Daten wiederauffindbar speichern auf einer DNA-Kassette – Spektrum der WissenschaftDirekt zum InhaltBioinformatik: Dateien wiederauffindbar speichern auf einer DNA-Kassette

Die Idee, das gesamte Weltwissen in DNA festzuhalten, gibt es schon länger. Nun zeigen Forscher, wie Dateien leichter verwaltet und gezielt ausgelesen werden können.

3-D-Darstellung von DNA-Doppelhelixen, die in warmen Farben dargestellt sind. Im Hintergrund sind binäre Zahlen (0 und 1) sichtbar, die auf die Verbindung von Genetik und Datenverarbeitung hinweisen. Die Szene vermittelt ein Gefühl von Wissenschaft und Technologie.

© supparsorn / Getty Images / iStock (Ausschnitt)

DNA ist extrem langlebig. Man könnte einen solchen Datenträger in eine Höhle legen und vergessen, bis man die Informationen wieder auslesen will.

Desoxyribonukleinsäure (DNA) ist das Speichermedium der Natur. In der DNA einer menschlichen Zelle stecken rein theoretisch etwa 3,2 Gigabyte an Informationskapazität. Das entspricht rund 6000 Büchern, 1000 Musikstücken oder zwei Kinofilmen. Das gesamte Wissen der Menschheit  – von den ersten Keilschrifttafeln bis zu den neuesten Streaming-Archiven – ließe sich also auf extrem kleinem Raum unterbringen. Kein Rechenzentrum voller surrender Server, keine endlosen Kabelstränge, sondern bloß ein paar unscheinbare Moleküle wären nötig. Was in der Natur seit Milliarden Jahren zuverlässig genetische Information bewahrt, könnte tatsächlich künftig die Digitaltechnik revolutionieren. Ein chinesisches Forschungsteam hat eine Kassette zum Speichern und Verwalten von Dateien auf Basis künstlicher DNA entwickelt und dabei einige der bisherigen Hürden erfolgreich überwunden. Die Gruppe stellt das Prinzip nun im Fachmagazin »Science Advances« vor.

Dass synthetische DNA als Datenspeicher genutzt werden kann, ist seit 2011 bekannt. Damals führte ein Scherz unter Kollegen zur Begründung eines völlig neuen Forschungsfelds. So besagt es eine Anekdote. Allerdings sind bisherige Ansätze noch immer nicht so weit entwickelt, dass sie herkömmliche elektrische Speichermedien ersetzen könnten. Schwierig ist besonders die flexible Verwaltung von Dateien: Daten mehrfach auszulesen, ohne sie dabei zu zerstören, ist aufwändig. Dafür muss die DNA vervielfältigt werden – ein zeit- und kostenintensiver Prozess. Das Speichern der Daten erfolgt über die DNA-Synthese im Labor: Künstliche DNA-Stränge werden so hergestellt, dass sie die Informationen in der Reihenfolge ihrer Basen codieren – ähnlich wie die Erbgutinformationen in natürlicher DNA. Auch dieser Schritt ist derzeit noch teuer und zeitintensiv.

Ein weiteres Problem war bislang, verschiedene Dateien zu speichern und zuverlässig in der DNA wiederzufinden. Genau hier setzt das Forschungsteam an: Es hat ein DNA-Kassettenband entwickelt, auf dem mehrere Dateien gleichzeitig gespeichert und verwaltet werden können. Das Band besteht aus einer Polyester-Nylon-Membran und ist mit einem Barcode-Muster bedruckt. Die einzelnen Dateien – zum Beispiel Bilder – sind in den hellen Bereichen des Barcodes in Form von DNA hinterlegt, während die dunklen Bereiche zur Trennung der Dateien und für die sogenannte Adressierung dienen, also um gezielt bestimmte Dateien zu finden. Über ein eigens entwickeltes Kassettenlaufwerk können die Forschenden das Band dann auslesen.

Experten sehen in der Tat den größten Pluspunkt des neuen Ansatzes in der leichteren Auffindbarkeit der gespeicherten Dateien. So hebt Thomas Dandekar, Leiter der Abteilung Bioinformatik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, den Adressierungsprozess als besonderen Vorteil der Arbeit hervor. »Sie erreicht einen Fortschritt um mindestens den Faktor zehn«, sagte er gegenüber dem Science Media Center. Aber: »Herkömmliche Elektronik ist immer noch etliche Größenordnungen besser.« Es brauche also noch mehr Verbesserungen in Adressierung und Speicherung, »dann wird es bald interessant, also marktnah«.

Für Robert Grass, Professor an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, liegt der praktische Vorteil der Arbeit vor allem darin, dass sie das aktuelle Forschungsthema DNA-Speicher mit einem gut bekannten Datenträger kombiniert: der Kassette. Das bringe sie »der alltäglichen Anwendung einen wichtigen Schritt näher«. Alle Befragten sind sich jedoch einig, dass der Ansatz zwar hochinteressant ist, da kompakt, langlebig und nachhaltig – bis zu einem echten, praktischen Einsatz aber noch viele Jahre vergehen werden.

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ist Redakteurin für Physical Sciences und Biologie.

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Li, J. et al., Science Advances 10.1126/sciadv.ady3406, 2025

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