Angesichts zahlreicher gesellschaftlicher und politischer Konflikte bleibt der Schutz der Menschenwürde dem Berliner Erzbischof Heiner Koch zufolge eine herausfordernde Aufgabe. 

„Hinter allem wird immer wieder die Grundfrage schlechthin deutlich: Worin ist die Würde des Menschen eigentlich und zutiefst begründet, wie kann sie gesichert werden, und welche Konsequenzen hat dies für uns“, sagte der katholische Bischof am Dienstag zum Auftakt des internationalen Renovabis-Kongresses in Berlin. Es sei wichtig, dass Christen sich hier „lebendig und engagiert zu Wort melden und für die Würde des Menschen in ausnahmslos allen Lebensphasen eintreten“.

Koch ist Vorsitzender des Aktionsrats von Renovabis. Noch bis Donnerstag diskutieren Vertreter und Partner des katholischen Osteuropa-Hilfswerks über das Thema „Unantastbar und verletzlich. Menschenwürde zwischen universellem Anspruch und gesellschaftlichen Konfliktlinien in Europa“.

Menschenwürde versus Recht des Stärkeren

Die ukrainische Friedensnobelpreisträgerin und Menschenrechtsaktivistin Oleksandra Matviichuk sagte, wie die Zukunft aussehen werde, entscheide sich an der Frage, wie die Menschenwürde gegen das Recht des Stärkeren verteidigt werde. Sie schilderte Gräueltaten russischer Soldaten an Menschen in der Ukraine im laufenden Krieg. „Sie taten es einfach, weil sie es konnten“, so die Juristin. „Wir brauchen Frieden, wir brauchen keine Besatzung.“

Zugleich betonte sie: „Wir sind in der Ukraine nicht die Geiseln der historischen Umstände. Wir haben unsere eigenen Worte und Positionen. Trotz allem ist der Kampf des ukrainischen Volkes ein lebensbejahende Sache.“ Die Zukunft der Ukraine sei noch nicht entschieden, betonte die Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation „Center for Civil Liberties“, die 2022 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. „Wir sind noch voller Hoffnung. Hoffnung bedeutet nicht, dass alles in Ordnung kommt, sondern dass wir ein tiefes Verständnis davon haben, dass unsere Bemühungen eine Bedeutung haben.“

„Von Deutschland wird Orientierung erwartet“

Der Parlamentarische Staatssekretär im Entwicklungsministerium, Johann Saathoff (SPD), erklärte: „Es entspricht unserem Menschenbild, Menschen in Not Hoffnung zu geben.“ Die Politik stehe in der Pflicht, die Menschenwürde zu verteidigen, und der Entwicklungspolitik komme dabei besondere Verantwortung zu. Es gehe nicht nur um Wachstum und Handel, sondern auch um das Engagement für Menschenwürde und den Erhalt der Umwelt. „Von Deutschland wird international Orientierung erwartet.“

Saathoff dankte den Kirchen für eine gute, jahrelange Zusammenarbeit und räumte zugleich bedauernd ein, dass durch die aktuellen Einschnitte im Haushalt nicht mehr alle zivilgesellschaftlichen Entwicklungsprojekte unterstützt werden könnten. Auch in den kommenden Jahren sei hier wohl keine Entspannung zu erwarten.

Renovabis

Renovabis ist das jüngste der sechs katholischen weltkirchlichen Hilfswerke in Deutschland. Es wurde im März 1993 auf Anregung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) von den deutschen Bischöfen gegründet. Seither gibt es jedes Jahr eine mehrwöchige bundesweite Aktion. Sie endet jeweils am Pfingstsonntag mit einer Kollekte in den katholischen Gottesdiensten in Deutschland.

Der lateinische Name des Hilfswerks geht auf einen Bibelpsalm zurück und bedeutet „Du wirst erneuern“.