Von den 1369 Teilnehmenden, die sich an der siebten Auflage des „Megamarsch Stuttgart“ beteiligten, haben es nach Auskunft des Veranstalters Hundert24 GmbH ungefähr 61 Prozent geschafft, die 100-Kilometer-Strecke rund um die Landeshauptstadt innerhalb eines Tages zurückzulegen. Das Zeitlimit empfanden viele als mindestens so herausfordernd wie die Strecke selbst.
Ein Ziel, das alle Schmerzen vergessen lässt
Der Zieleinlauf dürfte alle, die die Aufgabe der vorangegangenen 24 Stunden gemeistert haben, sämtliche Schmerzen vergessen lassen. Zumindest für ein paar Momente. Mit Überqueren der Ziellinie gibt es unter dem Jubel der schon Anwesenden direkt die Finisher-Medaille um den Hals gehängt und eine Urkunde in die Hand gedrückt. Wenige Schritte dahinter wartet ein langer Tisch mit Bananen, Müsli, Sandwiches sowie Kaffee und kühlen Getränken. Oder einfach Freunde und Familienangehörige, denen man um den Hals fallen kann.
„Meine Füße sagen: keinen Schritt weiter!“
„Im Kopf hab ich noch gar nicht richtig signalisiert, dass es zu Ende ist. Da bin ich noch voll im Tunnel. Aber meine Füße sagen: keinen Schritt weiter!“, beschreibt Marion ihr zwiespältiges Empfinden unmittelbar nach Überschreiten der Ziellinie im Römerkastell. Die gebürtige Stuttgarterin ist extra aus München angereist, um nach zwei erfolgreichen Megamärschen dort auch mal die Stuttgarter Strecke zu meistern. Obwohl sich die 61-Jährige tags zuvor allein auf den Weg gemacht hatte und auch viele der 100 Kilometer ohne Anschluss an eine Gruppe absolvierte, seien „viele Gespräche mit anderen Wanderern“ wichtig gewesen, um das Durchhaltevermögen bei Laune zu halten.
Eine Herzensangelegenheit: den Megamarsch Stuttgart hinter sich zu bringen. Foto: Ferdinando Iannone/Lichtgut/Lichtgut/Ferdinando Iannone
Ein ständiger Gegner, gesteht Marion, sei auch die Uhr gewesen. „Die beschränkte Zeit ist schon hart und herausfordernd.“ Ungefähr bei Kilometer 75 habe sie ihren Tiefpunkt gehabt. „Dann hab ich einfach langsamer gemacht, bis der nächste Schwung kam. Und dann ging’s weiter“, so Marion, die von ihrem Sohn im Zielbereich in Empfang genommen wird. Auf der abendlichen Familienfeier gibt es sicher viel zu erzählen.
Der Zehennagel blieb auf der Strecke
Daniel und seine Kumpels Michael, Pepper und Luis sitzen und liegen am Boden, haben sich Schuhe und Strümpfe entledigt und laben sich an einer Flasche alkoholfreiem Bier. Körperlichen Schmerz, „aber vorwiegend Triumph und Stolz, es geschafft zu haben“, verspürt Daniel. Alle vier sind sie Mitarbeiter des Stuttgarter Olga-Hospitals. Auf der Strecke hat das Quartett im Alter zwischen 30 und 40 Jahren auch eine von ihren Stationskindern gebastelte und immerhin zwei Kilogramm schwere Metallfigur als Glücksbringer im Gepäck gehabt und durch regelmäßige Social-Media-Posts knapp 2000 Euro an Spendengeldern für einen guten Zweck erzielt.
„Unser härtester Moment war schon zwischen der ersten und zweiten Verpflegungsstation, weil wir uns zu wenig Zeit genommen haben beim ersten Stopp“, erzählt Daniel. Durch „Zähne zusammenbeißen“ habe man das Tief gemeinsam durchstanden. Auch wenn seine Megamarsch-Premiere erfolgreich zu Ende ging, wird es wohl ein einmaliges Erlebnis bleiben. „100 Kilometer am Stück werde ich nicht mehr machen, 50 bis 60 reichen vollkommen“, so der Stuttgarter.
Der Zehennagel blieb auf der Strecke
Ein sich lösender Zehennagel am rechten Fuß blieb im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke, doch dies hinderte Stephanie nicht, erfolgreich innerhalb der 24-Stunden-Frist ins Ziel zu kommen. „Es war eine Riesenherausforderung. Die Uhr hat man irgendwie ständig m Blick, denn das Zeitlimit übt schon echt Druck aus“, sagt die 37-Jährige aus Stuttgart, die schon in München einen Megamarsch bestritten hat und die heimische Strecke aufgrund der insgesamt zu bewältigenden 1600 Höhenmeter als weitaus anstrengender empfand. Ihre Motivation, am Ende Freunde und Familie treffen zu können, wurde dabei ein wenig vorverlegt. Ein paar Freunde hatten Stephanie an der Strecke abgepasst und begleiteten sie über die letzten fünf Kilometer bis ins Ziel.
Mehr als einige kleinere Einsätze bei Kreislaufbeschwerden oder einem umgeknickten Fuß hatte der Kreisverband Esslingen des Roten Kreuzes bei der siebten Auflage des „Megamarsch Stuttgart“ nicht zu leisten. 34 Helfer, überwiegend an den Versorgungsstationen, aber auch mobil auf zwei Motorrädern, begleiteten die Wanderer über die 24 Stunden hinweg.