Cover: Jochen Schmidt, “Hoplopoiia“

Stand: 08.09.2025 06:00 Uhr

Jochen Schmidt hat eine Fortsetzung zu seinem Roman „Phlox“ geschrieben. Das griechische Wort „Hoplopoiia“ beschreibt die Zeit, in der man sich für das, was kommt, rüstet. Eine griechische Tragödie ist es aber nicht geworden, sondern vielmehr ein lustiges Buch.

von Danny Marques-Marcalo

Es läuft nicht bei Richard. Die Ehe zerfällt, die Kinder nicht mehr so jung, dass man sie ständig behüten muss, der Job im Supermarkt nervenaufreibend. Ständig könnten Leute vorbeikommen, die Richard gar nicht treffen will. Richard malt sich ununterbrochen unangenehme Situationen aus:

Im Moment setzen mir Gewissensbisse zu, weil ich (…) einen Magneten von der Ankündigungstafel gestohlen habe (…). Ich kann den Zwang kaum niederringen, meinem Chef, Herrn Dobrowolski, diesen Diebstahl zu beichten, der Gedanke verfolgt mich hartnäckig, und wenn ich Herrn Dobrowolski gegenüberstehe, bekomme ich Hitzewallungen und muss mir buchstäblich auf die Zunge beißen, irgendwann werde ich sie mir abschneiden müssen.

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Also flüchtet sich Richard viel in Erinnerungen. Aufgewachsen ist er in der ehemaligen DDR. Es sind Momente wie Besuche bei der Familie, Situationen aus der Schule oder aus dem Ferienlager. Schon immer scheint Richard sich ein bisschen fehl am Platz gefühlt zu haben. Nicht ganz verbunden mit anderen.

Gefangen im Gedankenkarussell

„Hoplopoiia“ ist voller langer Passagen, die nicht ganz einfach zu lesen sind, aber voller Witz und absurdem Humor stecken. Jochen Schmidt beschreibt einen Mann, der nach der Trennung alles hinterfragt, was er jemals erlebt und getan hat. Und dadurch ein bisschen die Fähigkeit zu funktionieren verliert. „Das ist so ein unendliches Geflecht von Motiven, wo er findet, dass bei ihm alles schlecht läuft. Nebenbei läuft das Leben weiter, und so schief läuft es vielleicht gar nicht mit den Kindern. Es ist hart, diese Trennung zu verarbeiten“, sagt Autor Jochen Schmidt.

Warum ist er nicht Mathematiker geworden, fragt sich Held Richard. Wäre dann nicht alles viel besser geworden? Die Antwort weiß keiner. Und so betrachtet er sich und sein Umfeld und rutscht immer wieder in Gedankenspiralen:

Ich weiß selbst, dass in den nächsten Jahren meine halbe Verwandtschaft sterben wird, sie könnten sich eigentlich schon auf Termine einigen, damit es keine Überschneidungen gibt. Man könnte die Sterbereihenfolge optimieren, wer gerne zu vielen Begräbnissen geht, zu dem aber keiner kommen würde, sollte ganz als Letzter sterben, während jemand, der zu keinem Begräbnis geht, zu dem aber viele kommen, ein idealer Kandidat für einen frühen Tod wäre (…).

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„Hoplopoiia“: Herausfordernder Roman voller Witz und Details

„Hoplopoiia“ könnte den Einen oder die Andere abschrecken. Der Humor ist mitunter sehr schwarz. Der Text oft sehr dicht. Aber hier steckt auch viel Liebe zum Detail und eine scharfe Beobachtung unserer Welt und vor allem, wie wir uns darin verhalten, drin.

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