Düsseldorf – Issa al Hasan (27) stach immer wieder zu, tötete drei Menschen und verletzte weitere acht, teils lebensgefährlich. Sein blutiger Terror bei einem Stadtfest in Solingen am 23. August 2024 erschütterte Deutschland. Am Mittwoch ist das Urteil gefallen. Der Messer-Attentäter wird für sehr lange Zeit weggesperrt: lebenslange Freiheitsstrafe bei anschließender Sicherungsverwahrung.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) hat al Hasan wegen dreifachen Mordes, zehnfachen versuchten Mordes, gefährlicher und schwerer Körperverletzung sowie Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung verurteilt. Das Strafmaß: lebenslange Haft bei Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und anschließender Sicherungsverwahrung. Außerdem muss er 360.000 Euro Schmerzensgeld an mehrere Opfer zahlen.

In diesem

In diesem Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts fand der Prozess statt

Foto: Justin Brosch / ANC-NEWS

Attentat von Solingen entlarvte Behörden-Versagen

Hintergrund: Der Islamist und Syrer, der 2022 über die Türkei und Bulgarien nach Deutschland als Flüchtling eingereist war, ertrug es nicht, feiernde Menschen zu sehen. Er wollte in einem Akt des „Heiligen Krieges“ möglichst viele Ungläubige töten, wie er vor Gericht gestand.

3 Tote und 8 Schwerverletzte: Großeinsatz für die Rettungskräfte am Abend des 23. August 2024 in Solingen

3 Tote und 8 Schwerverletzte: Großeinsatz für die Rettungskräfte am Abend des 23. August 2024 in Solingen

Foto: EPA

Die Putzkraft eines Döner-Imbisses besorgte sich extra für die Tat ein Messer, nahm vor dem Anschlag ein Bekennervideo für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf. „Bei Gott, ich werde Euch zerstückeln“, sagte er auf Arabisch und fuchtelte mit einem Dönermesser.

Am Morgen vor der Urteilsverkündung zeigte der Angeklagte Issa al Hasan den erhobenen Daumen beim Betreten des Gerichtssaals

Am Morgen vor der Urteilsverkündung zeigte der Angeklagte Issa al Hasan den erhobenen Daumen beim Betreten des Gerichtssaals

Foto: Federico Gambarini/dpa

Für das Gericht unter dem Vorsitz von Richter Winfried van der Grinten ist erwiesen, dass der Attentäter schon lange vor der Tat mit der Terrororganisation IS und deren Kämpfern per Telegram kommunizierte und auch Geld spendete. Der Messerkiller handelte demnach aus radikal-islamischer Überzeugung und wollte einen Dschihad gegen Ungläubige führen.

Issa al Hasan schrieb an den IS: „Ich werde Rache für unsere Märtyrer nehmen.“ Seine Begründung, er habe die Tat „für die Toten in Palästina“ begangen, hielt das Gericht aber nicht für glaubwürdig.

So ging der Täter in Solingen vor

Am Tattag kaufte al Hasan ein Messerset, ging am Abend des 23. August 2024 zum Solinger „Festival der Vielfalt“. Zeugen sahen, wie er innerhalb einer Minute auf seine Opfer zuging und ihnen teilweise gezielt und eiskalt von hinten mit einem 15 Zentimeter langen Tranchiermesser in deren Hälse stach. Drei Menschen (56, 57, 58) starben, acht der zehn angegriffenen Menschen wurden schwer verletzt.

Attentäter Issa al Hasan wurde einen Tag nach dem Anschlag festgenommen

Attentäter Issa al Hasan wurde einen Tag nach dem Anschlag festgenommen

Foto: EPA

Ehemann konnte schwerverletzte Frau nicht retten

Blut, Schreie, Tränen, dort, wo die Menschen einfach nur friedlich feiern wollten. Vor Gericht erklärte Witwer Michael W. (58), wie seine Frau nach der Attacke in seinen Armen verblutete: „Plötzlich sah ich meine Frau nicht mehr tanzen. Sie saß auf dem Boden, konnte nicht reden und zeigte auf ihren Hals. Dann zog sie den Kragen weg und aus einer Wunde spritzte Blut, pochend, die Halsschlagader war aufgerissen.“

Der Notarzt konnte die schwer verletzte Ines W. (†56) nach dem Terroranschlag nicht mehr retten. Auch ihr Mann war durch einen Messerstich schwer verletzt worden, er kam ins Krankenhaus. Während der Tat rief der Angreifer laut Zeugen „Allahu Akbar“.

info.Bild

Behörde versagte vor dem Anschlag

Das Attentat von Solingen ist auch ein krasser Fall von Behördenversagen: Der Islamist hätte ein Jahr vor der Tat längst abgeschoben werden sollen. Mitarbeiter der Ausländerbehörde klopften am 5. Juni 2023 an seine Tür in der Flüchtlingsunterkunft Paderborn. Doch der Syrer war zu diesem Zeitpunkt nicht da. Weitere Abschiebeversuche gab es nicht.

Vor dem Anschlag nahm der Attentäter ein Video auf und schickte es seinen Kontaktleuten beim Islamischen Staat (IS)

Vor dem Anschlag nahm der Attentäter ein Video auf und schickte es seinen Kontaktleuten beim Islamischen Staat (IS)

Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Zu Beginn des Prozesses erklärte der Attentäter: „Ich habe schwere Schuld auf mich geladen, habe drei Menschen getötet, andere haben nur knapp überlebt. Ich werde das Urteil akzeptieren. Ich habe Unschuldige getötet, keine Ungläubigen. Juden, Christen und Muslime sind keine Feinde. Ich erwarte die lebenslange Haftstrafe.“

Die meiste Zeit saß der Angeklagte mit einem IQ von 71 im Prozess mit gesenktem Kopf auf der Anklagebank. Auf die Frage des Richters warum erklärte er: „Ich fühle mich schuldig, deshalb senke ich meinen Kopf.“

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Laut einem psychiatrischen Gutachten ist Issa al Hasan zwar unterdurchschnittlich intelligent, gilt aber als voll schuldfähig. Es gebe keine Anzeichen einer psychischen Störung. Das sah auch das Gericht so. Der Angeklagte sei für die Allgemeinheit gefährlich, er sei gefestigt in seiner Terror-Ideologie, von ihm gehe eine hohe Rückfallgefahr aus.

Gegenüber den Opfern erklärte der Richter, dass die zugesprochenen Schmerzensgelder wahrscheinlich nie gezahlt werden – weil der Verurteilte den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen werde.