Warum ist die Carolabrücke eingestürzt?
Das war ein Spannungsriss-Korrosionsfall. Das ist eine sehr spezielle Art der Schädigung bei diesem Spannstahl, der bei der Brücke verwendet wurde. Dieser Spannstahl wird heute nicht mehr verbaut. Aber bis in die 1990er-Jahre wurde er noch verwendet. Dadurch sind sehr viele Bauwerke mit diesem Spannstahl in Betrieb.
Diese Schädigungsart ist von außen nicht zu sehen. Wir inspizieren Brücken sehr intensiv und regelmäßig. Alle sechs Jahre gibt es Hauptprüfungen. Dabei werden alle Bauteile der Brücke handnah inspiziert. Das heißt, eine Bauwerksprüferin oder ein -prüfer geht mit dem Hammer die Brücke entlang, klopft alle Oberflächen ab. Darüber kann man sehr genau Schädigungen von außen feststellen.
Der Spannstahl, der bei der Carolabrücke versagt hat, lag tief im Inneren des Querschnitts verborgen, in Hüllrohren, die noch mit Zementmörtel verpresst waren. Alle Methoden, die wir für eine sichere Vorankündigung kennen, nämlich die Rissbildung im Beton und bestimmte Durchbiegungen, das hat sich bei der Brücke alles nicht gezeigt. Man kann das von außen einfach nicht sehen. Das führt heute dazu, dass wir unsere Begutachtungsmethoden hinterfragen müssen und dringend Änderungen brauchen.
Müssten im Grunde nicht alle Brücken dieser Bauart gesperrt werden?
Die Spannungsriss-Korrision ist ein spezieller Schädigungsmechanismus, der nur bei einem ganz bestimmten Spannstahltyp auftaucht. Von diesen Brücken haben wir in Deutschland vielleicht noch 1.000 in Betrieb. Man spricht zunächst von Gefährdung. Eine Gefährdung tritt aber nicht unbedingt immer ein. Jetzt geht es darum, die Objekte herauszufischen, bei denen diese Schädigungsart wirklich im Gange ist. Das betrifft vielleicht ein Prozent dieser Brücken. Wir können auf keinen Fall alle diese Bauwerke abreißen und pauschal durch neue ersetzen. Das ist nicht leistbar, weder bezahlbar noch von den Baukapazitäten her.