Großer Bahnhof für einen der weltweit renommiertesten zeitgenössischen Künstler. Im Museum Folkwang ist die Ausstellung „Listen To The Echo“ im Beisein des Südafrikaners William Kentridge eröffnet worden. Die große Retrospektive anlässlich seines 70. Geburtstags hat schon im Vorfeld für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Nicht nur bei NRW-Kulturministerin Ina Brandes, die nach der Verleihung des renommierten Folkwang-Preises an Kentridge im Vorjahr nun auch mit großen Erwartungen zur Ausstellungseröffnung nach Essen gekommen war.

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Diese seien „mehr als übertroffen“ worden, lobte die Ministerin nach einem ersten Rundgang durch die aufwendig gestalteten Ausstellungsräume mit den großformatigen Gemälden, den Zeichnungen, Grafiken, Wandteppichen, Skulpturen und Multimedia-Arbeiten.

Das NRW-Kultusministerium gehört zu den Förderern der aufwendigen Schau wie weitere Sponsoren von der Sparkasse Essen bis zur RAG Stiftung. So war die Liste der Festredner am Eröffnungsabend lang. Freilich nicht ganz so lang, wie der Festumzug, den die Stadt Dresden zum Start der parallel laufenden Kentridge-Schau ausrichtete. Die Staatlichen Kunstsammlung sind der zweite Schauplatz des großangelegten Gemeinschaftsprojekts, das die interdisziplinäre Arbeitsweise des Zeichners, Trickfilmers, Künstlers und Regisseurs Kentridge aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.

In der Ausstellung können sich Besucher auf Bänken in die Arbeit des südafrikanischen Universalkünstlers William Kentridge vertiefen.

In der Ausstellung können sich Besucher auf Bänken in die Arbeit des südafrikanischen Universalkünstlers William Kentridge vertiefen.
© FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Es gibt wenige Künstler, die die Folkwang-Idee so sehr verkörpern wie William Kentridge“, freut sich denn auch Folkwang-Direktor Peter Gorschlüter. Der Südafrikaner verbindet mit den Ausstellungen schließlich nicht nur Ost und West, schafft Bezüge zwischen verschiedenen Zeitebenen und verquickt Themen grenzübergreifend. In Essen stiftet Kentridge auch noch institutsübergreifende Kooperationen. So werden die Essener Philharmoniker in ihrem 2. Sinfoniekonzert am 25./26. September den von Kentridge 2022 geschaffenen Film „Oh To Believe in Another World“ zur Musik von Schostakowitsch als multimediale Konzertereignis erstmals in Deutschland aufführen.

Die mit dunklem Kork ausgekleideten Wände erinnern an den Bergbau in Essen

In Essen sorgt der Bergbau zudem für einen besonderen Bezug zwischen dem Ruhrgebiet und Kentridges südafrikanischer Heimatstadt Johannesburg mit ihren Minen, Fabriken und ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen. Im Museum Folkwang nehmen dunkle, mit schwarzbraunem Kork ausgekleidete Wände die Bergbaubeziehung auf. Sie sind stimmiger Hintergrund für die großformatigen Kohlezeichnungen, die Kentridge durch ständiges Ausradieren und Übermalen zum Material seiner kurzen Animationsfilme macht, in denen hintergründiger Humor und historische Aufarbeitung, analoge Zeichenkunst und technische Experimentierlust, poetische und politische Haltung Hand in Hand gehen. Ein Gesamtkunstwerk aus Bild, Text und Ton.

William Kentridge im Museum Folkwang vor einer Galerie von Politiker-Porträts.

William Kentridge im Museum Folkwang vor einer Galerie von Politiker-Porträts.
© Rolf Schraa/dpa | Rolf Schraa

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Kolonialismus und Rassismus und der Einsatz für Menschenrechte und Menschenwürde kennzeichnet schließlich seit langem das Werk von Kentridge, dessen mittlerweile 103-jähriger Vater Sydney zum Team weißer Anwälte gehörte, die in den 1950er und 1960er Jahren die schwarzen Widerstandskämpfer um Nelson Mandela verteidigten.

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Und auch wenn der menschenfreundliche Kentridge das Megaphon in seinen Arbeiten (und in der Ausstellung) zum immer wieder auftauchenden Motiv macht, ist der 70-jährige Universalkünstler dabei kein politischer Lautsprecher. Im musealen Echoraum aber können seine Botschaft ihre Wirkung nicht verfehlen.

Die Ausstellung läuft bis zum 18. Januar, di-so 10 bis 18 Uhr, do u. fr 10 bis 20 Uhr. Eintritt: 14/erm. 8 Euro.