Von der „letzten Patrone der Demokratie“ hatte CSU-Chef Markus Söder während der Regierungsbildung im Winter gesprochen. Es war eine Warnung davor, dass das Scheitern einer weiteren Bundesregierung die Demokratie zersetzen könnte. Der Vertrauensverlust in der politischen Mitte könnte dann so groß werden, dass die radikalen Ränder die Mehrheit gewinnen. Die Aussage war drastisch und wahrscheinlich etwas übertrieben.
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Der Spruch wird aber immer wieder zitiert, weil er die Stimmungslage in Deutschland und in vielen anderen europäischen Demokratien leider treffend beschreibt: In Frankreich ist gerade wieder die Regierung implodiert. In Großbritannien wackelt der Stuhl von Premier Keir Starmer. Im Vergleich dazu wirkt die deutsche Regierung, als habe sie ihre Patrone noch im Gürtel. Wobei auch die Koalition aus Union und SPD das Vertrauen der Mehrheit der Bevölkerung in den ersten drei Monaten ihrer Amtszeit verloren hat.
Europa mit breiter Brust
Ausgerechnet die E3 sind innenpolitisch schwer angeschlagen, also jene volkswirtschaftlich und militärisch relativ starken Nationen in Europa, die sich eigentlich zusammengeschlossen haben, um mit breiter Brust das demokratische Europa gegenüber China, Russland und den USA zu vertreten.
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Nun droht das Format ein kurzes Rascheln in den Bäumen zu bleiben. Da stehen mit China und Russland zwei autoritär geführte Weltmächte und mit den USA eine dritte, die sich auf dem Weg in eine Autokratie befindet, drei schlecht sortierten kleineren Demokratien gegenüber.
Angst vor Wohlstandsverlust
Sie kranken alle drei an ähnlichen Sorgen: In Deutschland, Frankreich und Großbritannien verursachen die knappen Staatsfinanzen, das Thema Migration und damit einhergehend die Angst vor Wohlstandsverlust innenpolitische Spannungen. Überall gibt es starke rechtsradikale Parteien, die diese Angst für sich nutzen und damit notwendige Reformen verhindern. Diese Entwicklung hat lange vor dem Brexit und Trumps erster Amtszeit eingesetzt und sich in vielen westlichen Demokratien ausgebreitet. Polen, Italien, Österreich, die Niederlande und Ungarn sowieso – in Varianten findet sich der Trend zu autoritärem Denken in vielen europäischen Ländern.
Der neue deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz hat angesichts des Kriegs in der Ukraine und der wackelnden Bereitschaft der Amerikaner, Europa zu verteidigen, das E3-Format belebt. Es war ein guter Schachzug, dadurch auch die Brexit-Briten zumindest sicherheitspolitisch noch einmal stärker an den Kontinent zu binden. Aber leider ist festzustellen, dass in den Bevölkerungen Europas der Rückhalt für diese traditionelle westliche Außenpolitik schwindet, die Europa über Jahrzehnte in freundschaftlicher Verbundenheit mit den USA gepflegt hat. Auf die transatlantische Beziehung ist kein Verlass mehr und bisher zeigt Europa nicht die Kraft, für seine Werte allein einzustehen. Das ist fatal.
Eine Rückbesinnung auf die europäischen Werte wäre in diesen gefährlichen Zeiten umso wichtiger: ein freies Europa als Anker der Stabilität. Europa ist nicht, wie es von seinen Gegnern manchmal dargestellt wird, als Regenbogenvereinigung gegründet worden. Am Anfang stand vielmehr eine Wirtschaftsunion als Grundlage für wachsenden Wohlstand der Mitgliedsländer. Am Anfagn stand auch die Erkenntnis, dass sich dieser Wohlstand in Freiheit und Frieden am besten vermehren lässt. Diese Binsenweisheit ist tragischerweise vielen abhanden gekommen – jenen, die Regierungen sprengen wie in Frankreich, die als pöbelnde Politclowns auftreten wie Nigel Farage in Großbritannien und die jeden politischen Kompromiss zum Verrat stempeln wie die AfD in Deutschland.
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Für Europa wäre es gut, wenn die E3 auch gegen diese Widerstände durchhält.