Strommasten sind reine Zweckbauten. Dass sie auch einen ästhetischen Wert besitzen, beweist das Fotobuch der Kieselbronnerin Rosemarie Strobel-Heck.

Außerhalb von Kieselbronn stehen seit einer Weile zahlreiche neue Vollwandmasten. Die Fotografin Rosemarie Strobel-Heck hat ihnen ein ganzes Fotobuch gewidmet.

Außerhalb von Kieselbronn stehen seit einer Weile zahlreiche neue Vollwandmasten. Die Fotografin Rosemarie Strobel-Heck hat ihnen ein ganzes Fotobuch gewidmet.

Foto: Nico Roller

10. Sep 2025  |  17:03 Uhr

2 Minuten

Wie Türme ragen die Masten in der Landschaft rund um Kieselbronn in die Höhe: erhaben und gewaltig, fast schon majestätisch. Sie gehören zur neuen Stromleitung, die von Birkenfeld nach Ötisheim führt und die Versorgungssicherheit in der Region verbessern soll. Wege wurden verbreitert, Netze gespannt, unzählige Tonnen Material verbaut.

Entstanden sind Konstruktionen, die Rosemarie Strobel-Heck vom ersten Tag an fasziniert haben: wegen ihrer Ästhetik, ihrer Größe und der mannigfaltigen Assoziationsmöglichkeiten, die sie bieten. Von der Baugrube bis zum fertigen Masten hat die in Kieselbronn lebende Künstlerin den gesamten Prozess fotografiert: aus den unterschiedlichsten Perspektiven und mit einem Blick für Details, die leblosen Objekten menschliche Züge verleihen.

Inzwischen ist daraus ein Buch entstanden, das es im Handel zu kaufen gibt. „Invasion der Vollpfosten“ hat es Strobel-Heck genannt. Ein etwas provokanter Titel, der allerdings überhaupt kein Angriff sein soll. Im Gegenteil: „Ich finde die Konstruktionen total spannend“, sagt sie.

Kieselbronner Künstlerin gesteht ihre Liebe zu Baustellen

So spannend, dass Strobel-Heck sich monatelang intensiv mit ihnen auseinandergesetzt hat. Die Künstlerin geht gern auf den zahlreichen Wegen rund um Kieselbronn laufen, oft in Richtung Osten. Als ihr dort vor rund drei Jahren die erste Baustelle für die Vollwandmasten auffiel, war sie sofort fasziniert und griff zur Kamera, die sie beim Laufen anschließend immer dabei hatte.

Denn sie wollte nichts verpassen: „Ich liebe Baustellen, weil dort immer etwas Neues passiert“, sagt Rosemarie Strobel-Heck, die mit ihrem Buch auch die Menschen würdigen will, die die Stromleitungen mit großem Aufwand konstruiert und gebaut haben. „Es ist Wahnsinn, was da geleistet wird.“

Für ihre Fotoserie hat sie so getan, als wüsste sie nicht, wozu die Konstruktionen später einmal dienen sollen. Stattdessen ließ sie der Fantasie freien Lauf und dachte sich eine Geschichte aus, die die sieben Tage der „Invasion“ beschreibt. Dadurch konnte sie beim Fotografieren auch kleine Details entdecken, die dem flüchtigen Betrachter verborgen bleiben.

In Bögen verbaute Metallstangen sehen bei ihr aus wie die Ringe des Jupiter, sternförmige Markierungen auf gegossenem Beton wie der Landeplatz für ein außerirdisches Flugobjekt. Runde Scheiben wirken wie Pilze, schwarze Löcher wie starrende Augen, Stahlseile wie Tentakel von Tintenfischen und Metalldreiecke wie Fabelwesen, die sich miteinander unterhalten.

Ständig suchte Strobel-Heck nach spannenden Perspektiven und den richtigen Stellen, um die aus totem Material bestehenden Objekte lebendig erscheinen zu lassen, wie Tiere und Pflanzen. „Da bin ich oft auf dem Boden gekniet oder gelegen.“ Damit die Motive ihre Wirkung nicht verfehlen, arbeitete die Fotografin viel mit Schärfentiefe und veröffentlichte fast alle Fotos in Schwarz-Weiß.

Dadurch wirken beispielsweise die roten Abdeckungen eines in der Landschaft stehenden Masten wie Augen, die den Betrachter durchdringend anstarren. Eine apokalyptische Szene, die gut ins Gesamtkonzept passt. Denn als Inspiration für ihr Projekt diente Strobel-Heck der „Krieg der Welten“ von Orson Welles. Doch bei ihr geht die Geschichte gut aus, bei ihr erscheinen die „Vollpfosten“ als Wesen, die den Menschen einen Nutzen bringen.

Da bin ich oft auf dem Boden gekniet oder gelegen.

Rosemarie Strobel-Heck

Fotografin

Eines der wenigen Farbfotos zeigt einen Masten auf einer Streuobstwiese: so, als hätten ihn die Bäume wie einen Teil der Familie bei sich aufgenommen. Für Strobel-Heck „ein richtig schönes, harmonisches Bild“ und eines ihrer liebsten. In den Boden gestanzte Buchstaben hat die Künstlerin ebenso fotografiert wie riesige Steinquader, die mit ihren Noppen an Bauklötze für Kinder erinnern, während die Segmente der Vollwandmasten an einen schwarzen, alles vertilgenden Schlund denken lassen.

Wie viele Stunden Rosemarie Strobel-Heck für ihre Bilder in der Natur rund um Kieselbronn verbracht hat, kann sie nicht sagen. „Aber ich war wirklich oft unterwegs.“ Manchmal auch, ohne danach ein einziges brauchbares Foto im Kasten zu haben. Doch in aller Regel hatte die Künstlerin großes Glück, auch mit dem Wetter, das ihr am Himmel fast immer „dramatische Wolkenformationen“ beschert hat.

Ihr Buch stellt Rosemarie Strobel-Heck am Sonntag, 14. September, ab 15 Uhr im Haus Bethanien in Kieselbronn vor. Frank Förschler begleitet die 60 Fotos mit Musikimprovisationen.

Rechte am Artikel erwerben

Zur Übersicht