Chinesische E‑Autos verkaufen sich nicht – und schaffen kaum Jobs. Europas Reaktion? Symbolpolitik.

Der politische Reflex ist klar: Chinas Elektroautos drängen auf den europäischen Markt, also müssen wir Zölle erheben, Märkte abschotten, Industriepolitik simulieren. Doch was ist an dieser Erzählung eigentlich dran? Die nüchterne Antwort: Weniger, als viele hoffen – und das ist genau das Problem.

Während chinesische Marken in Asien und zunehmend in Schwellenländern Marktanteile gewinnen, bleiben sie in Europa und Nordamerika nahezu unsichtbar. In Deutschland etwa liegt der Marktanteil chinesischer Automarken im Jahr 2024 bei unter 1,5 % – und das trotz massivem Preisdruck und milliardenschwerer Subventionen aufseiten der Hersteller. In den USA ist der Markt faktisch verschlossen – nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern politischem Kalkül: Strafzölle von 100 %, Sicherheitsbedenken, Angst vor Spionage und der „Buy American Act“ erledigen den Rest.

Auch in Europa sind die Zölle seit Juli 2024 gestiegen – bis zu 37,6 % auf einzelne Hersteller wie SAIC, BYD und Geely. Doch damit wird das eigentliche Problem nur kaschiert: Die Nachfrage ist schlicht nicht da.

Die Absatzillusion – und das Jobversprechen

Marken wie BYD oder Chery geben sich nach außen investitionsfreudig. Die BYD‑Fabrik im ungarischen Szeged etwa soll bis zu 10.000 Arbeitsplätze schaffen. In Budapest entsteht ein europäisches Zentrum mit weiteren 2.000 Stellen – Forschung, Vertrieb, Administration. Ein Werk für Busse und Lkw in Komárom wurde ebenfalls erweitert, 620 neue Stellen sollen dort entstehen.

Klingt beeindruckend. Ist es aber nicht. Denn bei genauerem Hinsehen entpuppen sich viele dieser Jobs als Montage‑Posten mit minimaler lokaler Wertschöpfung. Batterien, Software, Entwicklung – alles bleibt in China. Kein Netz europäischer Zulieferer, keine technologische Integration, kaum Transfer. Es sind Jobs auf Zeit, austauschbar, mobil.

Und vor allem: Sie stehen in keinem Verhältnis zur europäischen Realität.

Die europäische Industrie: Gigant mit Rückenschmerzen

Die europäische Autoindustrie ist noch immer ein industrieller Riese. Sie beschäftigt aktuell rund 13,8 Millionen Menschen (Stand: 2024), davon 2,6 Millionen direkt in der Fahrzeugproduktion. Allein in Deutschland hängen rund 800.000 Arbeitsplätze an der Branche. Über Jahre wurde dieser Sektor zu einem Rückgrat des europäischen Wohlstands – mit Hunderttausenden Arbeitsplätzen in Zulieferbetrieben, F&E, Handel und Logistik.

Doch die Transformation fordert ihren Preis: 2024 wurden allein im Zulieferbereich über 30.000 Stellen gestrichen – doppelt so viele wie 2023. Auch in den Zukunftsbereichen wie Batterieproduktion wurde mehr abgebaut (4.680 Stellen) als neu geschaffen (4.450). Die vielzitierte „Jobmaschine Elektromobilität“ stottert. Nicht wegen China – sondern wegen fehlender europäischer Industriepolitik.

Was bleibt: Symbolpolitik statt Strukturpolitik

Die Wahrheit ist unangenehm: Europas Antwort auf den chinesischen Wettbewerb ist nicht zukunftsgewandt, sondern rückwärtsgewandt. Statt eigene Innovationszyklen zu beschleunigen, klammert man sich an die Hoffnung, dass Zölle und regulatorische Barrieren Zeit verschaffen. Doch diese Zeit wird nicht genutzt. Weder in der Forschung, noch in der Batterieinfrastruktur, noch bei den mittelständischen Zulieferern, die besonders hart getroffen sind.

Chinesische Hersteller bringen keine industrielle Renaissance nach Europa, sondern bestenfalls Montagestrukturen mit PR‑Wert. Und sie verkaufen hier kaum Autos – nicht, weil ihre Produkte schlecht wären, sondern weil der Markt sie nicht will. Noch nicht.

Fazit: Europas Herausforderung liegt nicht in China

Wer sich auf Handelsbarrieren verlässt, hat den Wettbewerb bereits verloren. Die EU muss erkennen: Die Gefahr ist nicht das chinesische Auto – die Gefahr ist der europäische Stillstand. Während BYD global expandiert, plant Europa zu langsam, fördert zu halbherzig und verliert dabei genau jene industrielle Substanz, die einst seinen Wohlstand garantierte.