Der Prozess um ein Mädchen, das vor 31 Jahren misshandelt und ermordet in einer Güllegrube eines Reiterhofes bei Karlstadt-Wiesenfeld im unterfränkischen Landkreis Main-Spessart gefunden wurde, muss neu verhandelt werden. Der Bundesgerichtshof hält das Urteil aus dem vergangenen Dezember nach Prüfung für fehlerhaft. Zuvor hatte die „Main-Post“ berichtet.
Verurteilung zu Mord mit Jugendstrafe
Im sogenannten „Cold Case Wiesenfeld“ hatte das Landgericht Würzburg einen heute 48 Jahre alten Mann wegen Mordes verurteilt. Weil der Mann zum Tatzeitpunkt erst 17 Jahre alt war, verhängte das Gericht eine Jugendstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. In seiner Begründung sagte der Richter, das Gericht konnte sich im Prozess zwar keine Klarheit darüber verschaffen, was am Tattag damals vor 31 Jahren genau passiert sei, es könne aber jede Möglichkeit ausschließen, die nicht zum Mord führt. Es habe viele Indizien gegeben, die einen „Ring ohne Bruchstelle“ abbildeten, die den Täter einkreisen, so der vorsitzende Richter.
13-Jährige in Güllegrube gefunden
Die damals 13-jährige Sabine B. war im Dezember 1993 auf einem Reiterhof in Wiesenfeld im Landkreis Main-Spessart in einer Güllegrube gefunden worden – getötet und missbraucht. Neue DNA-Analysen hatten die Ermittler zu dem damals 17 Jahre alten Angeklagten geführt.
Die Verteidigung legte gegen die Entscheidung Revision beim Bundesgerichtshof ein und forderte einen Freispruch. Demnach könnte der Angeklagte die damals 13-jährige Sabine auf dem Heuboden des Reiterhofes ermordet haben. Die Beweislage ließe aber auch andere Schlüsse zu.
Lücken in Beweislage
Verteidiger Hans-Jochen Schrepfer verwies auf die Beweislage, zu der auch der Nachweis von Sperma des Angeklagten gehört, unter anderem auf der Unterwäsche des Mädchens. Schrepfer geht nicht wie die Anklage von einem sexuellen Missbrauch aus, sondern von einvernehmlichen sexuellen Handlungen. Der Verteidiger schloss darüber hinaus nicht aus, dass mehrere Personen beteiligt waren und der Angeklagte Sabine gar nicht getötet hat.
Erneuter Prozessbeginn kann dauern
Bis der Prozess am Landgericht Würzburg von einer anderen Strafkammer wieder neu verhandelt wird, könne es noch bis zu einem Jahr dauern, prognostiziert Schrepfer auf Nachfrage von BR24. Der zurückliegende Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Bereits Ende 2021 hatte die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Mordes erhoben, das Landgericht hatte eine Verhandlung aber abgelehnt.
Erst nach der Bewertung des Oberlandesgerichtes Bamberg wurde die Anklage vom Landgericht Würzburg zugelassen. Bereits 1994 stand ein damals 15-Jähriger vor Gericht, der inzwischen verstorben ist. Er wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Der damalige Besitzer des Reiterhofes stand ebenfalls eine Zeit lang unter Verdacht. Auch er ist mittlerweile verstorben.
Der Angeklagte hatte sich in dem Prozess nie zur Tat geäußert. Alle andere Taten außer Mord sind so lange Zeit nach einem Verbrechen mittlerweile verjährt.