Berlin – Die AfD setzt im politischen Herbst nicht mehr nur auf das alte Kernthema Migration. Die Partei versucht, sich als wirtschaftspolitische Kraft zu inszenieren – mit scharfen Angriffen auf CDU/CSU.

Die AfD will mehrere Anträge zur Wirtschaftspolitik in der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause in den Bundestag einbringen. Darunter: „Anstieg der Arbeitslosenzahlen ernst nehmen – sofortige Wirtschaftswende für Deutschland einleiten“.

Nach außen betont die Partei: Die Migration bleibt das große Thema. Es kämen nach wie vor zu viele illegale Migranten ins Land, die Grenzkontrollen, Abschiebungen und Rückweisungen funktionierten nicht.

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Doch: Die Asylzahlen in Deutschland brechen ein, im ersten Halbjahr 2025 wurden 70.000 Asylanträge registriert, ein Minus von 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Setzt sich dieser Trend fort, droht die AfD ihr wichtigstes Thema zu verlieren. Jetzt versucht sie bei der Wirtschaft Akzente zu setzen. Innerhalb der Parteien werden Stimmen lauter, die einen größeren Fokus auf die Wirtschaft fordern.

▶︎ AfD-Fraktionsvize Beatrix von Storch (54) sagt zu BILD: „Merz hat die Glaubwürdigkeit der CDU/CSU bei Wirtschaft und Finanzen schwer beschädigt. Damit hat er der AfD die historische Chance eröffnet, nach dem Thema Migration auch die Kompetenz für Wirtschaft und Finanzen der Union abzunehmen und damit große neue Wählergruppen aus der Mitte der Gesellschaft zu gewinnen.“ Im Herbst stehe „der Kampf um die Wirtschaftskompetenz im Vordergrund“.

AfD will weiteres Kernthema finden

▶︎ AfD-Wirtschaftsexperte Leif-Erik Holm (55) zu BILD: „Migrations- und Wirtschaftspolitik sind die wichtigsten Bausteine. Die hohen Arbeitslosenzahlen sowie die Abwanderung von Unternehmen und Fachkräften zeigt, wie groß das Problem geworden ist. Eine gute Wirtschaftspolitik ist für unser Land und damit auch für unsere Fraktion dringender geworden.“

AfD-Fraktionsvize Beatrix von Storch (54) geht auf den Kanzler los

AfD-Fraktionsvize Beatrix von Storch (54) im Bundestag

Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP

Politikwissenschaftler Benjamin Höhne (46, TU Chemnitz) sieht darin den „Drang der AfD, ein weiteres Thema aufzumachen.“ Der Plan, so Höhne: „Sie weiß, dass es Unzufriedenheit in Teilen der Unionswählerschaft mit dem Wirtschaftskurs von Friedrich Merz gibt. Grund dafür sind die historischen Neuschulden, die Merz im Wahlkampf noch ausgeschlossen hat.“

Und: Beim Thema Migration schimmere immer der „Rechtsextremismus durch. Dieses Problem hat sie bei der Wirtschaftspolitik weniger“, so der Experte.

Dr. Benjamin Höhne ist Professor für „Europäische Regierungssysteme im Vergleich“ an der Technischen Universität Chemnitz. Er lehrt zur politischen Rechten in Europa, gilt als Fachmann für die AfD.