Leipzig. Fünf Monate ist es nun schon her, dass eine Nachricht Beschäftigte und eine Reihe von Nahverkehrsunternehmen unter Schock setzte: Der Straßenbahnbauer Heiterblick ist insolvent. Nach LVZ-Informationen gab es in den vergangenen Monaten unzählige Krisengespräche zwischen Gläubigern, Landespolitik und potenziellen Investoren – in den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob sie Erfolg haben.

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Die Ausgangslage:

Heiterblick galt lange als Vorzeigeunternehmen: eine erfolgreiche Ausgründung der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), ein Industrieunternehmen mit einem qualitativ hochwertigen Produkt, das die Verkehrswende voranbringt. Doch dann kamen Corona und der Ukrainekrieg. Trotz voller Auftragsbücher rutschte das Unternehmen in die Insolvenz. Erst in Eigenregie, ab Frühsommer in ein reguläres Insolvenzverfahren.

Die Folgen:

Auftraggeber und Gewerkschaften waren alarmiert. Immerhin geht es um 250 Industriearbeitsplätze und die Auslieferung neuer Bahnen – an der die unmittelbare Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs unter anderem in Leipzig hängt. Kommen sie nicht, verlieren die LVB zwar kein Geld – denn der Auftrag ist durch Bankbürgschaften abgesichert – aber er müsste komplett neu ausgeschrieben werden. Insider rechnen mit bis zu fünf Jahren Verzögerung, bis andere Bahnen kommen würden. Die alten müssten bis dahin teuer instand gehalten werden.

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Die Probleme:

Zunächst sah es gut aus für Heiterblick. Denn die Auftragsbücher sind voll. Man müsse, so schien es, nur einen Investor finden, dann gehe es schon weiter. Im Hintergrund trafen sich Auftraggeber, Banken und Heiterblick-Vertreter. Doch im Juli die Hiobsbotschaft: Zulieferer Alstom stoppte die Produktion von Wagenkästen für die Straßenbahnen.

Es ist ein weiteres Puzzlestück zur Rettung von Heiterblick. Wo kommen künftig die Wagenkästen her? Aus dem Alstomwerk in Görlitz wohl eher nicht. Dort soll bald der Rüstungskonzern KNDS übernehmen und voraussichtlich Panzerteile bauen. Auf LVZ-Anfrage kam in den vergangenen Wochen immer die gleiche Nachricht: „Laut Vertrag liefert Alstom die Wagenkästen für 25 Straßenbahnen für die Stadt Leipzig.“ Die Produktion sei gestoppt. Doch hinter vorgehaltener Hand berichteten mehrere mit der Sache vertraute Personen nun, dass die entsprechenden Maschinen im Görlitzer Werk längst abgebaut seien.

Offenbar gibt es noch andere Firmen, die die Wagenkästen für Heiterblick bauen können – doch einfacher macht es die Lage für das Unternehmen nicht.

Heiterblick selbst äußert sich dazu nicht direkt. Ein Sprecher sagt aber: „Wenn Vorlieferanten ausfallen, werden sie durch andere Anbieter oder durch verstärkte Eigenarbeit ersetzt. Auch sind wir mit allen Kunden im Gespräch, um die vorhandenen Aufträge möglichst zügig ausliefern zu können.“

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Die möglichen Investoren:

Ende September trifft sich die Gläubigerversammlung. Bis dahin soll informierten Kreisen zufolge ein Investoren-Deal stehen. An dem Einstieg eines solchen Investors hängt letztlich Heiterblicks Zukunft. Nach LVZ-Informationen hatten zwischenzeitlich eine hohe einstellige Zahl an Unternehmen Interesse an einem Einstieg bekundet.

Das Unternehmen selbst ist optimistisch: Man habe eine Reihe von Interessenbekundungen potenzieller Investoren erhalten, heißt es. „Der Auswahlprozess läuft noch und soll in den kommenden Wochen abgeschlossen werden. Das Unternehmen ist mit den potenziellen Investoren im Gespräch“, sagte ein Sprecher. Man strebe eine zügige Entscheidung an, „aber eine feste Deadline für die Entscheidung gibt es nicht.“

Bei Heiterblick, so versichert man es, gingen die operativen Arbeiten weiter, auch wenn viele Mitarbeitende noch in Kurzarbeit seien. Auch die LVB sehen weiterhin Chancen, „dass es für die Heiterblick GmbH durch den Einstieg neuer Investoren eine Zukunft gibt und damit der Bau neuer Straßenbahnen für Leipzig, wenn auch verzögert, erfolgen kann.“ Im Hintergrund wird weiter an Heiterblicks Zukunft gebastelt – in wenigen Wochen ist klar, ob das Erfolg hatte.

LVZ