Gil Ofarim steht wieder auf der Bühne – doch wer auf Worte der Reue hoffte, wartete erneut vergeblich. In Bochum präsentierte sich der Skandal-Sänger lieber als tragischer Held seiner eigenen Geschichte.
„Man will nur aus diesem Albtraum aufwachen“, klagte er vor 200 Fans, als er sich in der Rolle des ewigen Opfers verlor.
Zwei Jahre hat er sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Jetzt will Gil Ofarim nach eigener Aussage „wieder aufstehen“
Foto: ALEX TALASH
Polizei patrouillierte vor Club
Schon zwei Stunden vor Ofarims Comeback fuhren am Donnerstag Polizeiwagen am „Matrix“-Club vor. Beamte patrouillierten bis zum Konzertende sporadisch, alles blieb friedlich.
Obwohl es noch rund 100 Restkarten (je 55,50 Euro) gab, kochte die Stimmung in einem der kleinsten Säle des Hauses.
Die Polizei fuhr mehrfach am Club vorbei, kontrollierte den Parkplatz
Foto: ALEX TALASH
Gil Ofarim zeigt keine Reue
Die verbliebenen Fans feierten ihren Star. Und der äußerte sich zwischen seinen Liedern vielsagend über die letzten Jahre: „In Zeiten wie diesen wird alles in die Waagschale gelegt“, so Ofarim, der seine Davidstern-Kette trug. „Alles, was man sagt, alles, was man tut, alles, was man sieht oder nicht sehen will.“
Dann kündigte er ein Lied an, das besser nicht passen könne. Er sang: „I’d do it all again and I’m still here. And I wouldn’t change a thing.“ (Dt. „Ich würde alles noch einmal machen und ich bin immer noch hier. Und ich würde nichts daran ändern.“)
Lesen Sie auch„Wenn ich das schreibe, was ich sagen will …“
Im Juni 2021, vier Monate vor dem Vorfall in einem Leipziger Hotel, erschien sein Buch – doch heute habe er viel mehr zu berichten. Der Sänger erklärte: „Wenn ich das schreibe, was ich sagen will, das, was ich auf dem Herzen habe, dann geht der ganze Scheiß von vorn los.“
Umgeben von vier Sicherheitsleuten stellte er nun fest: „Man kann Sachen, die geschehen sind, nicht verändern.“ Ofarim sieht sich als Stehaufmännchen: „Man kann trotzdem eins machen: nicht aufgeben, wieder aufstehen.“ Über das wahre Opfer – den Hotelmitarbeiter, den er des Antisemitismus beschuldigte – verlor er kein einziges Wort. Einsicht kam ihm nicht über die Lippen.
Im Club herrschte gute Stimmung, auch wenn das Konzert nicht ausverkauft war
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Fans halten zu Gil Ofarim
Stattdessen wolle er „auch in schwierigen Zeiten Spaß haben“. Der Sänger wandte sich mit Durchhalteparolen an seine Fans: „Ihr kriegt wahrscheinlich einiges ab, aber ich danke euch von ganzem Herzen, dass ihr heute Abend hier seid.“
Gil Ofarim suchte mehrfach das Bad in der Menge. Nach zweieinhalb Stunden war alles vorbei. Und seine eingeschworenen Anhänger waren restlos begeistert. Ofarim und seine Fans feierten in ihrer eigenen Welt – weit weg von Reue und Realität.