Auf der stillgelegten Hafenbahntrasse zwischen Pulverweiden und Holzplatz in Halle (Saale) kehrt bald neues Leben ein – allerdings nicht in Form von Güterzügen, sondern durch spielende Kinder. Für rund 670.000 Euro soll dort ein einzigartiger Themenspielplatz entstehen, der die Fantasiewelt von Jim Knopf und Lokomotive Emma zum Leben erweckt. Finanziert wird das Projekt zu zwei Dritteln aus Fördermitteln. Der Planungsausschuss der Stadt Halle hat dem Vorhaben nun einstimmig zugestimmt.

Ziel ist es, das derzeit bestehende Defizit an Spielflächen im Stadtteil Glaucha zu beheben. Dort stehen laut Stadtplanerin Simone Trettin keine städtischen Flächen mehr zur Verfügung. Der gewählte Standort an den Pulverweiden sei jedoch durch die nahegelegene Genzmer Brücke gut erschlossen und verkehrlich gut angebunden.

Ein Spielplatz von Kindern für Kinder: Jim Knopf als Ideengeber

Ein besonderes Merkmal des Projekts ist die umfassende Kinderbeteiligung im Rahmen der Vorplanung. Insgesamt 15 Hortkinder der Grundschule Glaucha beteiligten sich aktiv an der Gestaltung. Sie hatten sich im Vorfeld intensiv mit dem Planungsareal auseinandergesetzt, dieses gemeinsam besichtigt und eine detaillierte Wunschliste erstellt. Dabei wurden nicht nur klassische Spielgeräte wie Schaukeln, Rutschen, Klettergerüste, Wippen, Kletterstangen, Sandkästen und Trampoline vorgeschlagen, sondern auch Parcours-Elemente, Wackelringe, Seilbahnen und ausreichend Sitzmöglichkeiten in Form von Bänken.

Darüber hinaus reichten die Vorstellungen der Kinder weit über das Übliche hinaus: Sie wünschten sich auch ein Fußballfeld, ein Basketballfeld sowie sogar einen Automaten für Süßigkeiten und Getränke. Ein besonders kreativer Vorschlag kam von einem Jungen, der sich ein unterirdisches Tunnelsystem unter der alten Hafenbahntrasse sowie einen 40 Meter hohen Rutschenturm wünschte – beide Ideen schafften es zwar nicht in die Umsetzung, zeugen jedoch von der fantasievollen Herangehensweise der Kinder.

Das zentrale Thema Eisenbahn wurde von den Kindern begeistert aufgegriffen und weiterentwickelt. Neben Lokomotive und klassischen Waggons wie Kohle- und Gepäckwagen schlugen die Kinder zusätzliche, thematisch spannende Spielwaggons vor – darunter ein Märchenwagen, ein Kreativwagen, ein Schlafwagen, ein Speisewagen und ein Wissenswagen mit Bezug zur Geschichte der Hafenbahntrasse. Als Verbindungselemente zwischen den Waggons wünschten sie sich eine Vielzahl von Kletter- und Balanciermöglichkeiten, darunter Balancierstege, waagerechte Strickleitern, Balanciertau und schwebende Balken. Für den Aufstieg zur Lokomotive oder den einzelnen Waggons favorisierten sie Klettertaue, Spiralkletterstangen und Kletternetze.

Die Auswertung dieser Kinderwünsche floss direkt in die Entwurfsplanung unter dem Titel „Hafenbahn“ ein – eine verspielte Hommage an die frühere Transportbahntrasse. Der Kostenrahmen konnte dabei eingehalten werden, sodass auf die Ausarbeitung und den Vergleich alternativer Varianten verzichtet wurde.

Eisenbahn zum Spielen: Emma rollt durch ein Fantasieland

Herzstück des neuen Spielplatzes ist eine spielerisch gestaltete Eisenbahnstrecke, inspiriert von den Abenteuern von Jim Knopf und seiner Lokomotive Emma. Auf einer rund 80 Meter langen, leicht geschwungenen und in Teilen erhöhten Gleisanlage „fährt“ die Lokomotive Emma durch ein abwechslungsreich modelliertes Gelände. Die Strecke wirkt dabei bewusst unregelmäßig – sie ist horizontal und vertikal verdreht, führt teils auf Brücken in bis zu 1,50 Metern Höhe durch das Gelände und verläuft durch den schmalen Bereich zwischen der bestehenden Wegeanlage und einer östlich angrenzenden Mauer.

Die Eisenbahnstrecke selbst ist abschnittsweise unterbrochen. Diese Unterbrechungen werden als spannende Balancier- und Kletterabschnitte gestaltet – mit Netzen, Gurtbändern, Wackelbrücken, Drehbalken und Kriechröhren. Die markante Dampflok „Emma“ bildet den Anfangspunkt der Strecke. Sie ist nicht nur ein Blickfang, sondern auch begehbar: Durch ihren „Kessel“ führt ein Kriechrohr, am Ende wartet eine Rutsche.

Im Anschluss an Emma folgen verspielte Hügel aus „Schüttgütern“, die an Kohle- oder Sandberge erinnern und erklommen werden können. Danach kommt der erste von sieben thematischen Spielwaggons – der „Kohle-Wackelhänger“. Die weiteren Waggons – Märchenwagen, Schlafwagen, Speisewagen, Gepäckwagen, Wissenswaggon und Kreativ-Waggon – sind alle individuell und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Gefertigt werden sie aus langlebigem Robinienholz und mit vielfältigen interaktiven Elementen ausgestattet.

Bahnhof, Stellwerk und Karussell: Mehr als nur Spielen

Am nördlichen Ende der Spiellandschaft entsteht ein kulissenartiger Bahnhof. Dieser verfügt über ein Hauptgebäude mit Bahnhofsuhr, Fahrkartenschalter, Café und Blumenladen. Die Station ist über Stege für Kinder erreichbar. Ergänzt wird sie durch eine kleine Krananlage, an der ein Buddeleimer an einem Seilzug hängt – ideal für kreative Sandspiele. Im Sand verteilen sich außerdem Koffer-Attrappen, die sowohl als Backtische als auch als Sitzgelegenheiten genutzt werden können.

Im südlichen Abschnitt markiert ein imposanter Turm in Form eines Stellwerks das Ende der Spielbahn. Dieser ist thematisch gestaltet und verfügt über eine gewundene Röhrenrutsche. Daran schließt sich ein weiteres Highlight an: eine Doppel-Seilbahn, die besonders bei älteren Kindern für Nervenkitzel sorgen dürfte – ebenfalls ein konkreter Wunsch aus der Kinderbeteiligung. Zusätzlich wird östlich der Bahnstrecke ein kleines Karussell mit Eisenbahnthema integriert, das insbesondere für jüngere Kinder gedacht ist.

Inklusion und Sicherheit: Mitgedacht und umgesetzt

Auch an Barrierefreiheit wurde gedacht. Bestimmte Spielbereiche werden so gestaltet, dass sie auch für Kinder mit Mobilitätseinschränkungen nutzbar sind. So wird beispielsweise auf Sand verzichtet, wo es um Zugänglichkeit geht, und stattdessen Hackschnitzel eingesetzt, die auch mit dem Rollstuhl befahrbar sind. Die bodennahe Gestaltung des Wissens- und Speisewaggons ermöglicht ebenfalls inklusive Spielangebote. Dieses durchdachte Konzept wurde im Austausch mit dem Behindertenbeauftragten, dem Radverkehrsbeauftragten sowie dem Fachbereich Sicherheit abgestimmt. Der Stadtrat Wolfgang Aldag (Grüne) lobte das Ergebnis als eine „gelungene Lösung“.

Radweg-Konflikt: Entschärfung durch Markierungen und Signalbögen

Ein wichtiges Diskussionsthema im Planungsausschuss war der direkt angrenzende Fuß- und Radweg, der stark frequentiert ist – besonders von Radfahrern. Prof. Christine Fuhrmann bezeichnete ihn sogar als eine Art „Fahrradschnellstraße“. Die Stadtverwaltung ist sich des möglichen Konfliktpotenzials bewusst und reagiert mit einem umfassenden Sicherheitskonzept.

So wird es farbige Markierungen und Schriftzüge auf dem Weg geben, die auf den Spielplatz aufmerksam machen und zur Geschwindigkeitsreduzierung mahnen. An den beiden Enden des Spielplatzareals entsteht jeweils eine deutlich sichtbare Signalanlage, die den Weg überspannt. Im nördlichen Bereich wird diese sogar mit einer Schaukel kombiniert, was die Aufmerksamkeit der Vorbeifahrenden zusätzlich erhöhen soll.

Im mittigen Grünstreifen des Weges werden neue Pflasterflächen angelegt, die es Radfahrenden ermöglichen, sicher die Seite zu wechseln. Zusätzliche bunte Baken begleiten den Verlauf der Strecke. Die Spielfläche selbst wird durch thematisch gestaltete Zäune und niedrige Hecken vom Verkehrsweg abgegrenzt. Dabei stellt Simone Trettin nochmals klar: Es handelt sich nicht um einen offiziellen Radweg, sondern um einen Fußweg, auf dem das Radfahren lediglich erlaubt ist.

Eingriffe in Natur – und Ausgleichsmaßnahmen

Für die Umsetzung des Projekts sind begrenzte Eingriffe in die Natur erforderlich. Insgesamt müssen 300 Quadratmeter Brombeergebüsch in Rasenflächen und etwa 820 Quadratmeter Scherrasen in Spielflächen und teilweise Wegeflächen umgewandelt werden. Als ökologischer Ausgleich dient eine Maßnahme im Flächenpool „Kleingartenanlage Saaletal Lettin“. Zwar müssen drei Bäume gefällt werden, doch an anderer Stelle werden drei neue Bäume gepflanzt, um den Eingriff auszugleichen.

Ob der angrenzende Rad- und Fußweg während der Bauzeit gesperrt werden muss, ist noch unklar. Sollte es dazu kommen, gibt es jedoch eine problemlos nutzbare Ausweichroute über den nahegelegenen Saaleradweg, die nur geringe Umwege bedeutet, erläuterte Simone Trettin.