Bodo Busse steht im grün gestrichenen Lavesfoyer der Staatsoper Hannover.

AUDIO: Bodo Busse, der neue Intendant an der Staatsoper Hannover (55 Min)

Stand: 08.09.2025 18:50 Uhr

Bodo Busse startet als Intendant an der Staatsoper Hannover. Er will mit grüner Vision, Opernklassikern und offenen Türen frischen Wind bringen und die Oper als Ort der Begegnung neu beleben.

von Friederike Westerhaus

Zuletzt genoss Bodo Busse als Generalintendant am Saarländischen Staatstheater das „Lebensgefühl des Südens“. Zur neuen Spielzeit kommt er in den Norden, tritt die Nachfolge von Laura Berman an und wird Intendant der Staatsoper Hannover. Was hat er in Hannover vor? Will er, wie schon an anderen Stellen, ein neues Publikum für die Oper gewinnen? Welche Schwerpunkte möchte er in Hannover setzen? Die Saison wird am 14. September mit Wagners Lohengrin eröffnet, ein weiteres Highlight kommt kurz darauf, am 11. Oktober, mit Mozarts Don Giovanni. Friederike Westerhaus spricht in NDR Kultur à la carte mit Bodo Busse über Pläne, Ideen und seine ersten Eindrücke von Hannover.

Was verbinden Sie mit der Farbe Grün?

Bodo Busse: Ganz viel Hoffnung, ganz viel Lebensfreude, Optimismus und natürlich unser neu gestaltetes Laves-Foyer.

Sie haben es zur Chefaufgabe gemacht, rein äußerlich der Staatsoper Hannover ein neues Gesicht zu verpassen. Das Foyer ist jetzt grün statt blau, mit vielen Pflanzen. Was ist das, was in Ihrer Intendanz besonders wachsen soll an der Staatsoper Hannover?

Busse: Es sollen Karrieren wachsen, es sollen Fantasien wachsen und blühen und es sollen die Musik und die Theaterkunst zum Erblühen kommen. Ich fand es ganz wichtig, dass auch das Umfeld der Staatsoper ein bisschen in das Laves-Foyer reinkommt. Wir haben diese wunderschöne Bepflanzung mit den Bäumen draußen. Mir war das immer etwas zu kühl und ich finde, Aufenthaltsqualität und Wohlfühlfaktor sind wichtig im Opernhaus. Deshalb haben wir gemeinsam mit einer ganz fantastischen Innenarchitektin die Tradition der Innenraumgestaltung, die auch Laura Berman schon begonnen hat, fortgeführt. Deshalb haben wir diese Pflanzen reingestellt. Es ist ein bisschen wie ein Wintergarten mit Palmen. Wir haben Stühle und Sofas aufgestellt. Man kann in den Pausen dort sitzen, Gespräche führen und ich finde, es ist ganz wunderbar geworden. Ich freue mich, dass wir die Ur-Idee des Laves-Foyers, nämlich Begegnung, Gespräch und Wohlfühlen wieder zum Thema machen können.

Bodo Busse steht vor einer Fotogalerie mit Porträts von Tänzerinnen und Tänzern.

Staatsoper und Schauspiel starten an diesem Wochenende in die neue Spielzeit. Bei einer Führung durchs Haus spricht der neue Opernintendant über seine Pläne.

Wenn man einen Blick auf diese erste Saison an der Oper wirft, die Sie gestaltet haben, dann fällt auf, dass es einige Opernhits gibt: Wagners „Lohengrin“, Mozarts „Don Giovanni“, Puccinis „Turandot“ und Verdis „Il Trovatore“. Sie scheuen sich nicht auf die großen Hits zu gehen, sondern wollen die auch in unserer Zeit auf die Bühne bringen, oder?

Busse: Genau. Das Entscheidende ist: Wir brauchen eine Brücke ins Publikum. Die Brücke sind die großen Werke. Ich finde, wir als große Opernhäuser haben eine Verpflichtung, die immer wieder neu zur Diskussion gestellt werden muss – natürlich neben dem Anspruch neue Werke, Formate und auch Experimentelles auf die Bühne zu bringen. Aber ich denke, in den ersten Jahren ist es in Hannover wichtig, das Repertoire ein bisschen zu erneuern, aber mit modernen, sehr interessanten und neuen Sichtweisen. Ich versuche auch junge, interessante Regie-Teams nach Hannover zu holen, durchaus aber auch bewährte Kolleginnen und Kollegen zu verpflichten und dadurch das Repertoire zu erweitern. Erstmal möchte ich das Haus kennenlernen, die Gewerke, die Ensembles und dann kann man weitergestalten.

Das heißt aber nicht, dass Sie nicht in der ersten Spielzeit schon ins 20. und vor allem auch 21. Jahrhundert gehen. Sie präsentieren auf drei Spielzeiten bereits Werke von Pascal Dusapin, der 1955 geboren ist. Den Auftakt macht seine Oper „Penthesilea“. Das ist eine deutsche Erstaufführung im Februar 2026. Warum wollten Sie diesen Komponisten ins Visier nehmen?

Busse: Ich kenne ihn schon sehr lange. Wir haben in Saarbrücken „Macbeth Underworld“ zur deutschen Erstaufführung gebracht. Pascal Dusapin schreibt eine emotional verständliche und dennoch hochkomplexe Musik, die zwischen Atmosphärischem und auch der Nähe zum Text und zur Textausgestaltung einen großen, schönen Bogen spannt. Er scheut sich nicht vor großen Stoffen.

Die Werke, die wir jetzt mit ihm planen, sind große antike und weltliterarische Stoffe, die er auch in eine gewisse Aktualität bringt. Gerade „Penthesilea“ ist ein Stück über den Krieg. Menschen verlieren in den Kriegsereignissen das Ziel und auch sich selbst aus den Augen. Der Kampf und der Krieg verselbstständigen sich. Das ist etwas, was wir gerade auch erleben. Deshalb denke ich, ist dieses Werk genau richtig. Es ist eine sehr schöne, farbige und kulturell sehr breit aufgestellte Musik. Gerade in „Penthesilea“ zitiert er wirklich alte, antike Instrumente, alte Klangwelten, mit denen er sich beschäftigt hat. Er ist immer ein Komponist, der die Nähe zu den Texten und Stoffen nicht scheut und sich musikalisch zurücknimmt, um die Stoffe und die Konflikte, die verhandelt werden, in den Vordergrund zu stellen.

Sie wollen das Publikum in einer ganz besonderen Weise ansprechen. Es geht immer darum, das Publikum auch ans Haus zu binden und einzuladen, dabei zu sein. Sie machen das mit Vor- und Nachgesprächen, zum Beispiel auch mit dem Format „Hören Sie Mal“, was Sie vor den Premieren einbringen werden. Neuerdings öffnen Sie an Samstagen vormittags die Staatsoper. Die Leute können kommen, da sein und in Proben gehen. Was ist Ihre Idee dabei?

Busse: Die Idee des offenen Foyers kommt aus der Idee des dritten Ortes von dem Soziologen Ray Oldenburg. Er hat entwickelt, dass der Mensch neben seiner Privatwohnung oder seinem privaten Umfeld und dem beruflichen Umfeld noch ein anderes soziales, diskursives Umfeld braucht, um glücklich leben zu können. Diese Idee des dritten Ortes versuchen verschiedene Theater umzusetzen. Wir versuchen das in Hannover auch, indem wir zur großen Einkaufs- und Marktzeit mitten am Samstagvormittag die Türen öffnen. Es gibt immer ein kuratiertes Überraschungsprogramm mit Mitgliedern des Hauses, aber wir laden auch Akteure aus der Stadt, aus der Region und dem ganzen Land ein. Es gibt regelmäßig ein gemeinsames Singen mit unserem Kinderchor und unserer Kinderchorleiterin Tatjana Berg, weil ich finde, die Oper hat auch etwas mit Gesang zu tun.

Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, Kaffee und Kuchen oder ein Croissant zu essen. Wir geben die Möglichkeit, Proben zu besuchen, die gerade auch an Samstagen vormittags geplant sind. Manchmal ist es eine Orchesterprobe, unmittelbar vor einer Premiere, wenn das Orchester, die Solisten und der Chor gemeinsam auf der Bühne stehen, aber noch in markierten Kostümen und Dekorationen proben. Man kann reinschauen und einen ersten Eindruck bekommen. Wir hatten auch schon einen kleinen wissenschaftlichen Vortrag. Auch das kann eine Farbe im offenen Foyer sein.

Man kann da sein, sich durch die Räume bewegen, die schönen Räume genießen, vielleicht auch das offene WLAN benutzen, oder arbeiten, wenn man will. Deshalb wurde auch das Laves-Foyer umgestaltet. Dort stehen jetzt Tische, wo man sich hinsetzen kann. Man kann auch Gesellschaftsspiele machen. Wir wollen da auch ein paar Spiele aufstellen. Wir versuchen das und sind total glücklich, dass schon der erste Termin sehr gut besucht war. Es waren fast 500 Menschen da.

Das Gespräch führte Friederike Westerhaus. Einen Ausschnitt davon lesen Sie hier, das ganze Gespräch können Sie oben auf dieser Seite und in der ARD Audiothek hören.

Ein Raum mit scheinbar unendlich vielen bunten Lampen an Stangen

Museumsdirektor Reinhard Spieler spricht bei NDR Kultur à la carte über die Ausstellung, die Niki de Saint Phalle, Yayoi Kusama und Takashi Murakami gemeinsam zeigt.

Eine Sängerin und zwei Sänger stehen auf der Bühne des Klassik Open Airs in Hannover

Bei der beliebten Operngala standen unter anderem Werke von Tschaikowsky, Borodin und Puccini auf dem Programm. Jetzt auch im Mitschnitt zu genießen.

Tänzer proben in einem Tanzraum

Der neue Ballettchef in Hannover probt derzeit intensiv mit seinem Ensemble eine Neuauflage seines Stückes „Goldberg“.

Eine Frau in einem roten Kleid und einem Umhang vor grauem Hintergrund

Wie gehen Theater im Norden mit der Debatte um Geschlechtsidentitäten sowie mit nicht-binären Darstellenden um?