Roboter-Anlernplatz für die Ausbildung im Berufsschulzentrum für Elektrotechnik Dresden. Foto (bearbeitet, freigestellt): Heiko Weckbrodt
Auch Gymnasium soll bald englischsprachigen Unterricht anbieten
Dresden, 5. September 2025. Um attraktiver für internationale Fachkräfte zu werden und mit Blick auf die jüngsten Chipfabrik-Bauprojekte im „Silicon Saxony“ wollen Dresden und Sachsen künftig verstärkt englischsprachigen Schul-Unterricht auch jenseits der „Dresden International School“ sowie englische Berufsausbildungen in der Landeshauptstadt anbieten. Das haben Kultusminister Conrad Clemens (CDU) sowie der Dresdner Bildungsbürgermeister Jan Donhauser (CDU) angekündigt.
Kultusminister Clemens Conrad. Foto: Heiko Weckbrodt
Elektronik-Berufschulzentrum wird in Prohlis Mikroelektroniker von morgen auf Englisch ausbilden
So soll 2028, wenn das Dresdner Elektronik-Berufschulzentrum einen Neubau in Prohlis bezieht, dort eine englischsprachige Berufsausbildung für Mechatroniker starten, wie sie vor allem in Halbleiterwerken gebraucht werden. „Dies deutschlandweit ein einzigartiges Angebot“, betont Minister Clemens.
Internationale Klassen auch am Brecht-Gymnasium
Unterricht auf Englisch planen Stadt und Land zudem im Bertolt-Brecht-Gymnasium (BB) Dresden. „Im Rahmen des International Baccalaureate (IB) soll der Bildungsgang Middle Year Programme (MYP) angeboten werden, welcher zu einem internationalen mittleren Bildungsabschluss führt“, bestätigte Bildungsbürgermeister Donhauser auf Oiger-Anfrage. „Der Bildungsgang umfasst die Klassenstufen 6 bis 10, der Unterricht wird in englischer Sprache erteilt.“
Stamm- und Honorarlehrer sollen „MYP“-Klassen auf Englisch unterrichten
Starten soll das Ganze im Schuljahr 2026/2027 mit einem internationalen Bildungsgang in einer 5. Klasse, die ab Klassenstufe 6 von BB-Lehrern nach dem „MYP“-Konzept unterrichtet werden. Sollten das BB-Stammpersonal beziehungsweise abgeordnete Lehrkräfte anderer Schulen nicht ausreichen, sollen externe Lehrkräfte auf Honorarbasis die Lücken füllen. Das Brecht-Gymnasium hatte in der Vergangenheit bereits das „IB-Diploma“ im Rahmen des „International Baccalaureate“ angeboten, das zur internationalen Hochschulreife führt.
Fachkräftebedarf in Sachsens Mikroelektronik wächst – Sachsen allein kann ihn nicht decken
Hintergrund: Dresden gilt inzwischen als wichtigster Mikroelektronik-Standort in Europa und wächst weiter. Kürzlich erst hat Jenoptik eine neue Fabrik hier eröffnet, Infineon baut gerade sein viertes Fabrikmodul im Dresdner Norden, Globalfoundries plant einen milliardenschweren Ausbau seines Werkes, vor allem aber errichtet TSMC hier seine erste europäische Chipfabrik. Weitere Ansiedlungen taiwanesischer Technologieunternehmen sind so gut wie sicher. Diese Großinvestitionen sowie das organische Wachstum der Dresdner Halbleiterbranche werden wohl weiteren internationalen Zuzug von Ingenieuren, Techniker, Physikern und anderen Spezialisten aus auslösen. „Mit den vorhandenen und weiterhin geplanten Industrieansiedlungen im Dresdner Norden geht ein hoher Fachkräftebedarf einher“, ist Bürgermeister Donhauser überzeugt.
Internationale Privatschule baut bereits ihren Campus aus
Die „Dresden International School“ (DIS) baut deshalb bereits ihren Campus im Stadtzentrum aus. Doch das wird wohl nicht reichen: Einerseits wird ein Umzug zum Beispiel der Familien taiwanesischer Spezialisten auch daran hängen, ob Dresden genug Schul- und Ausbildungsplätze mit internationalem Profil aufbaut. Andererseits brauchen die Technologiebetriebe im Großraum Dresden auf Dauer weit mehr angehende Mikrotechnologen, Mechatroniker und andere Hightech-Azubis, um ihren Fachkräfte-Bedarf auch jenseits des Facharbeiter- und Akademiker-Zuzugs zu decken. Wegen des demografischen Wandels im Freistaat werden all diese Lehrstellen schwerlich allein mit jungen Sachsen zu füllen sein, was heißt: Die hiesigen Chipschmieden wollen verstärkt auch Jugendliche zum Beispiel aus Polen und Tschechien für eine Lehre in Dresden begeistern. Da es aber bekanntlich heißt: „Deutsche Sprache – schwere Sprache“ könnten englischsprachige Schulen und Berufsschulen diese Nachwuchs-Akquise im nahen Ausland erleichtern.
Schulbürgermeister Jan Donhauser. Foto: Diana Petters für die LHD
„Für ausländische Fachkräfte sind hervorragende Bildungsmöglichkeiten ein bedeutsamer Faktor für die Entscheidung, am Standort Dresden eine Tätigkeit aufzunehmen.“
Jan Donhauser, Bildungsbürgermeister in Dresden
„Den Arbeitsmarkt müssen zunehmend neben sächsischen Fachkräften auch solche aus der ganzen Bundesrepublik, aber auch aus dem Ausland bereichern“, argumentiert der Dresdner Bildungsbürgermeister. „Für ausländische Fachkräfte sind hervorragende Bildungsmöglichkeiten ein bedeutsamer Faktor für die Entscheidung, am Standort Dresden eine Tätigkeit aufzunehmen. Es soll daher neben dem Angebot für internationale Abschlüsse an der International School auch ein attraktives Angebot im öffentlichen Schulsystem etabliert werden.“ Und gerade die Erfahrungen der DIS zeigen: Solch Unterricht in Englisch und die darauf fußenden internationalen Schulabschlüsse sind nicht allein für zugewanderte Familien attraktiv, sondern auch für Dresdner Familien, die ihre Kinder auf eine Karriere im Ausland vorbereiten wollen.
Aufwendige Fachkräfte-Strategien in Dresden und Sachsen aufgelegt
Der DIS-Ausbau wie auch der geplante Gymnasialunterricht und die Lehrausbildung auf Englisch sind Teile der Fachkräfte-Strategien von Stadt und Land, um den Bedarf der wachsenden Technologie-Branchen im Freistaat, aber auch von Handwerk und anderen Kleinbetrieben zu decken. Dazu gehören auch der Neubau für das Elektronik-Berufsschulzentrum in Dresden-Prohlis, das geplante „Sächsische Ausbildungszentrum für Mikroelektronik“ (SAM), neue Verbindungsbüros von sächsischen Unis in ausgewählten Zielländern für die Studenten- und Fachkräfte-Akquise und dergleichen mehr.
Auch neue Lehrlingswohnheime geplant
Zudem sollen laut SPD-Angaben drei neue Lehrlingswohnheime mit insgesamt 465 Plätzen in Dresden entstehen. Eines davon ist ein Neubau in Prohlis konzipiert, damit die Mikroelektronik-Azubis aus dem neuen Berufsschulzentrum ein bezahlbares Dach über dem Kopf bekommen. „Insbesondere der geplante Neubau am zukünftigen BSZ Elektrotechnik auf der Boxberger Straße ist wichtig“, betont Vincent Seeberger, der wohnungspolitische Sprecher der Dresdner SPD-Stadtratsfraktion. „Denn will man Fachkräfte für das Wachstum des Mikroelektronikstandortes Dresden finden, braucht es gute Bedingungen für die Azubis, die beispielsweise zukünftig bei ESMC ihre Ausbildung machen sollen.“ Mit dem geplanten Ausbau der Wohnheim-Kapazitäten kommt die Stadt auch einer Forderung der Handwerkskammer Dresden nach, die bereits seit Jahren mehr Lehrlingswohnheime in Sachsen fordert.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: SMK, LHD, Wikipedia, Oiger-Archiv, SPD-Stadtratsfraktion
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