Das rote Eröffnungsbanner kaschiert noch das Schild des früheren Mieters, eines Optikers. Erst vor ein paar Wochen ist die Buchhandlung „Librairie autonome“ in der Forbacher Innenstadt eröffnet worden. Von zwei Freunden, die nicht glauben wollen, dass eine 20 000-Menschen-Stadt ohne Buchhandlung auskommt.
Dabei ist es nicht der erste Versuch, einen Buchladen in der Grenzkommune zu etablieren. Die Buchhandlung-Kette „Chapitre“ hatte mal einen Standort in Forbach. Als diese insolvent wurde, versuchte es ein Tabak- und Zeitschriftladen mit einer Bücherabteilung. 2014 eröffneten ehemalige Chapitre-Mitarbeiter eine eigene Buchhandlung, doch auch diese hielt sich nur vier Jahre. Nun wagen Albain Millot und Oualid Khelifi den Neustart – mit einem originellen Konzept, das Seele und Mager gleichermaßen bedienen soll.
Bücher, Torten und Kaffee an einem Ort
Die zwei jungen Männer kommen aus Nancy, wo sie sich im Gymnasium kennenlernten. Danach ging jeder erstmal seinen eigenen Weg. Millot studierte Kulturwissenschaft, Khelifi absolvierte eine Ausbildung zum Konditor. „Schon länger hatten wir die Idee, unsere beiden Leidenschaften, Bücher und Süßwaren, zu verbinden“, erklärt der 21-jährige Albain Millot. Die jeweiligen Abschlüsse in der Tasche machten sich die zwei Freunde auf die Suche nach dem passenden Ort. „Dass eine Stadt von der Größe Forbachs keine eigene Buchhandlung hat, hat uns überrascht. Wir haben da eine Lücke gesehen, die wir füllen können“, sagt er. Und von den Fehlern ihrer Vorgänger gelernt. Das Geschäft liegt nicht in einer Nebenstraße, sondern direkt in der Innenstadt, in der rue nationale. „Wir hoffen dadurch auf Laufkundschaft“, sagt der 21-Jährige. „Wobei die meisten Kunden, die bisher kommen, das gezielt tun. Sie freuen sich, dass sie Bücher direkt vor Ort kaufen können, anstatt dafür nach Saargemünd oder sogar nach Metz zu fahren“, ergänzt er.
Personal wurde zunächst keins angestellt, Millot und Khelifi betreiben den Laden allein, an fünf Tagen die Woche von 10 bis 19 Uhr. „Dass es viel Arbeit ist, ist uns bewusst. Aber so können wir ohne zu hohe Kosten starten“, sagt Millot.
Breites Sortiment von Klassikern bis Sachbüchern
Das Sortiment ist vielfältig. In den Regalen findet man Klassiker aus der französischen Literatur, Krimis, Sachbücher, Kinderbücher, Theater- und Gedichtbände, Science-Fiction und Comics. Dazu ein kleines Regal mit deutschsprachigen Titeln und eines mit Gebrauchtbüchern zum Einheitspreis von vier Euro. „Die ersten Wochen fielen noch in die Ferienzeit, da waren Krimis sehr gefragt. Jetzt liegt der Fokus auf Schulbüchern. Dass wir kurz vorm neuen Schuljahr eröffnet haben, gibt uns natürlich Aufwind“, erklärt er.
Speisekarte wechselt monatlich
Das Ziel der beiden Jungunternehmer: Aus der Buchhandlung nicht nur einen Ort zum Kaufen, sondern auch zum Leben machen. Im hinteren Teil des Geschäfts stehen Tische und Stühle bereit. Die Ecke könnte zwar noch gemütlicher anmuten, doch der Geruch in der Luft ist anlockend. Hier werden die Kreationen von Oualid Khelifi serviert. Zubereitet werden die süßen und herzhaften Speisen in der extra dafür eingerichteten Küche nebenan. „Die Karte wechselt jeden Monat“, berichtet der Konditor. Ob ein Stück Käsekuchen, ein Muffin oder eine Madeleine zum Kaffee oder eine herzhafte Focaccia zum Mittag: „Jeder sollte etwas nach seinem Geschmack und für den kleinen oder großen Hunger finden“, meint er. Viel Wert lege er auf regionale Zutaten. Obst und Gemüse beziehe er bei einem Landwirt in der Nachbarkommune Rosbruck.
Wer hierher kommt, um Lesestoff zu besorgen, muss nicht im Café verweilen und wer zum Naschen kommt, muss nicht zwangsläufig ein Buch dazu kaufen. „Doch unsere Hoffnung ist natürlich, dass beide Kundschaften verschmelzen“, sagt Albain Millot. Rund einem Monat nach der Eröffnung stehen auch die ersten Veranstaltungen an. „Im September veranstalten wir Lesungen mit fünf Autorinnen und Autoren aus der Region“, berichtet er. In Zukunft sollen unter anderem eine Poesie-Werkstatt und Animationen für Kinder in den Räumlichkeiten der Buchhandlung stattfinden.
Für Millot und Khelifi ist die „Librairie autonome“ ein Wagnis. Sie starten ihr erstes unternehmerisches Projekt mit viel Motivation und einem engen Budget, aber auch einigen Förderungen. „Wir wurden von der Region Grand Est unterstützt, um unser Bücherlager zu füllen, und in den ersten drei Jahren beteiligt sich die Stadt Forbach an unseren Mietkosten“, sagt Albain Millot. Damit ihr Traum in Erfüllung geht, hoffen die beiden nun auf viele begeisterte Leser und Schlemmer.
Infos: Librairie autonome, 69, rue nationale, 57 000 Forbach (Frankreich). Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag, 10 bis 19 Uhr.