Die Sozialdemokraten im Europaparlament wollen dem Zoll-Deal zwischen der EU und den USA in der vorliegenden Form nicht zustimmen. Was kritisieren Sie?

Es gibt mehrere Kritikpunkte. Ein ganz entscheidender ist, dass es in dem Abkommen keine Stillstandsklausel gibt. Das bedeutet, dass Donald Trump das Abkommen jederzeit nach Belieben wieder brechen kann, was wir seit seinem Handschlag mit Ursula von der Leyen in Schottland Ende Juli auch schon zweimal erlebt haben: Zwei Wochen danach haben die Vereinigten Staaten mehr als 400 Produkte von der 15-Prozent-Zoll-Quote ausgenommen und mit den Zöllen auf Stahl und Aluminium gleichgesetzt. Hier gelten Zölle von bis zu 50 Prozent. Zum anderen wurde vereinbart, dass die US-Seite die Zölle auf Auto- und Autoteilimporte von 27,5 auf 15 Prozent absenkt. Auch das ist bisher nicht geschehen. Ein Abkommen, bei dem Verabredungen nicht eingehalten werden, können wir nicht akzeptieren.

Ursula von der Leyen hat Trump als harten, aber fairen Verhandler gelobt. Teilen Sie das Urteil?

Nein. Abgesehen davon, dass Ursula von der Leyen für ein solches Abkommen gar kein alleiniges Mandat hat, hätte ich dem Abkommen so auch nicht zugestimmt, sondern weiterverhandelt. Trumps Verhalten in den vergangenen Wochen zeigt ja auch, dass er alles andere als fair und nicht berechenbar ist. Am vergangenen Montag hat er auf „Truth Social“ eine Mitteilung abgesetzt, in der er gefordert hat, dass Länder, die digitale Dienste regulieren, diese umgehend abschaffen müssten, weil sie sonst mit zusätzlichen Zöllen und Exportbeschränkungen belegt würden. Und wer weiß, was Trump noch so für Ideen im Kopf hat. Umso wichtiger ist es, dass im Abkommen ein Mechanismus vorgesehen ist, mit dem wir schnell auf Veränderungen aus den USA reagieren können. Daran arbeiten wir jetzt im Parlament.

Auch, um nicht erpressbar zu sein?

Genau. Das Erpressungspotenzial der USA ist enorm. Ich denke, das war auch das Hauptmotiv von Ursula von der Leyen, dass sie diese Vereinbarung mit Trump eingegangen ist, obwohl sie wirtschaftlich zum Nachteil der EU ist. Es ging Trump aber offenbar auch nicht nur um die Zölle. Er hat in den Gesprächen in Schottland auch immer wieder durchblicken lassen, dass die USA die Unterstützung für die Ukraine beenden könnten, wenn Europa seinen Vorgaben nicht zustimmt. Das hat der Handelskommissar mir bestätigt. Ein zweiter Punkt, an dem wir stark von den USA abhängig sind, sind die großen digitalen Plattformen wie PayPal oder Microsoft. Wenn die plötzlich in Europa abgeschaltet oder eingeschränkt werden, haben wir ein massives Problem. Deshalb müssen wir in nächster Zeit dringend daran arbeiten, hier unabhängiger zu werden.