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Sony World Photography Awards 2025: Die Illusion des menschlichen Zeitalters
Die Gewinner des diesjährigen SWPA wurden vergangene Nacht in London gekürt. Der Gesamtsieger des Sony World Photography Awards 2025 heißt Zed Nelson. Der Brite gewinnt mit seinem gesellschaftskritischen Beitrag „The Anthropocene Illusion“ für den er sechs Jahre lang die Welt bereiste. In seinen Fotos zeigt er den Einfluss der Menschen auf die Natur und tierische Lebensräume. Das ist einmal der Affe, der neugierig durch die Scheibe eines Autofensters blickt, oder ein Rohr, das den friedlichen Anblick einer Gruppe Fische stört. Zed Nelson beschreibt die Wirkung der Tiere in seinen Bildern wie Schauspieler, denen wir Menschen gestatten, dort zu existieren.
Der Fotograf gewinnt ein Preisgeld in Höhe von 25.000 Dollar, Sony Fotoequipment und einen Platz in der Ausstellung und dem Bildband des Wettbewerbs.
Eine Auszeichnung für ihr fotografisches Lebenswerk ging an die amerikanische Fotografin Susan Meiselas, die seit Jahrzehnten das Leben alltäglicher Menschen in verschiedenen Gesellschaften dokumentiert.
Kategoriegewinner
Die Sieger der Einzelkategorien im Profibereich konnten die Jury mit Ihren außergewöhnlichen und teils aufrüttelnden Konzepten überzeugen:
Architektur und Design: Ulana Switucha aus Kanada mit ihrer Bilderreihe „The Tokyo Toilet Project“, die sich mit der eigenwilligen Ästhetik öffentlicher Toiletten eines japanischen Architekturprojekts befasst.
Kreativ: Rhiannon Adam aus Großbritannien mit ihrem Beitrag „Rhi-Entry“, in dem sie ihre Bewerbung und das endgültige Scheitern der privaten Mondmission für Kunstschaffende – dearMoon – verarbeitet.
Dokumentation: Toby Binder aus Deutschland mit seiner Reihe „Divided Youth of Belfast“, die Empathie für Jugendliche in zerrissenen Gesellschaften schaffen möchte.
Umwelt: Nicolás Garrido Huguet aus Peru mit seiner Strecke „Alquimia Textil“, die zeigt, dass Textilfärben auch im Einklang mit der Natur möglich ist.
Landschaft: Seido Kino aus Japan mit seiner Strecke „The Strata of Time“, die anhand diverser Collagen aus alten und neuen Bildern die ungleiche Populationsverteilung in Japan illustriert.
Perspektive: Laura Pannack aus Großbritannien mit ihrem Projekt „The Journey Home from School“, beschäftigt sich mit dem gefährlichen Schulheimweg von Jugendlichen in Kapstadt.
Porträt: Gui Christ aus Brasilien mit der Reihe „M’kumba“, die Bewusstsein für die unterdrückte Kultur und Religion afrikanisch stämmiger Brasilianerinnen und Brasilianern schafft
Sport: Chantal Pinzi aus Italien mit ihrem Langzeitprojekt „Shred the Patriarchy“, in dem sie mutige Skaterinnen in patriarchalen Gesellschaften porträtiert.
Stillleben: Peter Franck aus Deutschland mit „Still Waiting“, einer Collagen-Reihe, die sich mit den kurzen Momenten zwischen zwei Ereignissen auseinandersetzt.
Wildlife: Zed Nelson aus Großbritannien mit „The Anthropocene Illusion“, einem gesellschaftskritischen Blick, auf Menschen, die die Umwelt für sich einnehmen und Tiere und Einheimische zu Darstellern ihrer Vorstellung degradieren
Die Gewinnerbilder der unterschiedlichen Kategorien sehen Sie in unserer Bilderstrecke:
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Die Illusion des Anthropozäns
Kenias Nationalparks und Reservate bieten Touristen die Möglichkeit, wilde Tiere in den Resten ihres natürlichen Lebensraums zu beobachten. In der Maasai Mara leben die Touristen koloniale Fantasien aus, indem sie die romantische Picknick-Szene aus dem Film „Out of Africa“ nachstellen. Einheimische Maasai-Stammesangehörige werden eingesetzt, um dem Erlebnis Authentizität zu verleihen. Die kenianischen Nationalparks bieten zwar einen Zufluchtsort, aber die dort lebenden Tiere dürfen nur zur Unterhaltung und Beruhigung der Menschen überleben. Diese Tiere werden sozusagen zu Darstellern für Touristen, die ein nostalgisches Bilderbuchbild der natürlichen Welt sehen wollen. (Bild:
© Zed Nelson, United Kingdom, Photographer of the Year, Professional competition, Wildlife & Nature, Sony World Photography Awards 2025
)
Offene Einsendungen
Der „Open Photographer of the Year“ Gewinner ist der französische Fotograf Olivier Unia. Er wurde aus den Erstplatzierten der Einzelkategorien im nicht-professionellen Bereich gewählt und überzeugte mit seinem Motiv einer traditionellen marokkanischen Reitergruppe. Anders als andere Fotografen zeigt er die Reiter nicht in ihrem stolzesten Moment, sondern fing eine Szene der Niederlage und des Schmerzes ein, als einer der Reiter vom Pferd stürzte. Die überaus dynamische Szene und Komposition im Bild erinnern an ein Gemälde Rembrandts.
Viele der während einer traditionellen marokkanischen Tbourida aufgenommenen Fotos zeigen die Reiter beim Gewehrschießen. Mit diesem Bild wollte der Fotograf eine andere Seite des Ereignisses zeigen und verdeutlichen, wie gefährlich es sein kann, wenn ein Reiter vom Pferd geworfen wird.
(Bild: © Olivier Unia, France, Open Photographer of the Year, Open Competition, Motion, Sony World Photography Awards 2025)
Die Einzelgewinner in zehn Kategorien von Architektur bis Reisefotografie wurden bereits im Vorfeld gewählt und bekanntgegeben: Xuecheng Liu (Architektur), Jonell Francisco (Kreativ), Ng Guang Ze (Landschaft), Hajime Hirano (Lifestyle), Olivier Unia (Bewegung), Estebane Rezkallah (Wildlife), Sussi Charlotte Alminde (Objekt), Yeintze Boutamba (Porträt), Khairizal Maris (Street), Matjaž Šimic (Reisefotografie).
Nachwuchstalente
Gewinnerin der „Student Competition“ ist Micaela Valdivia Medina aus Peru, die mit ihrem Sieg gleichzeitig Fotoequipment für ihre Universität bekommt. Medina beschäftigte sich in ihrer Bilderserie mit dem Umfeld und der Dynamik rund um die Frauengefängnisse San Miguel, San Joaquín und Valparaíso.
Im Bereich der Jugendfotografinnen und -fotografen bis 19 Jahre überzeugte der sechzehnjährige Daniel Dian-Ji Wu aus Taiwan mit seinem Beitrag die Jury. Sein Motiv zeigt eine Gruppe Skater in Aktion. Das Bild entstand in der goldenen Abendsonne Kaliforniens.
Skater in den Sommerferien in Venice Beach Skatepark in LA während der goldenen Stunde.
(Bild: © Daniel Dian-Ji Wu, Taiwan, Youth Photographer of the Year, Youth Competition, Sony World Photography Awards 2025)
Deutsche Finalisten
Auch aus Deutschland waren wieder zwei bekannte Gesichter unter den Finalisten. Fotograf Toby Binder gewann mit seiner Schwarz-Weiß-Serie „Youth of Belfast“ in der Kategorie Dokumentation. In seinen Bildern gibt er einen tristen Einblick in das Leben von Jugendlichen in Nordirland. Dabei versucht der Fotograf Empathie für junge Menschen aus prekären Verhältnissen zu schaffen, die sich dem Druck der Gesellschaft beugen müssen.
Der zweite deutsche Finalist, Peter Frank, konnte die Jury in der Kreativ-Kategorie mit seinen Collagen überzeugen, die Momente des Wartens einfangen. Dabei lässt der Künstler bewusst Raum für Interpretationen.
Der Wettbewerb
Seit 2007 zeichnen die Juroren des Sony World Photo Awards Fotokunst von professionellen Fotografen, aber auch freie Einsendungen und Bilder junger Nachwüchskünstlerinnen und -künstler in unterschiedlichen Kategorien aus. In diesem Jahr hatte die Jury die Wahl aus fast 420.000 Fotos – die bisher größte Zahl an eingesendeten Bildern seit Beginn des Wettbewerbs. Der Hauptgewinner erhält dabei neben Geld- und Sachpreisen eine eigene Ausstellung im Folgejahr in London.
Alle gekürten Motive werden vom 17. April bis 5. Mai 2025 im Somerset House in London gezeigt, bevor sie als Wanderausstellung in weiteren Städten weltweit ausgestellt werden.
(hoh)