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Die Zollfahndung deckt ein Münchner Dopinglabor auf – es ist der größte Fund seit Jahren. Ein Urteil steht noch aus.
München – Sebastian A. (44) ist keineswegs ein Muskelprotz. Der Angeklagte im größten Dopingprozess der letzten fünf Jahre sitzt eher unauffällig und klein hinter der Anklagebank des Landgerichts München. Trotzdem hat er ein Labor betrieben, mit dem man das ganze Bundesgebiet hätte versorgen können: 180 verschiedene Rohstoffe zur Herstellung von Muskel-Aufbaumitteln wurden bei dem Münchner im August 2024 in seiner Wohnung an der Forstenrieder Allee gefunden.
Hier an der Forstenrieder Allee mixte Sebastian A. den Stoff. © Sigi Jantz
Staatsanwältin Franciska Dendl las die Liste ohne mit der Wimper zu zucken über fast eine Stunde lang vor, man hörte Begriffe wie Testosteron, Clenbuterol, Oxymetholon und viele mehr. Viele Substanzen waren bereits zu verkaufsfertigen Präparaten verarbeitet. A. – eigentlich gelernter Dreher und Fräser – habe damit ganz Deutschland versorgen wollen, „um sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen.“
Fahndung nach Routineüberprüfung
Dass A. geschnappt wurde, ist der Zollfahndung München zu verdanken. Diese spürt routinemäßig Empfänger von Päckchen auf, die am Flughafen auffallen und in denen sich nach näherer Untersuchung, zum Beispiel durch Röntgentests und Probeentnahmen, illegale Substanzen finden. „Dieses Labor ist in Größe und Umfang der sichergestellten Präparate und Grundstoffe außergewöhnlich“, sagt Sprecher Christian Schüttenkopf von der Zollfahndung. „Außerdem ist es das erste Untergrundlabor in München.“
Testosteron in Fläschchen ähnlich wie diesen sollen aus A.s Labor. gekommen sein. © dpa/Frank Rumpenhorst
Das Verfahren sei am Landgericht angesetzt, „weil die Strafmaßerwartung der Staatsanwaltschaft groß ist“, sagt Christina Keil, Verteidigerin von Sebastian A.. „Es geht hier um eine jahrelange Gefängnisstrafe.“ Gleich nach Verlesung der Anklageschrift bat Keil deshalb um ein Rechtsgespräch – das heißt, die 3. Strafkammer unter dem Vorsitz von Susanne Blaschke, die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung verhandelten hinter verschlossenen Türen über Geständnis, Nennung von mögliche Hintermännern sowie das Strafmaß.. Das Ergebnis nach eineinhalb Stunden: „Wir haben keine Einigung in Sicht“, so Rechtsanwältin Christina Keil. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt und dauert bis 21. Oktober.
Hunderttausende Dopingtabletten
Im Vergangenen Jahr hat das Zollfahndungsamt München 142 Ermittlungsverfahren zu Arznei- und Dopingmitteln geführt. Dabei wurden unter anderem 240 189 Tabletten und 32 Liter fertige Dopingmittel sichergestellt.