Landwirt und Unternehmer Rudolf Denissen steht in seinen Geschäftsräumen.

Stand: 11.09.2025 05:17 Uhr

Die Staatsanwaltschaft Schwerin ermittelt gegen einen Unternehmer aus Wöbbelin bei Ludwigslust. Der Mann soll sich strafbar gemacht haben, weil ihm ein Bekannter aus Russland ein Paket mit einer Holz-Figur, einem Stück Seife und einer CD geschickt hatte.

von Stefan Ludmann

Rudolf Denissen ist ein erfolgreicher Agrarunternehmer aus Wöbbelin im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Der 54-jährige Niederländer gilt als einer der größeren Player in der Branche. Denissen bekam in der vergangenen Woche Post von der Staatsanwaltschaft Schwerin. Der fünfseitige Brief verschlug dem Mann, der mit dem Selbstbewusstseins eines Landwirts und mit einer guten Portion Selbstironie auftritt, für kurze Zeit die Sprache. Der zuständige Oberstaatsanwalt informierte Denissen in dem Schreiben, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn geführt wird. Im Betreff heißt es deutlich: „Vorwurf: Straftat nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG)“. Denissen ist formal Beschuldigter.

Ein Oster-Paket aus Sibirien

Konkret geht es um den Verdacht, Denissen habe gegen die EU-Sanktionen gegen Russland verstoßen. „Ich bin kein Straftäter, das ist lächerlich“, sagte Denissen im Gespräch mit dem NDR. Er verweist auf die Hintergründe des Falls. Danach hat ihm ein russischer Bekannter aus dem sibirischen Barnaul zu Ostern ein Geschenk-Paket geschickt. Er habe den Mann, der gut deutsch spreche, vor Jahren auf einer Landwirtschaftsmesse kennengelernt. Er habe ihm noch zu Weihnachten ein Paket nach Russland geschickt: „Jetzt hat er mir wohl ebenfalls einen Gefallen tun wollen“, sagt Denissen.

Es geht um 26,83 Euro

Die Sendung des russischen Bekannten kam aber nicht in Wöbbelin an. Die Post in Leipzig stoppte die Zustellung, das Zollamt Taucha kontrollierte den Inhalt des Pakets und protokollierte die Sendung: „1 Stück Seife, 1 Stück Ziergegenstand aus Holz, 1 Stück CD“. Alle Artikel stünden auf der Sanktionsliste. Der Wert belaufe sich auf 2.500 Rubel, umgerechnet 26,83 Euro. Die Waren wurden sichergestellt, das Hauptzollamt Dresden leitete Anfang Juni ein Ermittlungsverfahren gegen Denissen ein, nachdem der Zoll über eine Recherche im Melderegister den Wohnort von Denissen „identifiziert“ hatte.

Frist von drei Wochen

Die Ermittlungen in Sachsen hat Anfang des Monats die Staatsanwaltschaft Schwerin übernommen. Denissen wird vorgeworfen, er habe sich wegen des Verstoßes gegen § 18 Außenwirtschaftsgesetz strafbar gemacht. Verstöße werden mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten bis zu fünf Jahren geahndet. Denissen wird aufgefordert, „binnen drei Wochen eine schriftliche Erklärung zu dem Vorwurf abzugeben“. Er habe aber auch das Recht, sich nicht zu äußern oder einen Rechtsanwalt einzuschalten. Gleichzeitig fordert ihn die Staatsanwaltschaft auf, die „vollständigen Personalien sowie Angaben zum monatlichen Nettoeinkommen“ mitzuteilen.

Rechtsanwalt eingeschaltet

Denissen hat kein Verständnis für das Vorgehen, die Staatsanwaltschaft schieße mit Kanonen auf Spatzen. Es werde immer wieder berichtet, dass die Staatsanwaltschaften überlastet seien. Da müsse man sich in seinem Fall fragen, „haben die nichts Besseres zu tun?“ Die Sache sei an den Haaren herbeigezogen. „Ich konnte einfach nicht glauben, was da geschrieben wurde.“ All das lasse ihn an der Seriosität der Staatsanwaltschaft zweifeln. Denissen nimmt die Sache dennoch nicht auf die leichte Schulter. Er hat einen Rechtsanwalt eingeschaltet.

Ermittler reagieren zurückhaltend

Die Staatsanwaltschaft Schwerin reagierte auf Anfrage zurückhaltend und verwies auf juristische Formalien. Es gebe einen Anfangsverdacht, der die Ermittlungen des Zolls ausgelöst habe. Dem Beschuldigten werde mit dem Schreiben Gelegenheit gegeben, sich zu dem Fall zu äußern. Er kann auch entlastende Umstände mitteilen, um so gegebenenfalls den gegen ihn bestehenden Anfangsverdacht zu entkräften, teilte die Behörde mit. Auf die Empörung und das Unverständnis des Betroffenen ging die Staatsanwaltschaft nicht ein. Auch die Frage, ob die Behörde mehr Fingerspitzengefühl im Umgang mit Bürgern an den Tag legen sollte, blieb offen. Rudolf Denissen wünscht sich allerdings eine Entschuldigung der Ermittler und erwartet, dass das Verfahren eingestellt wird. Er sagt außerdem: „Ich möchte mein Geschenk jetzt auch bekommen, es war ja für mich bestimmt.“

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