Stand: 07.09.2025 13:52 Uhr

Carlo Acutis starb 2006 mit nur 15 Jahren an Leukämie. Der Vatikan sagt dem „Influencer Gottes“ zwei Wunder nach – und sprach ihn dafür nun als ersten Millennial heilig.


Lisa Weiß

Die Allerheiligenlitanei – sie wird hier auf dem Petersplatz gesungen, um die Heiligen der katholischen Kirche anzurufen. Und nun werden zwei neue Heilige dazukommen. Für Papst Leo XIV. ist es das erste Mal, dass er jemanden heiligspricht. Er beginnt, die Heiligsprechungsformel zu rezitieren, auf Latein.

Er erklärt die Seligen Pier Giorgo Frassati – ein Italiener, der Anfang des 20. Jahrhunderts jung gestorben ist – und Carlo Acutis für heilig, sie sollen in die Gemeinschaft der Heiligen aufgenommen und in der ganzen Kirche verehrt werden, sagt der Papst.

Der Petersplatz füllt sich mit Gläubigen in Erwartung der Eucharistiefeier unter dem Vorsitz von Papst Leo XIV.

„Eine Einladung, das Leben nicht zu vergeuden“

Zehntausende Gläubige auf dem Petersplatz jubeln. Sie sind teilweise mit Sonderzügen nach Rom gekommen, um bei der Heiligsprechung dabei zu sein und gemeinsam mit dem Papst die Messe unter freiem Himmel zu feiern.

Der geht dann auch in seiner Predigt noch einmal auf die beiden neuen Heiligen ein: Sie seien „eine Einladung an uns alle, vor allem an die jungen Menschen, das Leben nicht zu vergeuden, sondern es nach oben hin auszurichten und es zu einem Meisterwerk zu machen“, so der Papst.

„Sie ermutigen uns mit ihren Worten: ‚Nicht ich, sondern Gott‘, sagte Carlo. Und Pier Giorgio: ‚Wenn Gott im Zentrum deines Handelns steht, dann wirst du das Ziel erreichen.‘ Dies ist die einfache, aber erfolgreiche Formel ihrer Heiligkeit“, sagte Leo XIV. Um das Leben in seiner ganzen Fülle genießen zu können und dem Herrn beim Fest im Himmel entgegengehen zu können, solle man ihrem Zeugnis folgen.

Papst Leo XIV. leitet die Heiligsprechungszeremonie auf dem Petersplatz im Vatikan.

Der „Influencer Gottes“

Auch die Familie von Carlo Acutis nimmt an der Heiligsprechung teil. Sein Bruder übernimmt eine der Lesungen. Und seine Mutter, ganz in schwarz, ist sichtlich bewegt. Am Tag vor der Heiligsprechung hat sie Interviews gegeben, immer wieder die Geschichte von Carlo erzählt: über seinen tiefen Glauben, darüber, wie er – eigentlich noch als Kind – Arme und Obdachlose unterstützt hat. Über seinen frühen Tod: Carlo Acutis starb mit 15 Jahren an Leukämie. Und über sein Hobby, das Internet. Dort wirkte er missionarisch, weshalb er auch „Influencer Gottes“ genannt wird.

Aber eines ist seiner Mutter dabei wichtig zu betonen: „Er sah die Technologie als Hilfsmittel, nicht als Ziel. Und das ist wichtig: Man muss sie immer mit dem Ziel nutzen, Gutes zu tun, die Gesellschaft zu verbessern.“

Faszination und Kritik

Carlo Acutis wurde 1991 geboren – er ist damit der erste aus der Generation der Millenials, der heiliggesprochen worden ist. Ungewöhnlich schnell, ungewöhnlich früh nach seinem Tod, sagen viele. Dass er, der erst 2006 gestorben ist, ganz neue Generationen fasziniert, sieht man auch an diesem Tag: Viele junge Gläubige haben sich auf dem Petersplatz versammelt.

Aber Carlo Acutis‘ Heiligsprechung wird auch kritisiert: Einigen geht es einfach zu schnell. Andere sagen, er sei gar nicht so gläubig gewesen. Und immer wieder hört man: Es gehe der katholischen Kirche vor allem um eine Identifikationsfigur für die junge Generation – gerade in Europa tut sich die Kirche immer schwerer, gerade junge Menschen zu erreichen.

Auf dem Petersplatz sind T-Shirts, Fahnen, Bilder oder auch Sticker mit dem Gesicht von Carlos Acuntis zu sehen.

Zwei Wunder werden Carlo Acutis nachgesagt

Eine dieser jungen Menschen ist Anne-Sophie Hasel. Die 19-Jährige studiert Tourismus in München. Sie ist extra für die Heiligsprechung mit zwei Freundinnen nach Rom gekommen – und sie kann die Kritik nicht nachvollziehen. Die beiden Wunder, die für eine Heiligsprechung nötig sind, sind vom Vatikan anerkannt worden: Zwei Menschen sollen durch die Fürsprache des verstorbenen Carlo Acutis geheilt worden sein.

„Ich denke, jemand, der mit 15 stirbt und so viel vollbracht hat, hat es meiner Meinung nach absolut verdient, in Anführungszeichen, heiliggesprochen zu werden“, sagt sie. „Und auch allein, was das mit meiner Generation jetzt macht, dass es so viel Hoffnung gibt und wirklich Heiligkeit wieder zu einem modernen Thema macht, finde ich absolut schön.“