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In Israel kam es zu Großdemonstrationen, auch vor Netanjahus Wohnhaus. Der Ministerpräsident äußert extreme Kritik, Geisel-Familien reagieren.

Jerusalem – Zehntausende Israelis haben in Jerusalem ein Ende des Gaza-Krieges und die Freilassung der Geiseln gefordert. Nach Protesten vor dem Wohnhaus des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu spitzt sich die Lage zu. Netanjahus Vorwürfe an die Demonstranten nach den Protesten am Mittwochabend (3. September) sorgen für Empörung.

Vor dem Gaza-Krieg: Die Geschichte des Israel-Palästina-Konflikts in Bildern Israelische Soldaten 2006, Geschichte des Krieges in IsraelFotostrecke ansehen

Premierminister Benjamin Netanjahu reagierte scharf auf die Proteste. Er warf den Demonstrierenden laut der dpa in einer Stellungnahme vor, ihm „täglich mit dem Tod“ zu drohen und Straßen zu blockieren. „Ihr redet und handelt wie Faschisten“, sagte Netanjahu. Die Polizei kritisierte er, weil sie aus seiner Sicht keine Ordnung hergestellt und so eine Eskalation zugelassen habe.

Nach Brand bei Protesten in Israel: Auto-Besitzer kritisiert Politisierung des Unfalls

Hintergrund war laut der israelischen Zeitung Haaretz ein Auto, das durch von Protestierenden angezündete Mülltonnen in Flammen geriet. Netanjahu gab an, dass es sich bei dem Besitzer des Autos um einen Reservekapitän in Israels Armee, der im Jahr 2025 bereits 260 Tage in Gaza und im Libanon gedient hätte, handeln soll.

Yoav Bar Yishai, der besagte Reservekapitän, zeigte sich laut der Times of Israel im Gespräch mit Channel 12 gelassen. Trotz des ausgebrannten Autos sei er „auf niemanden böse“. „Sie haben das Auto nicht absichtlich in Brand gesetzt“, sagt er weiter. „Es war ein Akt der Dummheit“, sagt er. „Jeder macht dumme Sachen, und das sollte nicht zu einer politischen Sache aufgebauscht werden.“

Demonstration in Israel für die Freilassung der verbleibenden Geiseln aus Israel im Gazastreifen.Großdemonstration in Jerusalem: Zehntausende waren am Mittwoch auf den Straßen. © IMAGO/Saeed Qaq„Es ist ein Verbrechen“ – Geisel-Familien in Israel klagen unerträgliche Situation an

Anat Angrest, Mutter des am 7. Oktober 2023 entführten Soldaten Matan Angrest, entgegnete, „dass unsere Lieben nicht von einer Armee von Leibwächtern aus der Staatskasse beschützt werden. Stattdessen sind sie von einer Armee von Terroristen umgeben, und sie werden nicht gerettet.“ Sie warf der Regierung Verrat an den eigenen Soldaten vor: „In dieser Woche haben wir den 900. Soldaten begraben. Jetzt geht es weiter mit Reservisten, die zu ihrem dritten und vierten Einsatz gerufen werden, um in Gaza zu kämpfen, über dem Kopf meines Sohnes.“

Auch Vicky Cohen, deren Sohn Nimrod Cohen am 7. Oktober verschleppt wurde, sprach von einem schweren Versagen der Regierung: „Es ist ein Verbrechen, was sie uns antun“. Die Lage sei „unerträglich“. Bei der Kundgebung forderte sie Netanjahu auf, nicht länger zu behaupten, er stehe auf der Seite der Geiseln: „Wenn Sie es wirklich wären, wenn es Ihnen etwas bedeutete, wäre mein Sohn zu Hause.“

Protestgruppe meint: Netanjahu hat „Grenze überschritten“ – Opposition kritisiert Ultimatum der Israel-Regierung

Die Protestgruppe „Brothers in Arms“ erklärte laut der Haaretz, Netanjahu habe „die Grenze überschritten und hetzt gegen die Familien der Geiseln“. Der Ministerpräsident „rollt weiterhin mit den Augen und stellt sich selbst als Opfer dar, während die wahren Opfer in den Tunneln in Gaza sind“, hieß es weiter. Mehrere oppositionelle Politiker betonten, Netanjahu sei der „am meisten beschützten Mann im Nahen Osten“ .

Bereits am Morgen hatten Demonstranten in Jerusalem gegen die geplante Offensive in der Stadt Gaza und die erneute Einberufung von zehntausenden Reservisten protestiert. Dabei kam es auch zu Straßenblockaden. Aktuell droht Israel im Krieg der islamistischen Terrororganisation Hamas mit einem Ultimatum: Entweder es kommt zu einem Abkommen nach Israels Bedingungen, oder die Stadt Gaza würde zerstört.

Die Hamas hatte sich in einer Mitteilung zu einem „umfassenden Abkommen“ bereiterklärt, inklusive einer Reihe von Bedingungen. Israels Verteidigungsministerium als „leere Worte“ ab. Israels Oppositionsführer Jair Lapid kritisierte auf der Onlineplattform X das Ultimatum von Israels Regierung. Sie sei verpflichtet, „unverzüglich an den Verhandlungstisch zurückzukehren“. (lismah/dpa)