Seine Gesundheit verlor er bei Gewalt durch Fahrgäste. „Ich habe doch nur meine Arbeit gemacht“, sagte der damalige Fahrscheinkontrolleur vor dem Berliner Landgericht. Der 47-Jährige kann es bis heute nicht begreifen – „was habe ich falsch gemacht?“ Bei dem Geschehen vor rund drei Jahren verlor der Familienvater die Sehfähigkeit auf einem Auge. Ein junges Paar muss sich seit Dienstag unter anderem wegen schwerer Körperverletzung verantworten.
Mohammad A. und Israa M., 24 und 22 Jahre alt, wurden am 18. August 2022 gegen 17 Uhr in einem Bus der Linie M29 in Richtung Wittenbergplatz kontrolliert. A. hatte laut Anklage keinen gültigen Fahrschein und wurde aus dem Bus gebeten. An der Haltestelle sollten seine Personalien aufgenommen werden. Doch es sei zu einem Streitgespräch gekommen.
„Die Angeklagten fassten den Entschluss, sich unter Anwendung von Gewalt dem erhöhten Beförderungsentgelt des A. zu entziehen“, so die Staatsanwältin. 60 Euro wären fällig geworden. Als der junge Mann fliehen wollte, hätten ihn die Kontrolleure festgehalten, es sei zu einem Handgemenge gekommen.
Gewaltattacke und auch rassistische Beschimpfung
„Der Mann schlug und trat, die Frau schlug auch mit einer Handtasche zu und sprühte mir etwas ins Gesicht, wohl Reizgas.“ Die Frau habe ihn dabei wegen seiner Hautfarbe rassistisch beschimpft. Seit 2017 habe er in Bussen und Bahnen Fahrkarten kontrolliert – „so etwas habe ich noch nicht erlebt“, schilderte der 47-Jährige. „Mein Leben hat sich dramatisch verändert.“
Im Krankenhaus versuchten Ärzte das rechte Auge zu retten. „Nach einer Operation wurde mir mitgeteilt, dass ich auf dem Auge nicht mehr sehen kann.“ Er hat vier Kinder, drei von ihnen leben bei der Mutter in Nigeria. Er schicke regelmäßig Geld. Zur Geburt seines jüngsten Kindes wollte er zu Hause sein, „aber ich konnte nicht, hatte diese Verletzung“.
Der Angeklagte A., der sich wie seine Partnerin zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern wollte, sagte: „Es tut mir so leid wegen deines Auges.“
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Die Verteidigerin von A. fragte den Zeugen, ob er vor dem Handgemenge die Frau berührt habe. Und deren Begleiter gerufen habe: „Fass meine Frau nicht an!“ Der Zeuge schüttelte den Kopf: „Nein, ich habe sie nicht berührt.“ Er habe den Mann festgehalten. Sie seien als Kontrolleure auch zu erkennen gewesen, „wir waren in Uniform“. Sein Kollege, der laut Anklage ebenfalls geschlagen und getreten wurde, habe die Polizei alarmiert. Der Prozess geht am 16. September weiter.