Hartmut Keitel deutet am Donnerstagvormittag auf die Zigarettenschachteln und leeren Plastikbecher im mannshohen Fisch aus Metallstreben, der auf einer Wiese neben der Reichenbachbrücke steht. Die Installation ist zur Hälfte gefüllt mit Müll, einen Teil davon hat der 66-Jährige, der Vorsitzender des Vereins „Deine Isar“ ist, selbst eingefüllt, der andere ist das Problem. Der, den Passanten durch das Gitternetz in das Kunstwerk hineinquetschen.
SZ: Herr Keitel, warum muss der Fisch weg?
Hartmut Keitel: Er muss nicht weg, aber die Auflagen der Stadt lassen mir keine andere Wahl. Nachdem es eine Beschwerde eines Anwohners gab, hat mir die Stadt auferlegt, täglich den richtigen Abfall, der nicht hineingehört, zu entfernen. Und das ist einfach nicht zu machen.
Worüber hat sich der Anwohner denn beschwert?
Über den Müll. Es ist ja so: Der Fisch enthält gereinigten Plastikmüll, um anschaulich zu machen, wie viel Plastikmüll an der Isar zwischen Deutschem Museum und Flaucher an einem Tag anfällt. Leider ist es so, dass seit einiger Zeit Leute ihren eigenen Abfall wie Becher und so weiter durch das Gitter in den Fisch drücken. Nach der Beschwerde habe ich den Fisch sauber gemacht, aber nach zwei Wochen rief das Kreisverwaltungsreferat wieder an.
Und sagte?
Dass der Anwohner sich wieder beschwert habe und Zeug drin liegen würde. Eine Woche später kam die Auflage, dass ich den Fisch täglich reinigen müsse von Müll, der da nicht reingehört.
Richtiger Müll vor der Haustür gut sichtbar in einem Gitternetz – können Sie den Anwohner verstehen?
Nein. Da ist offenbar überhaupt kein Verständnis für den Sinn des Ganzen da. Ich hatte zudem schon drei Mal ein Schild mit „Füttern verboten“ aufgestellt, das immer wieder geklaut wurde. Wir haben das Maul des Fischs sogar noch zugeschweißt. Aber da hängen die Leute jetzt ihre Hundescheißebeutel dran.
Keitel beim Entsorgen des Mülls. (Foto: Catherina Hess)
Gibt es denn keine richtigen Mülleimer hier?
Es stand einer ganz zentral an diesem kleinen Platz, fünf Meter vom Fisch entfernt, den hat die Stadt aber abgebaut. Vielleicht um mich in die Zwickmühle zu bringen. Ich weiß es nicht. Wer jetzt an dieser ja sehr belebten Stelle vorbeikommt, muss erst einmal ein paar Meter zum nächsten Abfalleimer laufen.
Der Fisch zeigt in seinem jetzigen Zustand noch eindrücklicher als vorher, dass es beim Müll ein Problem gibt, wenn selbst eine mahnende Installation mit Abfall vollgestopft wird.
So ist es. Ich finde es ja wunderbar, dass der Fisch seine Botschaft hier verkünden konnte, er wurde ganz oft fotografiert und gepostet.
Aber offenbar nicht von den Hundebesitzern, die hier ihre Beutel hinterlassen.
Leider. Was mich aber am meisten enttäuscht: Die Stadt schützt nicht mein Kunstprojekt, sondern den Meckerer. Mich lassen sie ins Messer laufen.
Haben Sie es denn versucht bei den entsprechenden Stellen?
Nach einem halben Jahr Vorlauf und fünf Instanzen, also dem KVR, der Unteren Naturschutzbehörde, dem Baureferat, Gartenbauamt und der Kunstkommission, die erstmal entscheiden müssen, ob das Kunst ist, habe ich dann die Erlaubnis für drei Monate bekommen. Und danach habe ich es einfach stehen gelassen. Es stand jetzt zweieinhalb Jahre hier, zwischenzeitlich hatte ich aber auch eine Erlaubnis bis Ende 2026 bekommen. Dann hat sich der Meckerer beschwert. Das ist schon ernüchternd. Gerade in diesem Fall.
Warum genau in diesem Fall?
Der Fisch war doch etabliert und zum allergrößten Teil akzeptiert. Und dann wird ein Grund gesucht, um den wegzukriegen.
Was machen Sie jetzt damit?
Ich weiß es nicht, eigentlich müsste ich den Fisch so, wie er ist, auf den Marienplatz stellen. Mal sehen, vielleicht verkaufe ich ihn.
Und der Müll?
Den werfe ich jetzt in die Isar – nein, der kommt natürlich in die Müllcontainer.