Neubildung der Eishöhle ist möglich, aber nicht sicher
Nationalparkleiter Roland Baier spricht von einem „schockierenden Verlust“ und einem „sichtbaren Beleg für den Klimawandel“. Er warnt zugleich, dass in wenigen Jahren auch die letzten beiden Gletscher im Nationalpark verschwinden könnten. „Damit verlieren wir nicht nur eine wichtige regionale Sehenswürdigkeit, sondern auch ein überregional wertvolles Geotop.“ Schon der Naturforscher Alexander von Humboldt hatte die Eiskapelle im November 1797 besucht.
Ob sich die Eiskapelle als Hohlraum im Inneren des Firneisfeldes auf nur 900 Metern Höhe neu ausbilden wird, ist fraglich. Geoforscher Andreas Wolf, der an der Eiskapelle seit Jahrzehnten Vermessungen vornimmt, hält eine Neubildung zwar für möglich – etwa nach besonders schneereichen Wintern – sicher sei das aber nicht. Am Ende des Eisgrabens am Fuße der Watzmann-Ostwand würden sich auch in Zukunft winterliche Niederschlagsmassen in Form von Lawinenschnee sammeln und ein Firneisfeld mit einem Höhlensystem bilden, so Wolf. „In welcher Größe und in welchem Ausmaß, wird die Zukunft zeigen.“
Experten warnen: Reste der Eiskapelle auf keinen Fall betreten!
Durch den Zusammenbruch der Eiskapelle sind akute, alpine Gefahren entstanden, auf die Wissenschaftler und Nationalparkverwaltung gleichsam aufmerksam machen: „Wir warnen Wanderer eindringlich vor dem Betreten der Reste der Eiskapelle, es herrscht im gesamten Bereich der Eiskapelle akute Steinschlaggefahr. Auch der letzte, noch stehende Eisbogen und die Eiswände am Rand können jederzeit zusammenbrechen.
Einsturz könnte Steinschläge begünstigen
„Vor Ort kracht und rumpelt es im Minutentakt“, warnt Nationalparkleiter Roland Baier. Andreas Wolf ergänzt: „Durch den vollständigen Verlust des Widerlagers der Firneismassen verliert der südliche Moränenhang im Eisgraben weiter an Stabilität. Große Felsblöcke gleiten auf dem feinsplittrigen, aufgelockerten Material den Hang hinab und gefährden Personen im Bereich des Eisgrabens. Hier können lebensbedrohliche Situationen entstehen.“
Vom Einsturz der Eiskapelle sind auch die Zustiege in die Watzmann-Ostwand betroffen. Ostwand-Gehern wird dringend geraten, sich vorab über die aktuelle Situation vor Ort zu informieren.