„Frankenstein“ mag den meisten ein Begriff sein. Der Klassiker behandelt die Geschichte von Victor Frankenstein, einem Wissenschaftler, der davon besessen ist, künstliches Leben zu erschaffen. Als ihm das gelingt, erwacht eine sanftmütige Kreatur, die jedoch so furchteinflößend aussieht, dass sowohl ihr Schöpfer als auch alle anderen Menschen, die ihr begegnen, vor ihr flüchten. Als sie auf der Suche nach Anerkennung und Liebe nur auf Ablehnung und Einsamkeit stößt, wird das Wesen zum Monster. Der tragische Roman dreht sich um moralisch fragwürdige Entscheidungen und inwiefern die Umgebung einen zu dem macht, was man ist. Mary Shelley hat mit diesem zeitlosen und subtil schaurigen Roman das Gothic-Horror-Genre geprägt. Sie verfasste das Buch übrigens in einem kühlen Sommer in einem Haus am Genfer See, als sie mit anderen Schreibenden eine Challenge im Sinne von „Wer schreibt die beste Gruselgeschichte?“ abhielt. Scheint ganz so, als hätte sie gewonnen …
#8 „Die geheime Geschichte“ von Donna Tartt
„Die geheime Geschichte“aus dem Jahr 1992 hat das „Dark Academia“-Genre wie wohl kein zweites Buch geprägt. Es geht darin um eine Freundesgruppe, die Altgriechisch an einem College in Vermont studiert. Sie feiern und lernen zusammen – bis sie irgendwann einen Freund töten und versuchen, den Mord zu vertuschen. Der erste Satz („Der Schnee in den Bergen schmolz schon, und Bunny war seit ein paar Wochen tot, ehe uns der Ernst unserer Lage allmählich dämmerte“) greift zwar viel vorweg, macht die Story gleichzeitig aber wahnsinnig spannend. Folgende Fragen sind nämlich noch nicht geklärt: Wer hat ihn umgebracht? Aus welchem Grund? Und werden sie damit davonkommen? Obwohl das Buch vielleicht stellenweise etwas langatmig ist, überzeugen insbesondere die lebendigen Charaktere (allen voran Henry und Bunny). Definitiv ein Buchtipp für diesen (und jeden anderen) Herbst.
#9 „Meine dunkle Vanessa“ von Kate Elizabeth Russell
Man kann kaum die Handlung von „Meine dunkle Vanessa“ erzählen, ohne „Lolita“, die Ur-Story von „Älterer Mann hat eine Beziehung mit einem minderjährigen Mädchen“ zu erwähnen. Russells „Meine dunkle Vanessa“ ist quasi ein weiblicher Gegenentwurf zum Klassiker im digitalen Zeitalter. Der Roman handelt von Vanessa Wyes, die als junges Mädchen eine Beziehung mit ihrem 42-jährigen Englischlehrer einging. Er machte ihr Komplimente zu ihren Schularbeiten und ihrem Aussehen, gab ihr Gedichte und Bücher, streichelte ihr Bein während des Unterrichts. Kurzum: Er schenkte ihr Aufmerksamkeit, flirtete mit ihr – und überschritt Grenzen. Jahre später, als eine andere ehemalige Schülerin ihm sexuellen Missbrauch vorwirft, lässt Vanessa die vermeintliche Liebe noch einmal Revue passieren und hinterfragt sie. Während in den 2000er-Jahren Rom-Coms dazu beigetragen haben, dass Beziehungen zwischen Schülerin und Lehrer romantisiert und relativiert werden, ist die Verurteilung von Machtmissbrauch heute zum Glück entschiedener – so auch in diesem Buch. Wer von dem Thema stark getriggert ist, sollte davon aber lieber die Finger lassen.
#10 „alias Grace“ von Margaret Atwood
Im Alter von 16 Jahren wird ein junges Dienstmädchen namens Grace wegen Doppelmords an ihren Arbeitgebern schuldig gesprochen. Hinter Gittern erzählt sie einem Arzt ihre Geschichte, während sie darauf beharrt, sie könne sich an den Mord nicht erinnern. Ist sie psychisch krank, eine gewiefte Lügnerin oder wirklich unschuldig? Diese Frage beschäftigt ihren Arzt genauso wie die Leser:innen und hält die Spannung bis zur letzten Sekunde. Wenn der Inhalt Sie interessiert, die gut 600 Seiten aber abschrecken, dann ist die gekürzte Hörbuch-Version auf Bookbeat zu empfehlen.
Wer nicht genug von Schauergeschichten im Atwood-Style bekommt, sollte sich außerdem „Der Report der Magd“ – ihren feministischen und dystopischen Roman, der Frauen als Gebärmaschinen in einem totalitären Staat porträtiert – auf die Leseliste schreiben.
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