Verteidigung dominierte Ursula von der Leyens Rede zur Lage der Union – im Mittelpunkt standen Drohnen und eine Allianz mit der Ukraine.

Nur wenige Minuten nach Beginn ihrer Rede vor den Abgeordneten in Straßburg stellte die Kommissionspräsidentin ein neues Projekt mit dem Titel „Eastern Flank Watch“ vor. Es soll den an Russland grenzenden Ländern eine „weltraumraumgestützte Echtzeit-Überwachung“ ermöglichen. Geplant ist ein sogenannter „Drohnenwall“, der sich von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer erstreckt.

Die Ankündigung erfolgte nur wenige Stunden, nachdem Polen während eines russischen Angriffs auf die benachbarte Ukraine „feindliche Objekte“ in seinem Luftraum abgeschossen hatte. Warschau aktivierte daraufhin Artikel 4 des NATO-Vertrags, was offizielle Bündniskonsultationen einleitet. Ähnliche Drohnen-Vorfälle wurden zuletzt auch aus Rumänien und den baltischen Staaten gemeldet.

Bereits vergangene Woche hatten die baltischen Staaten, Polen und Finnland die Kommission aufgefordert, zusätzliche EU-Mittel für die Stärkung der Außengrenzen bereitzustellen – in Anlehnung an frühere Forderungen aus Warschau und Athen nach einem gesamteuropäischen Luftverteidigungsschirm.

Zwar hatte von der Leyen diese Idee zunächst unterstützt, doch verschwand sie im vergangenen Winter stillschweigend von ihrer Agenda. Inzwischen treibt Polen sein „Eastern Shield“-Projekt voran, die Balten arbeiten an einer „Baltic Defence Line“, und Finnland verstärkte seinen Grenzschutz, insbesondere im Hinblick auf Migration.

Von der Leyens neuer Vorstoß erinnert an den Schirm, konzentriert sich jedoch ausschließlich auf Drohnen, die „hochentwickelt sind, die gemeinsam eingesetzt und aufrechterhalten werden“ sollen.

Das deutet darauf hin, dass die Initiative die Produktion und Stationierung von EU-eigenen Drohnen von Finnland bis Rumänien fördern soll. Allerdings sind die europäischen Drohnenbestände bislang kaum mit jenen Russlands oder der Ukraine vergleichbar.

Zudem brachte von der Leyen „liquide Anteile“ aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten ins Spiel, um die ukrainische Drohnenindustrie finanziell zu unterstützen. „Mehr als zwei Drittel der Verluste an russischer Ausrüstung gehen heute auf das Konto von Drohnen, die die Ukraine einsetzt“, erklärte sie im Parlament – ohne jedoch weitere Details zu nennen.

Drohnen sind mittlerweile zentraler Bestandteil der ukrainischen Verteidigung gegen die russische Invasion. Dennoch klafft in Kyjiws Waffenproduktion eine Finanzierungslücke von 5,1 Milliarden Euro. Erst vergangene Woche betonte die neue NATO-Botschafterin Alyona Getmanchuk gegenüber Euractiv, dass Drohnen weiterhin zu den „dringendsten“ Bedürfnissen ihres Landes zählen.

Auch die Kommission unterstrich bereits im März in ihrem Weißbuch die Bedeutung unbemannter Systeme in der modernen Kriegsführung und rief die EU-Staaten auf, die europäische Drohnenproduktion auszubauen.

Am Mittwoch ging von der Leyen noch einen Schritt weiter: Sie schlug vor, eine „Drohnen-Allianz“ mit der Ukraine einzugehen. Dafür sollen 6 Milliarden Euro aus dem von der G7 initiierten „Extraordinary Revenue Acceleration“-Programm verwendet werden, das insgesamt 18,1 Milliarden Euro für Kyjiw bereitstellt.

Die G7 hatten im vergangenen Jahr rund 45 Milliarden Euro für Verteidigung, Wirtschaft und Wiederaufbau der Ukraine zugesagt – Mittel, die helfen könnten, die milliardenschwere Produktionslücke bei Waffen zu schließen.

„Russland holt schnell auf – unterstützt von den iranischen Shahed-Drohnen“, sagte von der Leyen. Moskau verfüge inzwischen über die Kapazität, fast 3.000 Drohnen des Typs Shahed pro Monat herzustellen, erklärte vergangene Woche der Sprecher des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Andrii Yusov.

Wie die geplante Zusammenarbeit zwischen EU und Ukraine konkret aussehen soll, ist bislang offen.

Die Allianz sehe vor, dass Europas Rüstungsindustrie mit ukrainischen Waffenherstellern kooperiere, so von der Leyen – ähnlich wie beim 150-Milliarden-Euro-Programm der Kommission, das gemeinsame Beschaffungen mit Kyjiw ermöglicht.

(cp, de, jl)