. Die 51 sogenannten Grundstücksverkehrsausschüsse bei den Landkreisen und Großstädten sollen nach dem Entwurf mehr Befugnisse erhalten. Sie können künftig Kauf- oder Pachtverträge untersagen, wenn die Preise mehr als 50 Prozent über dem regionalen Durchschnitt liegen.
Die Behörden können zudem eingreifen, wenn es zu einer „nachteiligen Flächenanhäufung“ kommen würde. Dafür sind Grenzen definiert: im Pachtverkehr das Vierfache der durchschnittlichen Betriebsgröße von 73 Hektar, beim Kauf das Achtfache für Einzelbetriebe und das Zehnfache für Personengesellschaften. Die Landkreise müssen den Verkauf von Flächen künftig auf ihren Online-Portalen öffentlich machen.
Flächen sollen innerhalb der Agrarbranche gekauft werden
Eingriffe plant das Land auch bei sogenannten „Share Deals“: also wenn Anteile an Gesellschaften mit Grundbesitz verkauft werden. Für die Genehmigung ist künftig das Agrarministerium in Hannover zuständig. Verstöße gegen die sogenannte Anzeigepflicht könnten mit Bußgeldern bis zu einer Million Euro geahndet werden.
Rund 2,6 Millionen Hektar Fläche werden in Niedersachsen landwirtschaftlich genutzt.
Foto: dpa/ Jan Woitas
Icon MaximizeIcon Lightbox Maximize
SchliessenX ZeichenKleines Zeichen welches ein X symbolisiert
Scharf kritisierte Staudte Unternehmen außerhalb der Agrarbranche, die begehrte Ackerflächen aufkaufen würden. So wollte die „SAG Agrargesellschaft“, die zu einer Tochtergesellschaft der Sparkasse Hildesheim-Goslar-Peine gehört, eine Fläche von 30.000 Hektar erwerben. Der Grundstücksverkehrsausschuss untersagte den Kauf und bekam vorm Amtsgericht Wennigsen (Region Hannover) Recht.
Kritik vom Landvolk Niedersachsen
Das Landvolk Niedersachsen kritisierte Staudtes Gesetzentwurf. Vizepräsident Frank Kohlenberg sprach von einem „Agrarstrukturverschlimmerungsgesetz“. Es würde dazu führen, dass weitere Flächen aus der landwirtschaftlichen Produktion fallen und die Bürokratie zunehme. Staudte widersprach auf Anfrage unserer Redaktion.
Auch interessant: Gülle unter Kontrolle? Niedersachsen veröffentlicht neuen Nährstoffbericht
Die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft dagegen begrüßte den Entwurf als „tragfähigen Kompromiss“. Zustimmung kam aus der rot-grünen Koalition: „Landwirtschaft ist kein Monopoly, deshalb braucht es klare Regeln für den Flächenmarkt“, so Grünen-Agrarexperte Pascal Leddin. Nach Ansicht von Karin Logemann (SPD) aus Berne (Weserwarsch) geht das Gesetz „ein großes Problem unserer Landwirtschaft“ an.
CDU argumentiert gegen den Entwurf
Die CDU-Opposition im Landtag lehnt den Entwurf ab. Die geplanten umfangreichen Anzeige- und Nachweispflichten sowie die zusätzlichen Prüfungen von Betriebsgrößen und Pachtpreisen würden den Verwaltungsaufwand massiv erhöhen, ohne tatsächliche Steuerungseffekte zu erzielen, sagte der Landtagsabgeordnete Marco Mohrmann (CDU). Statt Bürokratieabbau und mehr Handlungsspielraum für die Betriebe setzt das Gesetz auf verschärfte Eingriffe und weitere Kontrollen.
Weiterlesen: Niedersachsens Wirtschaftsminister Tonne: „Jetzt muss sich der Bund bewegen“