Brutalismus im Wald: Locus Architetti verwandeln in Pordenone ein historisches Haus in ein offenes Raumerlebnis mit viel Bezug zur Natur.
Wenn der Sommer ein Gemütszustand ist, dann ist er in dieser Villa am Stadtrand von Pordenone in jedem Winkel spürbar. Hier im Grünen, in einer waldreichen Gegend, die im 19. Jahrhundert besiedelt wurde, fühlt man sich wie im Urlaub. Obwohl dies keine der klassischen italienischen Ferienregionen ist, gleicht diese verborgene Ecke von Friaul-Julisch-Venetien, die reich an architektonischen Überresten früherer Epochen ist, einem Puzzle aus kleinen Ortschaften, die darauf warten, entdeckt zu werden.
In dem Haus aus dem 19. Jahrhundert überlagern sich verschiedene Schichten und Epochen. Das neu gebaute Volumen zeigt eine Aluminiumhaut über einem Sockel aus Sichtbeton: Es schafft Kontinuität mit dem Kontext und revolutioniert ihn zugleich. Die Outdoor-Möbel stammen von Kristalia.
Dario BorrutoTraditioneller Schuppen aus modernem Material
Und ebenjene Schichten der Vergangenheit hat sich das Architekturbüro Locus zunutze gemacht, um eine einzigartige zeitgenössische Architektur zu schaffen. „Das Gebäude, ein ehemaliges Pfarrhaus aus dem 19. Jahrhundert, wurde im Laufe der Zeit verändert“, erzählen die Architekten Roberto Pasquali und Riccardo Tosoni, „der bedeutendste Schritt in seiner Entwicklung war dabei die Erweiterung nach dem Zweiten Weltkrieg.“ Heute präsentiert es sich als ein Volumen, das das Ergebnis verschiedener Prozesse ist, die in „einem Element der Synthese zwischen dem Alten und dem Neuen“ gipfeln. Die Architekten fügten einen „Fremdkörper“ hinzu, der sich jedoch bei genauerem Hinsehen sehr wohl auf die architektonische Tradition der Gegend bezieht: Er interpretiert den typischen stavolo friulano (eine Art Schuppen, in dem Schäfer mit ihren Herden bei schlechtem Wetter Unterschlupf fanden) neu – mit einer Holzstruktur, die auf einem Sockel aus Sichtbeton liegt und von einer Aluminiumhaut geschützt wird.
Roberto Pasquali und Riccardo Tosoni, die beiden Gründer von Locus, unter dem Skylight im Inneren ihres Projekts in Pordenone. Sessel „1085 Edition“ von Kristalia.
Dario Borruto
Eine stimmungsvolle, von üppiger Vegetation umgebene Ecke des neuen Anbaus. Er ist mit stranggepresstem Aluminium ummantelt.
Dario BorrutoBrutalismus mit Hommage an James Turrell
Das mächtige Betonfundament, auf dem die zeitgenössische Villa ruht, erinnert in seiner brutalistischen Wucht an die berühmten Experimente von Le Corbusier oder, räumlich und zeitlich näher gelegen, von Celli Tognon in Triest. Doch es knüpft zugleich an die einheimische ländliche Bautradition an. „Die Intervention beschränkt sich nicht auf eine physische Überlagerung, sondern wird zu einer zeitlichen Überlagerung, die die Geschichte des Pfarrhauses fortschreibt, ohne seine Ursprünge auszulöschen“, so das Architekten-Duo.