Ist sie es, oder ist sie es nicht? Die elegante New Yorkerin, die sich auf Instagram im angesagtesten New Yorker Bagel-Shop und im perfekt dazu passenden Hosenanzug präsentiert, behauptet jedenfalls, Annalena Baerbock zu sein, die tags darauf Präsidentin der UN-Vollversammlung werden soll. Aber wenn man es recht bedenkt und einige weniger passende Outfits bei ihren Staatsbesuchen als deutsche Außenministerin ausblendet, dann hat in der grünen Politikerin immer schon diese kesse New Yorkerin gesteckt. Nur dass es in der sittenstrengen, meist eher von einem Hauch Kirchentag umwehten Partei natürlich nicht angezeigt war, sich als solche zu gerieren.
Dieser Artikel stammt aus der ZEIT Nr. 39/2025. Hier können Sie die gesamte Ausgabe lesen.
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Oder ist das falsch? Gab es schüchterne Anwandlungen von Eleganz nicht bereits früher und auch bei anderen Funktionären dort? Was ist mit Konstantin von Notz beziehungsweise mit seinen todschicken Brillen? Was mit dem besten aller Dreitagebärte bei Robert Habeck, was mit den coolen Pumps von Claudia Roth?
Die Mode bietet jedem Menschen eine Palette von Möglichkeiten, übrigens auch eine Palette von Persönlichkeiten. Marcel Proust hat die Beobachtung gemacht, dass die Leute im Laufe ihres Lebens nicht nur Anzugschnitte und Rocklängen wechseln, sondern manchmal auch das „Genre“ (so nannte er es); wer sich lange als Mönch aufführte, kann plötzlich zum Lebemann werden, eine Salondame kann zur Rennfahrerin mutieren, eine Femme fatale zur Suffragette – oder auch umgekehrt.
Annalena Baerbock hat genau in diesem Sinne beschlossen, das „Genre“ zu wechseln, aber nicht wie Habeck hin zur beleidigten Leberwurst, sondern von der kämpferischen Frau hin zur umkämpften Frau. Ein neuer Hauch, nämlich von Sex and the City, umweht sie jetzt.