Blues mit Verkäufen statt Leihen 

Wertvollste Loan Armys: Bayer 04 & RB Leipzig knacken 100-Millionen-Marke

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Der FC Chelsea wird seit rund 15 Jahren mit dem Begriff der „Loan Army“ in Verbindung gebracht: Neben dem eigenen Kader einen großen Pool an talentierten Spielern zusammenstellen, diesen sich bei anderen Vereinen entwickeln lassen und dann entweder selbst integrieren oder gewinnbringend abgeben. Bis ins vergangene Jahr stellten die Blues in der Regel die Leihspieler mit dem höchsten gemeinsamen Marktwert, nicht so aber in 2025/26. Lieblings-Transferpartner Brighton & Hove Albion hat 13 Spieler im Wert von 143,3 Millionen Euro verliehen und damit offiziell die wertvollste Loan Army der Welt. Unter den Top-Verleihern stehen aber auch Bayer Leverkusen und RB Leipzig.

Mit Evan Ferguson (20, AS Rom), Matt O’Riley (24, Marseille), Igor Julio (27, West Ham) und Facundo Buonanotte (20), der am Deadline Day ausgerechnet zu Chelsea ging, haben die Seagulls gleich vier Profis mit einem Marktwert von mindestens 20 Mio. Euro unter Vertrag, die diese Saison bei einem andere Verein verbringen. Das im Juli aus der südkoreanischen Heimat gekommene Sturmtalent Do-young Yoon (18, Exelsior Rotterdam) hat dabei mit 800.000 Euro den geringsten Marktwert.

Auffällig: Im Gegensatz zu Chelsea, das mit drei Spielern an RC Straßburg Alsace (Mamadou Sarr, Mike Penders, Kendry Páez) die maximal zulässige Anzahl an Spielern an einen Verein verliehen hat, spielt diese Saison keiner von Brightons Leihgaben bei einem Partnerklub. Auch die Blues haben weiterhin Spieler im Gesamtwert von über 100 Mio. Euro verliehen. Das liegt aber vor allem am Last-Minute-Abgang von Nicolas Jackson (24) zum FC Bayern München, der 50 Mio. der insgesamt 116 Mio. Euro Marktwert ausmacht. Er ist gleichzeitig 2025/26 der wertvollste Leihspieler weltweit.

FFP- und FIFA-Regeln: Warum Chelsea verkauft statt verleiht

Dass Chelsea in diesem Jahr nicht in erster Linie auf Leihen setzt, sondern viele Spieler verkauft hat, dürfte zwei Gründe haben: Zum einen stehen die Londoner nach Transferausgaben von rund 1,7 Milliarden Euro seit der Übernahme der BlueCo und Todd Boehly unter Beobachtung des Financial Fairplay. Die UEFA ist mit Chelsea ein sogenanntes „Settlement Agreement“ eingegangen, laut dem neben Strafzahlungen für Verstöße gegen die Finanznachhaltigkeitsregeln auch die Bedingung vorherrscht, das Defizit im Fußballgeschäft im entsprechenden Geschäftsjahr möglichst gering zu halten oder besser schwarze Zahlen zu schreiben. Diese Einigung gilt bis Ende der Saison 2028/29.

Zum anderen dürfen laut den 2022 getroffenen Leihregularien der FIFA nicht nur nicht mehr als drei Spieler an denselben Klub verliehen werden, sondern auch maximal sechs Spieler überhaupt. Ausgenommen von letzterer Regel sind alle Spieler bis 21 Jahre und jene, die im eigenen Verein ausgebildet wurden. Während Páez, Sarr und Penders also gar nicht unter die Regel fallen, hat Chelsea gut daran getan, neben Jackson weitere Leihtransfers zu verhindern und stattdessen Spieler über 21 Jahre zu verkaufen. So geschehen bei etwa bei Christopher Nkunku (27, AC Milan), den die Bayern auch ausleihen wollten, João Félix (25, Al-Nassr) oder Noni Madueke (23, Arsenal). Und für Jackson gibt es neben der Bundesliga-Rekordleihgebühr von 16,5 Mio. Euro eine Kaufoption über 65 Mio., die bei bestimmten sportlichen Parametern zur Pflicht wird. Mit 332,25 Mio. Euro liegen die Transfereinnahmen für 22 abgegebene Spieler knapp über den 328,15 Mio. Euro für die Zugänge um João Pedro (23) und Jamie Gittens (21).

Bayer Leverkusen und RB Leipzig verleihen Top-Spieler Last-Minute

Neben Brighton und Chelsea haben fünf weitere Klubs Spieler mit einem Gesamtwert von über 100 Mio. Euro verliehen: Manchester City (7 Spieler mit 129 Mio. Euro), Manchester United (7 Spieler mit 123,8 Mio. Euro), RB Leipzig (9 Spieler mit 107,2 Mio. Euro), Bayer 04 Leverkusen (9 Spieler mit 104,8 Mio. Euro) und die AC Milan (12 Spieler mit 113,7 Mio. Euro). Die beiden Bundesligisten haben diese Marke durch die Last-Minute-Abgänge von Loïs Openda (25, mit Kaufpflicht zu Juventus) und Victor Boniface (24, zu Werder Bremen) sowie Piero Hincapié (23, mit Kaufpflicht zu Arsenal) erreicht. Leipzig haben sogar alle vier Leihspieler mit hohem Marktwert – neben Openda noch Arthur Vermeeren (20, Marseille), Lutsharel Geertruida (25, Sunderland) und Eljif Elmas (25, Neapel) – erst am Deadline Day verlassen.

Die meisten derzeit verliehenen Spieler haben derweil die AC Florenz und die Argentinos Juniors mit je 25 bei 59,9 Mio. bzw. 15,9 Mio. Euro Gesamtmarktwert. Das ist nach FIFA-Regeln möglich, da in beiden Fällen nicht mehr als sechs Spieler über 21 Jahre alt sowie nicht vom Verein ausgebildet sind. Neun weitere Teams haben ebenfalls 20 Leihspieler oder mehr: Alle aus Italien oder Argentinien. In der Serie A ist eine große Anzahl verliehener Spieler bei den Klubs seit Jahren Usus, weil es bis vor wenigen Jahren keine Reserve-Teams gab, die Spieler direkt aus der U19 ins Profigeschäft kamen und die unterklassigen Vereine oftmals keine Budgets haben, diese fest zu verpflichten. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass die Teams, die mittlerweile in der 3. Liga und 4. Liga gemeldete 2. Mannschaften haben – AC Milan, Juventus, Inter Mailand und Atalanta – mit zwölf bis sechs Leihspielern weit unter dem Durchschnitt ihrer Ligarivalen stehen.

Auf einen Blick: Klubs mit meisten verliehenen Profis / meiste geliehene Spieler