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Charly Montréal aka Hacke Glörfeld mit seiner Frau Sylviane in Frankreich.In Südfrankreich genießt Karl-Heinz Glörfeld mit seiner französischen Ehefrau Sylviane seinen Lebensabend. Zuvor haben sie schon acht Jahre in der Bourgogne gewohnt. © Glörfeld

Ein waschechter Franzose ist noch nicht aus ihm geworden, aber er fühlt sich wohl im westlichen Nachbarland, und das jetzt schon seit elf Jahren. Karl-Heinz Glörfeld (78), vielen Werdohlern noch bekannt unter dem Spitznamen „Hacke“, lebt seit 2014 in Frankreich – mit seiner französischen Ehefrau Sylviane, zwei Hunden und einer Katze.

Werdohl – Glörfelds Leben hatte im Februar 1947 begonnen wie das vieler anderer Werdohler in dieser Zeit. Geboren wurde er in Ütterlingsen in der Wohnsiedlung gegenüber dem Freibad, die wegen ihrer kleinen Häuschen, die auf Geheiß der NSDAP dort gebaut worden waren, „Negerdorf“ genannt wurde. Wahrscheinlich erinnerten sie die Menschen damals an Siedlungen in Afrika. Dass es Glörfeld eines Tages auch einmal in ein fremdes Land ziehen würde, war damals natürlich noch nicht absehbar.

Abgesehen von einigen Jahren, die er in Dortmund, Neuenrade und Lüdenscheid verbrachte, hat Karl-Heinz Glörfeld von seiner Geburt an bis 2014 in Werdohl gelebt. Nach dem Besuch der Evangelischen Volksschule Werdohl und der Gemeinschaftsschule Ütterlingsen, absolvierte er im Werdohler Herrenmoden-Geschäft Keinecke eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und arbeitete dort anschließend auch noch vier Jahre als Verkäufer von Herrenbekleidung. Dann ging es für ihn beruflich nach Hagen in den dortigen Kaufhof.

Eine Urlaubsbekanntschaft fürs Leben

Nach zwei Jahren Bundeswehr in Hammelburg begann Glörfeld 1970 eine Umschulung zum Industriekaufmann mit Fachrichtung Automobilzulieferung und anschließend noch eine Weiterbildung Entwicklungsingenieur für Pkw- und Lkw-Zulieferteile. So kam es dann auch zur ersten Berührung mit Frankreich. Ein Einkäufer von Renault in Paris vermittelte Glörfeld ein Haus in Saint Marc sur Mer in der Bretagne, wo er im August 1991 mit seinem Sohn und guten Freunden aus Werdohl den Urlaub verbrachte und die aus Paris stammende Sylviane Oge kennenlernte. Eine schicksalhafte Begegnung: Die beiden verliebten sich ineinander, und noch im selben Jahr zog die Französin zu ihm und seinem Sohn nach Werdohl. Acht Jahre später, am 31. Dezember 1999, wurde geheiratet. Über die standesamtliche Trauung im Werdohler Rathaus berichtete damals auch der Süderländer Volksfreund, war dies doch die letzte Hochzeit vor dem Wechsel ins Jahr 2000.

Karl-Heinz und Sylviane Glörfeld wohnten dann noch gut 14 Jahre auf der Königsburg. Am 30. Juni 2014 zogen sie um nach Saint Leger sus Beuvray in die Bourgogne. Für den Werdohler begann ein Leben in einer anderen Welt. „Ich hatte noch ein paar Französisch-Kenntnisse aus der Schulzeit, und wir haben ab 1992 auch jedes Jahr in Frankreich Urlaub gemacht“, erzählt Glörfeld, dass er sich von Anfang an einigermaßen gut mit den Einheimischen verständigen konnte.

Sprachunterricht beim Maurer

Seine Ehefrau habe beim Militär eine Arbeitsstelle gefunden, während er selbst ja schon seit gut vier Jahren Rentner war. So habe er Zeit gehabt, sich in den ersten Monaten um die Renovierung eines alten Bauernhauses zu kümmern, das er mit seiner Frau gekauft hatte. Dabei habe er sich auch mit einem französischen Maurer angefreundet. „Der kam nach Feierabend oder, wenn nötig, auch an den Wochenenden zu mir“, erzählt Glörfeld, wie er durch diese Begegnungen seinen Wortschatz habe erweitern können. Seine Frau habe auch viel dolmetschen können und den Rest habe ein gutes Übersetzungsgerät erledigt. Dennoch gibt Glörfeld zu: „Perfekt Französisch kann ich bis heute nicht. Aber was das sonstige Leben angeht, bin ich hier vollintegriert. Ich habe viele Freunde gefunden.“

Das Glörfeldhaus in Frankreich.Im 1000-Einwohner-Örtchen Montréal du Gers in der historischen Region Armagnac bewohnen die Glörfelds ein kleines Häuschen. © Glörfeld

Apropos Freunde: „Einmal hätten wir fast einen guten Freund verloren, weil bei den Renovierungsarbeiten eine Decke einstürzte. Er konnte sich in letzter Sekunde durch einen Sprung auf einen anderen Balken retten“, denkt Glörfeld an einen dramatischen Moment zurück.

Aus der Bourgogne in den Süden

Obwohl sich die Glörfelds ein schönes Domizil aufgebaut hatten, sind sie im Juli 2022 nach Montréal du Gers in Südfrankreich umgezogen. „Der größte Teil der französischen Familie ist im Laufe der Jahre in den Süden Frankreichs gezogen. Alle kamen nur noch selten zu Besuch. Und unser Haus in der Bourgogne mit 200 Quadratmetern Wohnfläche und 3500 Quadratmetern Grundstück wurde uns dann auch zu groß“, erklärt Karl-Heinz Glörfeld diesen Entschluss. Auch am neuen Wohnort renovieren sie wieder ein Haus und bauen es ganz nach ihrem Geschmack um. Sie leben dort mit den beiden Hunden Marcel und Maya und Katze Ami und fühlen sich offensichtlich pudelwohl.

Werdohler weltweit

In unserer Serie „Werdohler weltweit“ stellen wir Menschen vor, die in Werdohl geboren oder aufgewachsen sind, die es aber im Laufe ihres Lebens in andere, vielleicht auch ferne Länder verschlagen hat. In der Serie schildern wir, wie es den Ex-Werdohlern in der Fremde ergangen ist und wie sie dort leben. Exil-Werdohler, die sich angesprochen fühlen und Teil der Serie werden möchten, dürfen sich gerne per E-Mail (sv@mzv.net) an die Redaktion wenden. Auch für Tipps ist die Redaktion sehr dankbar.

„Dieses Montréal du Gers liegt schon richtig. Eine unserer Familien wohnt direkt neben uns, eine andere zwölf Kilometer entfernt in Eauze. Das Mittelmeer, die Pyrenäen, der Ozean, Bordeaux und Spanien oder Andorra mit zollfreiem Einkauf, das alles liegt im Umkreis von 150 bis 200 Kilometern“, beschreibt Karl-Heinz-Glörfeld seine neuen Lebensumstände. Es werde viel gefeiert, und essen und trinken könne man dort „wirklich wie Gott in Frankreich“.

Dennoch ist auf Dauer eine Rückkehr geplant. „Ich habe immer noch Kontakt zur Heimat, hauptsächlich über Facebook“, sagt Glörfeld, der sich in diesem sozialen Netzwerk in Anlehnung an seinen Wohnort den Namen „Charly Montréal“ gegeben hat. „Ich weiß immer, was in Werdohl los ist“, betont er seine Liebe zur alten Heimat. Und wie sieht es mit einer Rückkehr nach Werdohl aus? „Wir werden noch eine Weile in Frankreich bleiben, bis sich Deutschland finanziell wieder besser aufgestellt hat und diese Rechtslastigkeit sich wieder zurückbildet. Solange die AfD auf dem Vormarsch ist, zieht es uns nicht zurück“, sagt Karl-Heinz Glörfeld.