Berlin – Nur wenige 100 Meter vom Luxus-Kaufhaus KaDeWe entfernt liegt eine andere Welt. Hier, an der Ansbacher Straße 33 im Berliner Bezirk Schöneberg, steht eines der wohl schlimmsten Wohnhäuser der Hauptstadt. Die Fassade bröckelt, Haus- und Wohnungstüren sind aufgebrochen. Doch eine Mieterin trotzt der Situation.
Marit Gergs (80) ist eine der Letzten, die in der Immobilie ausharren. Als sie vor 39 Jahren dort in ihre erste eigene Wohnung zog, konnte sie ihr Glück kaum fassen. Auf 60 Quadratmetern schuf sich die gelernte Friseurin nach der Trennung von ihrem Mann ihr kleines Paradies.
Haus in Top-Lage in Berlin
Doch inzwischen ist daraus ein Albtraum geworden. Das fünfstöckige Gebäude in Berlin verkommt nach mehreren Eigentümerwechseln. Die Rentnerin fühlt sich in dem 15-Parteien-Haus nicht mehr sicher.
2010 wurden die Häuser Ansbacher Straße 33 und 35 an ein spanisches Immobilienunternehmen verkauft. Der Plan des neuen Eigentümers: abreißen und neu bauen.
Das Mehrfamilienhaus an der Ansbacher Straße 33 in Berlin ist stark sanierungsbedürftig
Foto: Fabian Matzerath/BILD
Marit Gergs wurden 20.000 Euro geboten, damit sie auszieht. Doch die Ersatzwohnungen gefielen ihr nicht. „Die hatten entweder keine Badewanne oder keinen Balkon“, sagt sie zu BILD. Heute zahlt sie für die Top-Lage nahe dem KaDeWe 640 Euro Miete warm.
Im 1. Obergeschoss wurde eine versiegelte Wohnungstür aufgebrochen. Laut Marit Gergs nutzen Obdachlose die Wohnung als Schlafmöglichkeit
Foto: Fabian Matzerath/BILD
Fast alle Mieter sind schon weg
Mieterin Marit Gergs blieb. Alle Bewohner bis auf sie und eine Nachbarin zogen über die Jahre aus. Inzwischen gleicht das Gebäude einem Geisterhaus. Die Immobilie wurde erneut verkauft – die Mieterin weiß nicht, wer jetzt Eigentümer ist.
Die Haustür ist aufgebrochen, die Glasscheibe fehlt. Der Innenhof sieht aus wie eine Müllhalde. Auch im Treppenhaus liegt Dreck. Und weil der Fahrstuhl kaputt ist, muss die Rentnerin die Treppen steigen und ihre Einkäufe genau planen. Im gesamten Flur funktioniert das Licht nicht. Das macht ihr zusätzlich Angst.
Die Mieterin zu BILD: „Ich sehe im Winter zu, dass ich um 16 Uhr zu Hause bin.“ Die Türen von versiegelten Wohnungen sind aufgebrochen worden. Obdachlose hausen in den leer stehenden Räumen. Jeder kann ins Haus. „Die Eigentümer müssten enteignet werden“, sagt Marit Gergs.
Mieterin Marit Gergs in ihrer Wohnung in dem Haus in Berlin
Foto: Fabian Matzerath/BILD
Planungen für Neubau kurz vor Abschluss
Dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg ist der Zustand der Schrott-Immobilie bekannt. Aber: „Solange der Eindruck besteht, dass der Eigentümer das Bauprojekt ernsthaft vorantreibt und konstruktive Gespräche mit dem Stadtentwicklungsamt geführt werden, wird die Zweckentfremdungsstelle keine Bußgelder androhen“, so ein Sprecher der Behörde. Die Planungen für den Neubau stünden kurz vor dem Abschluss.
Die Hausverwaltung Malik Kücük reagierte auf eine BILD-Anfrage bislang nicht. „Es wird sich ohnehin nichts ändern“, sagt Gergs. „Aber ich bleibe hier, bis die vor meiner Tür stehen.“