2026 wird Wuppertal erneut in großen Teilen vom Zugverkehr abgeschnitten – diesmal für ganze fünf Monate, von Februar bis Juli. Dann wird die Strecke Hagen-Wuppertal-Köln „generalsaniert“ – Teil eines Riesenprojekts der Bahn für ganz Deutschland. In Wuppertal sollen in dieser Zeit keine Fernzüge mehr halten, S-Bahnen, RE- und RB-Züge nur eingeschränkt, Richtung Köln gar keine Züge mehr fahren. Viele Pendler und ihre Arbeitgeber wird das vor Herausforderungen stellen.

„Das ist eine Katastrophe“, findet Stefanie Mäde, Leiterin des Stadtbetriebs Schulen der Stadt. Der sitzt am Islandufer und ist vom Hauptbahnhof aus gut erreichbar. Stefanie Mäde hat Personen in ihrem Team, die aus Bonn, Köln und Bochum anreisen. „Die Kollegen sind verzweifelt“, sagt sie. Sie könnten nicht in der ganzen Zeit im Homeoffice arbeiten. Fahrten mit den Ersatzbussen werden viel Zeit kosten. „Und wenn alle mit dem Auto kommen, gibt das ein Verkehrschaos“, befürchtet sie.

Eine kleine WZ-Umfrage am Hauptbahnhof am Morgen ergibt: Einige sind noch unwissend, andere sind schon informiert, etwa eine Gruppe, die wie öfters dienstlich nach Köln fährt. „Wir werden wohl demnächst über Düsseldorf fahren müssen“, sagt Melanie Hellmann. „Das ist die einzige Möglichkeit, denn das Auto ist keine Alternative.“

Von „Katastrophe“ spricht auch Mike Schulze-Holtey, der nach Düsseldorf zur Arbeit will. Schon jetzt komme man wegen Störungen bei der Bahn oft zu spät. Sein Kollege Steven Amoah denkt, dass sie wahrscheinlich Fahrgemeinschaften bilden, denn er könne als Teamleiter kein Homeoffice machen.

Auch Ralf Peter Wüstermann schimpft über die „Katastrophe“. Er ist, wie öfters, auf dem Weg zur Kölner Messe, hat Erfahrung mit großen Verzögerungen bei Bahnreisen. Wenn er nicht für seine Zukunft ohnehin andere Pläne hätte, würde er sich wieder ein Auto kaufen: „Stau ist wenigstens berechenbar.“

Bei der Wuppertaler Stadtverwaltung wurde nach Angaben von Stadtsprecherin Martina Eckermann im Intranet auf die Pläne der Bahn hingewiesen, „damit alle sich frühzeitig darauf einstellen können“. Eine Statistik, wie Stadtmitarbeiter zur Arbeit kommen, gibt es nicht. Stadtweit zählen die Statistiker rund 53 000 Ein- und rund 56 000 Auspendler. Den Zug nutzt wohl nur ein kleiner Teil davon. Die Bahn selbst geht davon aus, dass täglich rund 30 000 Menschen den Wuppertaler Hauptbahnhof betreten.

„Vielen Leuten ist das noch gar nicht bewusst“

Martina Eckermann erklärt, man habe auf die Option hingewiesen, in der Ausnahmesituation von der allgemeinen Richtschnur für Homeoffice der Stadtverwaltung (bis zu zwei Tage Homeoffice je Woche, drei Tage Präsenz) abzuweichen. Durch flexible Arbeitszeiten könne man Hauptverkehrszeiten meiden.

Ins eigentliche Bahnhofsgebäude zieht demnächst das Unternehmen Bohnen IT, voraussichtlich im Frühjahr. Wegen der Bahnausfälle habe man sich noch keine Gedanken gemacht, erklärt Geschäftsführer Pierre Roth. Er betont aber, dass sich die Kolleginnen und Kollegen ihren Arbeitsort ohnehin frei wählen dürfen. Auch beim Versicherungsunternehmen Barmenia, das kürzlich mit der Gothaer mit Sitz in Köln fusioniert hat, verweist man auf eine hohe Homeofficequote von 60 bis 80 Prozent. Daher gehe man nicht von außergewöhnlichen Auswirkungen aus.

An der Uni hat man das Thema im Blick, immerhin kommen 65 Prozent der Studierenden von außerhalb. Mit welchem Verkehrsmittel wird aber nicht festgehalten. Konkrete Maßnahmen könne man noch nicht nennen, sagt Sprecherin Denise Haberger.

Auch bei den Wuppertaler Stadtwerken (WSW) wird nicht gezählt, wer wie anreist. Sollten mehr mit dem Auto kommen, gebe es auf dem Carnaper Platz genug Stellplätze. Ein Auge haben die WSW darauf, ob wegen der Einschränkungen bei der Bahn mehr Menschen mit Bussen und der Schwebebahn fahren: „Wir werden die Entwicklung beobachten und gegebenenfalls nachsteuern“, erklärt WSW-Sprecher Rainer Friedrich.

Bei der IHK ist die anstehende Bahnsanierung bekannt: „Die Bahn hat uns informiert“, sagt Geschäftsführer Thomas Wängler. „Wir haben auch darauf hingewiesen, dass es unglücklich ist, diese Strecke zu sanieren, wenn es gleichzeitig Baustellen auf der A3 und der A59 gibt.“ Er wundert sich zudem: „Ich kenne kein anderes Land der Welt, in dem man eine Hauptstrecke für ein halbes Jahr stilllegt.“ Er habe von Menschen gehört, die deswegen wieder aufs Auto umsteigen. Offenbar sei die Infrastruktur der Bahn so lange vernachlässigt worden, dass nun solche Maßnahmen notwendig seien. „Das ist für den Wirtschaftsstandort nicht gut, aber jetzt müssen wir da durch.“

Axel Sindram vom Fahrgastverband Pro Bahn betont, die jetzt geplante Sperrung sei „eine andere Hausnummer“ als bisherige Sperrungen: „Vielen Leuten ist das noch nicht bewusst.“ Für die Organisation hat er noch Nachbesserungsbedarf: „Die S9 und die S8 könnten bis Vohwinkel fahren, dann könnte man dort auf die Schwebebahn umsteigen.“ Für die S7 wünscht er sich einen „Behelfshalt“ am Rauentaler Viadukt. Er blickt auch auf die Gebäude: „Da tut sich wenig. Man kann nur hoffen, dass der Hauptbahnhof endlich fertig erneuert wird.“